Bild: © Adrien Dirand
Vor wenigen Tagen zeigte Maria Grazia Chiuri für Dior ihre Vision davon, was frau in der Herbst-Winter-Saison 2023-2024 tragen kann. Vorweg kann man sagen, dass die Designerin, genau wie Kim Jones bei den Männerkollektionen des Hauses, komplett auf Materialien setzt, allerdings in mit einer anderen Herangehensweise als ihr Kollege. Bei Chiuri steht der „Hidden Comfort“ im Fokus, den die Kundin schon beim Kauf verspürt und der leise die Aura des Luxus ausstrahlt, ohne plakativ zu wirken. Das Attribut der wahren, schlichten Luxusbekleidung kommt spätestens auf den zweiten Blick beim Betrachten der Entwürfe in den Sinn. Maria Grazia Chiuri scheint die intelligente Art, sich anzuziehen, total verinnerlicht zu haben. Das, was so simpel klingt, ist in der Realisierung umso schwieriger.
Für Maria Grazia Chiuri ist jede Kollektion eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, was Kleidung in Bezug auf den Körper und die Mode bedeutet. Die Neuinterpretation der 1950er-Jahre, die der Designerin die Vorlage gab, gibt Chiuri die Möglichkeit, die Geschichte von Dior auf eine neue Weise zu betrachten und den französischen Stil weiter zu vertiefen, indem sie sich auf drei Persönlichkeiten konzentriert: Catherine Dior, der Schwester von Christian Dior, die französische Sängerin Édith Piaf und die Sängerin und Schauspielerin Juliette Gréco. Diese drei Frauen eint, dass sie sich jeweils von ihrem unabhängigen Geist leiten ließen. Als Protagonistinnen gelang es jeder von ihnen, durch ihren Lebensstil die weiblichen Stereotypen der Nachkriegszeit zu unterlaufen.
Catherine Dior gelang dies durch ihre Entscheidung, Blumen zu züchten und zu verkaufen, die eine Botschaft der Hoffnung vermitteln sollten. Für Edith Piaf und Juliette Gréco waren es ihre Stimmen und ihre Bühnenpräsenz. Als Ausdruck der Pariser Seele oder inspiriert durch existenzialistisches Denken schufen sie jeweils einen eigenen Stil. Die Erfahrung der Kleidung versteht Chiuri als Verkörperung einer Form des Denkens, ein Mittel der Annäherung und der Einstimmung auf die Welt. Folgerichtig ist die Dior-Kollektion für die Herbst-Winter-Saison 2023-2024 der Inbegriff einer Weiblichkeit, die gegen den Strich geht. Rebellisch, stark, aber eben auch zerbrechlich – ganz ohne großes Drama. Weniger ist eben manchmal mehr …
paule
2. März 2023 at 22:15@Horst
Ich glaube, sie muss noch eine Weile nachdenken. Bis jetzt ist sie nicht so weit gekommen. Sie macht Jacken, Röcke, Hemden, Taschen usw. Es sieht anständig aus, wie bei allen anderen auch. Einen höheren Sinn, gar einen philosophischen oder wissenschaftlichen Aspekt würde ich dem Ganzen aber nicht unterstellen. Es passt in unsere Zeit. In diesem Fall aber eher ein „Nein“.
Carsten
3. März 2023 at 16:38Also die Hochphase der Meinungsbildung der Existenzialisten waren die 30er bis Beginn der 40er.
In den 50ern wurden die bereits von der jüngeren Generation überrollt, die in Nachkriegszeiten nichts mehr von Existenzialismus wissen wollten.
Zu der Kollektion fallen mir eher die Nachkriegszeiten der italienischen Fischerinnen in Sizilien ein.
Das hatten wir damals bei Romeo Gigli und Dolce & Gabbana mal überzeugender.
Hier und da wurde mal eine Prada Schnalle platziert.
Aber nun schließe ich mich dem Show Publikum an und verhalte mich ganz still.