Dior Herbst 2023; Bild: Courtesy of Dior
Ihr werdet es mitbekommen haben – Dior zeigte vor wenigen Tagen in Mumbai die Herbst-Kollektion für 2023. Indien und Dior, wie passt das zusammen? Gut sogar! Sowohl Monsieur Dior als auch sämtliche seiner Nachfolger schauten immer mal wieder über den französischen Tellerrand und zogen ihre Inspiration von überall her. So war es dann Marc Bohan, der Designer, der die Dior-Entwürfe von 1960 bis 1989 verantwortete und mit der „Year of India“-Kollektion eine ganze Modenschau dem Land in Südasien gewidmet hat.
In den Archiven finden sich bis heute Dior-Modelle, die von Marc Bohan, dem damaligen künstlerischen Leiter, entworfen wurden, der im April 1962 nach Indien reiste, insbesondere nach Mumbai und Delhi, und damit den Dialog zwischen Frankreich und Indien in Gang setzte.
Für Marc Bohan waren diese Präsentationen bedeutende Ereignisse, die einen neuen Aufbruch unter seiner künstlerischen Leitung einläuteten: Jüngere Kunden wurden durch seine Entwürfe angesprochen und vor allem Diors Wandel in ein modernes Modehaus vorangetrieben. Die moderne Dior-Frau wurde von Marc Bohan erschaffen. Er war der Erste, der dem heutigen Designerbild entsprach und nicht ernsthaft ein eigenes Modehaus mit eigenem Namen anstrebte, sondern die Kollektionen mit der Heritage von Dior durch seine Vision des Zeitgeistes immer wieder anpasste, erneuerte und seine Version und Strategie für die Weiterentwicklung des Hauses verwirklichte.
Zurück zu Indien: Selbst die „Designer of Dreams“-Ausstellung über Christian Dior im Victoria & Albert Museum in London befasste sich in einem eigenen Abschnitt damit, wie Christian Dior und seine Nachfolger von Indien inspiriert wurden.
Losgelöst von den zum Teil jahrzehntelangen Verbindungen von Dior zu Indien hat Maria Grazia Chiuri ihre eigene Beziehung zu dem Land: Die Designerin pflegt seit Jahren eine Freundschaft zu Karishma Swali, der Leiterin der Chanakya Ateliers und der Chanakya School of Craft in Mumbai.
Swali und Chiuri teilen den gleichen Sinn für Exzellenz und den Willen, das vielfältige Handwerk der Stickerei zu bewahren. Die Schule unterstützt und begleitet indische Frauen, indem sie ihnen eine neue Autonomie in den lokalen Gemeinschaften bietet und Verfahren wie die Handstickerei fördert. Die Schülerinnen üben sich in den zahlreichen Techniken, die erforderlich sind, um Meisterinnen der Stickerei zu werden, und spannen so den Bogen von dem Savoir-faire überlieferter Traditionen und modernster Innovation.
Maria Grazia Chiuri hat sich für die Herbstkollektion 2023 für zeitlose Kleidungsformen entschieden, die sich im Laufe der Zeit bewahrt haben und ihr erlauben, ihre Lieblingsmodelle (neu) zu entwerfen. Eine Farbblocksequenz, die der Seide gewidmet ist – in Grün-, Gelb-, Rosa- und Violetttönen – und eine Hommage an Marc Bohan darstellt, wird von Abendmänteln, von Sari inspirierten geraden Röcken und traditionellen indischen Schnitten sowie von Hosen, Boleros, Jacken und Oberteilen verkörpert.
Die Stickerei eröffnet alle Möglichkeiten dieses Handwerks und wird durch die Beziehung zwischen Dior und den Chanakya Ateliers und der Chanakya School of Craft zu einem Werkzeug, um die vielfältigen Landschaften Indiens zu erfassen.
Geometrische Formen umrahmen in Gold die silbernen Pailletten und den Strass; dekorative Motive tauchen in diesem Farbrausch auf der Seide von Pyjamas, Blusen und Kleidern auf. Das wieder aufgegriffene Toile-de-Jouy hebt sich in einer dunstigen Grünpalette ab, die wie fast wie eine Tarnung wirkt, sich aber keinesfalls verstecken braucht …