Dass er moderne Couture macht, war von der Sekunde klar, als Dior Raf Simons 2012 für seine Kollektionen engagierte und zum künstlerischen Direktor. Man entschied sich bewusst für einen, der eher für klare Linien und Design steht. Nun scheint der Belgier seine Eigenständigkeit und sein Selbstbewusstsein gefunden zu haben und zeigt ein klares Profil, das von Wandelbarkeit (das geht besonders gut in der Couture) geprägt ist. Der Designer selbst sagt, dass er sich in den vergangenen Saisons in die DNA des Hauses eingearbeitet und den Facettenreichtum aus der Heritage der einzelnen Phasen immer mehr erkannt hat. Eben dieser Facettenreichtum lässt es zu, dass man Dior so weiterentwickeln kann, wie es sich nicht erträumen lässt.
Raf Simons ist aus diesem Grund fasziniert von der Wandelbarkeit David Bowies, nimmt Elemente des Multitalents und Exzentrikers aus den Sechziger bis Achtziger Jahre auf und setzt sie in moderne Couture um …
Bilder: Dior
Diors Couture-Kundin ist deutlich jünger als in einigen anderen Häusern und Raf Simons hat es geschafft, dass „salonige“ aus der Avenue Montaigne zu bekommen indem er die Ateliers in all ihrer Raffinesse nutzt.
Ähnlich wie sein Kollege Nicolas Ghesquière zeigt er gern, wie sich die Couture Ende der Sechziger Jahre à la Barbarella mit der Boutiquen-Mode und der jüngeren Prêt-à-porter wandelte. In den ersten Looks werden Vinyl-Capes und -Stiefel über nachgestickten, ungeheuer aufwendigen Kleidern getragen. Die gestreiften und plissierten Kuppelröcke, die mit schlichten Gazar-Tops in Blockings getragen werden, bestehen aus handgefärbten und aneinander genähten Rips-Bändern. Schlichtheit wird immer gegen Opulenz gesetzt und Catsuits in psychedelischen Mustern im Stile von Kansai Yamamoto erinnern an Bowies „Ziggy Stardust“-Zeiten.
Bilder: Dior
Aber Raf lässt, wie in jeder Saison, die ganz typischen Roben der Bohan-Zeit mit der „New Look“-Silhouette, den schlichten Corsagen und den langen, leicht ausgestellten Röcken mit üppiger floraler Allover-Stickerei wieder auferstehen. Die Dior-Kundin liebt Weiblichkeit und Blumen- und Garten-Assoziationen, die an Grandville erinnern, sind seit der Zeit des Gründers Christian Dior das Kapital und das Erfolgsrezept des Hauses.
Die Formen der Couture und der Kleidungsstücke werden immer alltagstauglicher. Jemand wie Raf Simons steht mit beiden Beinen im Leben, nutzt aber, genau wie Karl Lagerfeld bei Chanel oder Chiuri & Piccioli bei Valentino, alle Register des Handwerks: Die Stoffe werden extra hergestellt, Handwerkstechniken aller Art werden in fast jedem Look eingesetzt und alle Materialien werden von A-Z selbst entwickelt. Jedes Blütenblatt wird selbst ausgeschnitten, Stickerei in verschwenderischen und üppigen Variationen verwendet. Die Preisklasse der Couture liegt in den unendlich vielen Details und dem Aufwand begründet, der manchmal fast so erscheint, dass man sich eigentlich wundert, wie die Handwerker es eigentlich in der verhältnismäßig kurzen Vorlaufzeit der Kollektionsentwicklung schaffen, die Dinge fertig zu stellen.
Bild: Dior
Bei den Infantinnen-Kleidern sind die Schnitte mit wenigen Nähten so verarbeitet, wie es im Prêt-à-porter gar nicht möglich wäre. Die Mitarbeiter von Dior werden in den Ateliers vermutlich wie Schätze gehütet und geben ihr Wissen sorgsam weiter. Das ist auch dringend nötig, denn die Image bildende Sparte, die Haute Couture, schreibt nicht nur schwarze Zahlen, sondern bekommt auch immer mehr Kunden, die in Zeiten von Beliebigkeit das wirklich Einmalige wollen, das unkopierbar ist.
Bild: Dior
Bei Raf Simons ist Dior in guten Händen, denn er hält genau die Balance zwischen Diors träumerischer Linie und seinen Wurzeln, die pragmatischer und moderner sind.
Bei Dior bleiben und sich trotzdem immer à la David Bowie neu erfinden und die Grenzen verschwimmen lassen – Très Dior und visionär von Raf Simons. Ein grandioser Couture-Sommer von Dior steht vor der Tür …
Paul
10. Februar 2015 at 11:293> … Bei Hommagen an den Garten in Granville sowieso :))
Siegmar
10. Februar 2015 at 12:39sehr zeitgemäße, wunderbare Haute Couture, Raf Simons macht bei Dior seinen besten Job.
Elke kempe
10. Februar 2015 at 13:26Immer wieder bewundere ich die tolle Arbeit der Stickerinnen!
thomas
15. Februar 2015 at 12:16ja elke,und zwar mehr als die der (meisten) designer 😉