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Die Gentleman Driver: Tour Optic 2000 Edition 2015 in Paris

Bild: Thomas Kuball

Ich gebe zu, dass Autos in meinem Leben keine große Rolle spielen, da ich noch nie einen Führerschein besessen habe. Allerdings reizen mich alte Autos, also Oldtimer, allein schon aufgrund ihrer Optik sehr. Hinzu kommt, dass mein Lebenspartner, ähnlich wie ich in der Mode, geradezu einem Lexikon der frühen Mobilisierung gleicht und schon anhand von wenigen Details oder einer Silhouette Provenienz und Baujahr eines Autos bestimmen kann. Ich bin da ein rein optischer Mensch und gehe nach vermeintlicher Schönheit, wobei mir auch da ein eher kostspieliger Geschmack nachgesagt wird. In der Realität bewege ich mich eher mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad, privat sind wir, allein aus Umweltgründen, eh auf Car to go oder Drive Now umgestiegen.
Dass mir eine Rallye einen tief emotionalen Morgen bescheren würde, hätte ich bis vor einigen Tagen nicht gedacht, obwohl ich schon durch den Ort vermuten konnte, dass mit der Tour Auto Optic 2000 etwas Tolles auf mich zu kommen würde …
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Bilder: Thomas Kuball

Seit 1899 gibt es eine Automobilrallye in Frankreich, die dem damals neuartigen Verkehrsmittel einmal im Jahr eine Art „Tour de France de Automobile“ bescheren sollte. Tatsächlich war sie das Vorbild für das legendäre Fahrradrennen, das erstmals 1903 ausgetragen wurde.
Damals starteten bei der Rallye natürlich Autos, die den neuesten Standards entsprachen. Bis 1986 fand das Rennen dann kontinuierlich als „Tour de France Automobile“ statt, setzte dann aber einige Jahre aus. Erst 1992 nahm Patrick Peter, Inhaber des legendären Rennveranstalters „Peter Auto“, die Tour wieder auf und seit 24 Jahren sponsert der französische „Optic 2000“-Konzern das glamouröse Oldtimerrennen.
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Bilder: Thomas Kuball

230 Autos, alle Baujahr 1950-1983, wurden zunächst im Grand Palais präsentiert und können begutachtet und besichtigt werden. Dabei nur die Crème de la Crème an Wagen – allesamt liebevoll restauriert und offenkundig von großem Besitzerstolz gekennzeichnet.
Jaguars, Ferraris, BMWs, natürlich Porsche jeder Provenienz, Alfa Romeos aber auch die von mir so geliebten Mini Coopers – alles aufgereiht wie bei einem Modedefilee. Kein Wagen gleicht dem anderen und teilweise stehen Werte von Mietshäusern vor einem.
Die Farben, von tiefem Grün über leuchtendem Rot bis hin zu Moutarde-Gelb, künden den wechselnden Zeitgeschmack der Jahrzehnte. Details, wie Kühlergrills oder ledernen Motorhauben-Verschlüssen, zeugen vom grandiosen Handwerk, das früher in Autos investiert wurde. Selbst der größte Autogegner schmilzt beim Anblick der ästhetischen Rückansichten der Karossen dahin und ich höre immer wieder den Ausdruck von Automobilfreaks, dass Autos wie der Jaguar oder Mercedes einen „sexy Hintern“ haben sollen …
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Bilder: Thomas Kuball

Mir fallen die vielen Prominenten ein, die man von alten Fotos kennt, wie sie mit ihren legendären Wagen posieren. Der Porsche von James Dean steht genauso im Grand Palais, wie die Ferraris, die Frankreichs Beau Alain Delon fuhr. Ganze Jahrgänge von Minis, ob von den Beatles oder Paul Smith, Steve McQueen oder Clint Eastwood wurden präsentiert. Sogar Enzo Ferrari, dessen Modelle daneben stehen, griff privat zum Mini-Lenkrad.
Vorläufer der James-Bond-Autos von Aston Martin erinnern an „Goldfinger“ oder „Dr. No“ – irgendwie toll, wenn die Zeitgeschichte, teilweise miterlebt, teilweise Kindheitserinnerungen, vor einem ausgebreitet steht. Plötzlich kann ich die vielen Männer in dieser grandiosen „Garage“, dem Grand Palais, verstehen. In einem Ort, in dem ich sonst den Chanel-Defilees folge, können Fans die einzelnen Autos nicht nur ehrfurchtsvoll betrachten. Teilweise wirkt es so, als ob sie ihr Glück gar nicht fassen können, so viele tolle Modelle auf einmal zu sehen. Eine tief emotionale Veranstaltung, wie mir bewusst wird …
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Bilder: Thomas Kuball

Im Gegensatz zur Tour de France geht die Tour Auto Optic 2000 nicht durch ganz Frankreich, sondern startet in Paris und hat dann wechselnde Destinationen.
In diesem Jahr ist das Ziel Biarritz, das mondäne Seebad am Atlantik, das für sein unwiederbringliches Licht der baskischen Küste bekannt ist. Fünf Tage dauert die Rallye, in der es nicht auf den Schnellsten ankommt, sondern um Geschicklichkeit und Kontinuität geht.
Gelenkt werden die Autos von einem Fahrer und von einem äußerst versierten Beifahrer, der Uhr, Strecke und Technik im Blick hat. So unterschiedlich wie die Autos sind auch die Fahrer: eben Gentleman Driver. Die Accessoires und die Overalls der Fahrer könnten in jedem Ralph-Lauren-Defilee mitlaufen.
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Bild: Thomas Kuball

Autos und Mode, Mode und Autos – es ist eine der großen Wechselwirkungen des 20. Jahrhunderts. Besonders die Armbanduhr spielt, seitdem es Autorennen gibt, eine große Rolle. Fast zeitgleich erfunden, sind Uhren und Autos auch alte Weggefährten und so verwundert es nicht, dass die offizielle Uhr der Tour Optic 2000 vom zweiten Hauptsponsor, der Schweizer Uhrenmanufaktur Zenith aus Le Locle, kreiert wurde. Das Design der „El Primero Chronomaster 1969 Tour Auto Edition“ passt perfekt zu den Trouvaillen der Automobilgeschichte und steht mir auch ohne Führerschein hervorragend.
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Bilder: Thomas Kuball

Der erste Tag hat mich in einen zumindest lernwilligen Oldtimer-Sympathisanten verwandelt und ich begreife, dass das nicht nur Männerfantasien bedient, die viel mit Sehnsüchten nach Technik, Schnelligkeit und Schnittigkeit zu tun haben. Oldtimer haben einen aufregenden Lifestyle, sind voller Ästhetik, Handwerk und klassischem Design. Wenn man sich die Besucher des Grand Palais anguckt, erinnert die Veranstaltung auch an ein gesellschaftliches Ereignis, das in der Liga mit einer Kunstausstellung oder der Antiquitätenmesse TEFAF spielt. Von Dior über Chanel – in den historischen Kühlerhauben spiegeln sich die neuesten Modelle der benachbarten Modehäuser. Über allem schwebt natürlich die Trikolore, die durch das sonnendurchflutete Dach des Grand Palais hindurchscheint.
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Bilder: Thomas Kuball

Nachdem abends die vielen geladenen Gäste mit Champagner auf ein gutes Gelingen und das Ereignis angestoßen haben, beginnt es am Starttag äußerst früh. Nicht nur die Fahrer zelebrieren einen grandiosen Start, auch wir Beobachter kuscheln uns, um uns gegen die Morgenkälte zu schützen, in eine extra designte Paddock. Die Decke ist eine Art Uniform, dass man an einem unvergesslichen Augenblick teilnimmt. Schnell noch einen Kaschmirschal um und los geht’s …
Was dann morgens um sechs in aller Herrgottsfrühe folgt, hätte ich mir niemals so toll und ergreifend vorgestellt. Fast ein bisschen kitschig geht das Morgenrot über dem gigantischem Grand Palais auf und 230 der feinsten Autos machen sich auf zum Start.
Aber da es nicht in der Halle gestattet ist, die Motoren laufen zu lassen, müssen sie erst zum Ausgang am Ende der Halle von Helfern geschoben werden. Ein Starter ruft wie eine Art Moderator die Startnummern und Modelle auf – eine Zeremonie, die ganz toll und gleichzeitig surreal wirkt. Am Kopf der Rampe heulen die Motoren mit dem typischen Klang ihres Modells und ihrer Machart auf. Ein Augenblick, der wie Musik in den Ohren der Autofreaks ist.
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Bild: Thomas Kuball

Während des Starts, bei dem sich die Halle immer mehr leert, hab ich mich ganz alleine auf einem der Ränge aus verschlungenem grünem Eisen gesetzt und schaue von oben wie ein fasziniertes Kind auf das Szenarium, bis der letzte Teilnehmer die Halle verlassen hat. Dann folgt etwas Grandioses, was man so sicherlich nicht wieder erlebt: Das gigantische Grand Palais ist menschenleer und nur noch ein großer Rolls-Royce Silver Shadow steht im Raum – totale Stille und der anbrechende Tag in der Stadt, die genauso viel mit Träumen und Sehnsüchten zu tun hat, wie diese Autos. Das war garantiert nicht meine letzte Autorallye …

  • thomash
    29. April 2015 at 14:18

    Die Magie des Grand Palais und der Autos, erzählt in der magischen Kempe-Schreibe und dazu noch Fotos, die das alles zusammen einfangen. Gut, dass ich keinen Neid kenne, aber nächstes Mal wäre ich auch gerne dabei : -)

  • Siegmar
    29. April 2015 at 15:36

    ich hätte gerne die Uhr und den Rolls Royce aber mit Chauffeur.
    Schöner Bericht und tolle Bilder 🙂

  • PeterKempe
    29. April 2015 at 17:33

    @siegmar
    Ich finde so ein Rolls geht nur mit Chauffeur !

  • HappyFace313
    29. April 2015 at 23:53

    Klingt nach einer tollen Veranstaltung! 🙂
    Peinlich ist nur, wenn sogenannte VIPs in solche Autos gesetzt werden, die von Auto überhaupt keine Ahnung haben und gar nicht wissen, was für Werte sich da unter ihrem Hintern befinden, kurz über die Startrampe rollen, dann aussteigen und sich am Ziel wieder in’s Auto schwingen. Noch schlimmer ist, wenn sie sich selber an’s Lenkrad schwingen, sich und – viel schlimmer! – andere Teilnehmer gefährden, weil sie ja unbedingt eine Show daraus machen müssen und die Autos zu klump fahren. Alles schon erlebt. Das ist echt zum Ko…..!
    Werdet Ihr bei der Zieleinfahrt den Gewinnern zujubeln?
    Liebe Grüße 🙂

  • Horst
    3. Mai 2015 at 12:48

    Das letzte Bild ist der Knaller! 🙂

  • Die Woche auf Horstson – KW 18/2015 | Horstson
    3. Mai 2015 at 17:37

    […] Wochenrückblick auf ausgewählte Artikel von eurem Lieblingsblog (Horstson) … 1) Die Gentleman Driver: Tour Optic 2000 Edition 2015 in Paris versetzte sogar unseren führerscheinlosen Peter in Begeisterung. 2) Schade irgendwie: […]