Damenmode

Dior Damenkollektion Herbst-Winter 2022 x Ewha Womans University Seoul

Dior Damenkollektion Herbst-Winter 2022, Szenografie; Foto: © Lee Hyun Jun

Die hohe Kunst, ein renommiertes Haus wie Dior immer jeweils mit den richtigen Entscheidungen und überraschenden Kollektionen exakt auf der Höhe der Zeit zu verorten, beherrscht zurzeit weltweit keine Kollektionsverantwortliche so exzellent wie Maria Grazia Chiuri.
Jede Kollektion steht für visuelle Poesie und den Dialog zwischen der Geschichte von Dior und den sich ständig verändernden Konstellationen der zeitgenössischen Welt.

Das Motto L’union fait la force (Stärke durch Einheit) wird zum Schlachtruf, der von der Dior Herbstkollektion 2022 getragen und die kollaborative Dimension im Herzen des kreativen Prozesses von Maria Grazia Chiuri und ihren Teams erlebbar macht.
Die in der Aula der Ewha Womans University in Seoul gezeigte Kollektion umfasst 89 Outfits, von denen viele einen mädchenhaften Charme verströmen, der die typische frühere Dior-Kundin irgendwie nicht mitnimmt.
Man feiert die Jugend. Auch der Kundenstamm der besten Häuser ist auf jugendlichen Nachwuchs angewiesen. Und Dior hat vermutlich nicht eben zufällig Asiatinnen als Models gewählt, die wegen der Mädchen-Outfits streckenweise an Mangas erinnern. Aber das ist zu kurzgefasst.

Die Show ist von der Szenerie und der Inszenierung her das kurzweiligste Unterhaltungsevent der Saison. Den Prolog der Schau gestalten SkaterInnen, die zur richtigen Musik für Frische und Bewegung sorgten. Bedeutungsschweres oder aufgesetztes suchte man vergeblich.
Das Wappen, das wie ein überdimensioniertes Gütesiegel auf Stoffe gedruckt wurde, unterstreicht die Hauptinspiration der Show: die Verwendung der Uniform, die mit ihren plissierten Jacken und Röcken eine raffinierte Neuinterpretation der Arbeiten Christian Diors bilden.

Schuluniformern von Dior würden wohl weltweit viele junge Frauen begeistern, sie dürften aber eher den privilegierten Absolventinnen privater Universitäten wie der Ewha Womens University vorbehalten bleiben.
Während ein Hauptmotiv für den Kauf von High Fashion das Versprechen von Individualität ist, die die eigene Identität definiert, rufen die Worte „Schuluniformen“ und „einheitlich“ in erster Linie Vorstellungen von einer Gruppe hervor, die Unterschiede auslöscht.

Manchmal sind Schuluniformen ungeliebt. Maria Grazia Chiuri interessierte sich für Schuloutfits und vor allem für die Art und Weise, wie Schüler diese Kleidungsstücke umgestalten und aktualisieren, indem sie sie mit markanten Details personalisieren, die an Punk-Obertöne grenzen, bevor sie sich auf der Suche nach Räumen durch urbane Landschaften der Freiheit wagen.

Sich nach Südkorea zu wagen, ist selbst für das Haus Dior, das alle Möglichkeiten hat, ein beispielloses Ereignis, wie mitgeteilt wird: „Die erste Modenschau in der Republik Korea bietet ein Repertoire perfekter Formen mit kontinuierlichen Abschweifungen. Sie besteht aus Faltenröcken, schwarzen und weißen Kilts; Jacken, die sich an die Herrengarderobe lehnen und die ikonische Bar-Jacke neu interpretieren; lange Mäntel und ultrakurze Röcke für Herren; Bikershorts kombiniert mit weißen Blusen und schwarzen Krawatten. An anderer Stelle offenbart sich 3D-Stickerei durch Strickwaren, während ein fantastischer pixeliger Tierkreis im Stil eines Videospiels gerendert wird. Zu den bevorzugten Materialien gehören Stoffe, die man am ehesten mit Herrenmode in Verbindung bringt, aber auch technische Stoffe, die sich in einem reflektierenden Dior-Grau sonnen. Eine Reihe von Abendkleidern, die speziell für die Show entworfen wurden, spiegeln die Volumen der emblematischen Silhouetten des Gründers wider – wie das Junon-Modell – neu erfunden mit asymmetrischen Schnitten, unwiderstehlich gewagt. Die Looks erinnern an starke Konzepte wie Beteiligung, Gemeinschaft und Teilen – zentrale Werte für die weiblichen Figuren, denen Tribut gezollt wird, parallel zu den Petites Mains des Ateliers und ihren goldenen Fingern, die die Geschichte von Dior verwoben haben.“

Es dürfte spannend zu beobachten sein, an welchen Schulen und Universitäten in den Städten der reichen, westlichen, asiatischen und südamerikanischen Länder wir Mädchen und junge Frauen in den Looks sehen werden.
Aus 89 Outfits kann man kein repräsentatives Best-of bilden. Es lohnt sich, die Show zu gucken!

Dior Damenkollektion – Herbst-Winter 2022

Gastautorin: Eva Parke