Bild: Viktor & Rolf; PR
„Wearable Art“ nennen Viktor & Rolf ihre Haute Couture Kollektion für Winter 2015. Für mich ist sie nicht nur ein Augenzwinkern und der totale Gegensatz zu den arrivierten Couture Häusern, vielmehr zeigt sie auch die Fantasie und Kreativität, die eigentlich Mode ausmacht. Die beiden Holländer verfolge ich in ihrem Schaffen schon lange und besonders gern, weil sie die gleichen Wurzeln und Inspirationen meiner Generation mitbringen, die sie dazu brachten, sich mit Mode zu beschäftigen und sich dafür zu begeistern. Die Endvierziger begannen in einer Zeit, als Informationen aus anderen Modehäusern noch schwer zu bekommen waren und als es populärer wurde, sich mit Mode und Design zu beschäftigen. Als ihre Initialzündung geben Viktor Horsting und Rolf Snoeren an, die damals auch in den Niederlanden ausgestrahlte Sendung „Neues vom Kleidermarkt“, eine NDR-Produktion mit Antonia Hilke, verschlungen zu haben. Horsting und Snoeren träumten davon, eines Tages ihre Kollektionen in Paris vorzuführen.
Immer auf dem Boden geblieben, überraschen sie bis heute mit ständig neuen Ideen und gleichen in ihrer Arbeit eher Modekünstlern, als nur an Kommerz interessierten Designern.
Bilder: Viktor & Rolf; PR
Diesmal sind Viktor Horsting und Rolf Snoeren von ihrer eigenen Geschichte inspiriert. Sie greifen ein Thema auf, das durch ein Zitat von Richard Martin geprägt ist. Martin war Kurator am Costume Institute des Metropolitain Museums in New York und hat zusammen mit Diana Vreeland die Idee der Modeausstellung begründet – erst als Vreelands Assistent, wie 1973 die Balenciaga Ausstellung, oder 1983 die erste Retrospektive für einen lebenden Couturier: Yves Saint Laurent. Später hat Martin als Hauptkurator die Sammlung weiter aufgebaut und die Konzepte für die bedeutendsten Ausstellungen des Museums geleitet. Er war dabei, als 1988 Horsting und Snoeren ihre erste Haute Couture gezeigt haben. Sein begeistertes Urteil von damals wird jetzt wieder aufgegriffen und zur eigenen Kollektion entwickelt: „[…] Viktor & Rolf pose clothing and they form ideas. Viktor & Rolf’s presentation mingles statue and runway, letting us see both the living statue of a fine-arts identity and the animation of a couture showing.“
Damals, schon lange bevor Hussein Chalayan 1999 mit seiner Kollektion Mode und Interieur verband, und heute fast jedes Luxuslabel diese beiden Gattungen zu verbinden sucht, war für Horsting und Snoeren klar, dass Mode und Kunst eine Einheit darstellen.
Bild: Viktor & Rolf; PR
Die Kollektion an sich ist schnell erklärt, bzw. zeigen es Viktor Horsting und Rolf Snoeren selbst auf den Fotos: was erst an der Wand hängt, verwandelt sich in Haute Couture (die Kreationen sehen einfach aus, beinhalten aber eine raffinierte Technik und das Maximum an Handwerk). Später verwandelt sich die Kreation zurück in Kunst.
Wie ich finde eine wahnsinnig originelle und auch verblüffende Idee, die auch noch wunderbar anzuschauen ist. Sie will nichts sein, was sie nicht ist. Die Kollektion ist gleichermaßen Couture und Kultur – Kultur, die erst Poesie an der Wand ist, dann zur Realität wird, um danach wieder die Wand zu schmücken.
Klassische, barocke Malerei trifft auf Aktionskunst der Moderne. Zweidimensionales wird zu 3D und Kreation trifft auf Zerstörung – Trompe-l’œil trifft auf Realität.
In einer Art Session präsentierten Horsting und Snoeren ihre Entwürfe zur Musik von Henrik Schwarz im Palais de Tokyo und kreierten so ihre „Fun-Art“-Couture.
Bilder: Viktor & Rolf; PR
Echte Kreativität, die nicht nur „Viktor & Rolf“-Fans begeistert, sondern auch Kunstsammler wie Han Nefkens. Der holländischen Sammler und Schriftsteller hat gleich nach der Show einen Look für die Sammlung des Rotterdamer Museums Boijmans Van Beuningen erworben.
Die andere Couture von Viktor & Rolf: weit ab von Fashion Business und Kommerz ist sie nur der Fantasie und der eigentlichen Kreation gewidmet. Auch das braucht die Mode. Leider gestatten sich immer weniger Designer diesen Luxus …
Viktor & Rolf | Haute Couture Winter 2015/2016
Siegmar
15. Juli 2015 at 14:55schön anzusehen, tatsächlich aber mehr Kunst als Couture.
Monsieur_Didier
17. Juli 2015 at 20:44…ob ich das „echte Kreativität“ nennen will weiß ich noch gar nicht…
sicherlich museumsreif, absolut, aber im Rheinland sagt man auch gerne „Firlefanz“ dazu…
zumindest sehenswert und irgendwie sensationell, sehr arty und überhaupt…
dass da Daphne Guiness nicht mitläuft versteh‘ ich nicht wirklich 😉
Mars & Venus – Viviennes Favoriten | Horstson
28. August 2015 at 09:58[…] in dieser Saison als Print auf T-Shirts, Badeanzügen und Jerseykleidern. Ähnlich wie bei Viktor & Rolfs letzter Couture Kollektion bringt Vivienne so die Kunst auf den Körper, wodurch sie wiederum einen Teil der Kultur auch […]