Damenmode

Chanel Haute Couture Winter 2019 – Bücher-Träume

(Chanel Haute Couture Fall/Winter 2019 – Photo by Olivier Saillant)

Als Anfang Juli Virginie Viard ihre erste eigene Haute-Couture-Kollektion für das Haus Chanel im Grand Palais zeigte, war die Fashion Welt gespannt, wie sie den Bogen schlagen würde zwischen der Tradition des Hauses und ihrer eigenen modernen Interpretation der neuen Chanel-Frau. Eines sei gleich vorweggenommen, Virginies Kollektion verknüpft perfekt die Wurzeln und Codes der Gründerin Coco Chanel, den Elementen und Inspirationen Karl Lagerfelds und ihrer eigenen Version der modernen Couture-Kundin, die Haute Couture als täglich tragbaren Luxus für sich selbst sieht. Chanel-Kundinnen sind moderne Frauen, die sich handgearbeitete, auf sie zugeschnittene Garderobe leisten, die sie lange in ihrem Kleiderschrank begleiten wird. Unaufgeregt und voller Raffinesse, der neue Chanel-Stil 2019 – Parisienne und „très Chanel“ schlägt Viard wunderbar ein neues Kapitel, der über hundertjährigen Geschichte des Hauses und des Savoir-faire der Haute-Couture-Ateliers auf.
Chanel Haute Couture Fall/Winter 2019 – Photo by Olivier Saillant

Und Aufschlagen ist auch schon das Stichwort, denn als Kulisse für ihre Metamorphose verwandelt sich das Grand Palais in dieser Saison in eine große kreisförmige Bibliothek, das Podium für die Gäste in der Mitte, die auf ein mit Sofas, Ohrensesseln und Kaffeetischen, Teppichen und Ornamenten gestaltetes Treiben schauen. Von der Farbgebung an Chanels Appartement erinnernd, strahlt es Gelassenheit aus und lädt ein, die Ruhe zu erleben, die das Lesen vermittelt. Schon Mademoiselle sagte zu Paul Morand, dass Bücher ihre besten Freunde seien, Karl Lagerfeld trug im Laufe seines Lebens mehr als 300.000 Bücher zusammen und infizierte auch Virginie in über 30-jährigen Zusammenarbeit dazu eine Leseratte zu werden. „Die Inspiration kommt stets aus Büchern“ – ein Zitat, das Karl Lagerfeld Hunderte Male in seinem Leben zum Besten gab und das wissen wir nur zu gut, ihn und seinem Team immer wieder die Kraft verlieh uns in unglaubliche Chanel-Welten zu entführen.

Virginie Viard, die ewige Buchliebhaberin, erweckt die neue Chanel-Frau mit ihrer Vision und Inspiration zur neuen „Reality“-Romanheldin unserer Zeit. Eine sanft den Körper umschmeichelnde Silhouette, die bequem aber elegant und voller Chanel-Codes ist, zeigt, dass Haute Couture voller Lässigkeit getragen werden kann. Die Luxus-Studentin trägt Mules und Pumps mit einer Satinschleife oder schwarze Lackleder-Collegeslipper, die die zweifarbige Geometrie des Hauses neu erfinden. Kleine Brillen sehen aus wie eine junge Frau, die Kultur, Gedichte und Romane liebt. Die Frisuren unaufgeregt, das Make-up natürlich und dezent strahlend.
Sofort muss ich an den Film „Party Girl“ denken, in dem einem exaltierten New Yorker Society Girl, das studiert, von ihren Eltern die monatliche Apanage gestrichen wird und sie aus Not, ausgestattet mit Designergarderobe, in eine Bibliothek einzieht und sich dort langsam zu einem lustigen, normalen und sympathischen Mädchen wandelt.
Chanel Haute Couture Fall/Winter 2019 – Photo by Olivier Saillant

„Ich träumte von einer Frau mit lässiger Eleganz und einer fließenden und freien Silhouette: Alles, was ich an der Chanel-Faszination so mag“, erzählte Virginie Viard, künstlerische Leiterin der Chanel-Modekollektionen. Von der raffinierten Linie aus Gabrielle Chanels 1930er-Jahren inspiriert, zeigt sich ihre Modernität in ihrer Coolness, die Hände tief in die Taschen gesteckt, eine ganz und gar natürliche und entspannte Attitüde der Mädchen von heute. Geschmeidig, nur mit einem Gürtel oder einer Schleife geschmückt, schlicht und fließend die Silhouette. Die kostbaren Tweeds klar und grafisch als Kontrast dazu. Schwarz, Weiß, Marineblau, Honig, Pflaume und Burgunder werden mit Effekt Farben von Rosa, Fuchsia, Blau, Grün und Orange durchzogen. Streifen von Silber und Gold machen die Schlichtheit bemerkenswert und verleihen einen kostbaren Touch.
Jedes Teil spielt raffiniert mit dem Savoir-faire der Haute-Couture-Ateliers, was durchgehend raffiniert in den Details sichtbar ist. Der Tweed und der Wollcrêpe verlieren ihre Schwere und fließen sanft um den Körper. Mein Favorit, das auch als Mantel tragbare neue Chanel-Kleid, das sicherlich zum Chanel-Klassiker avanciert. Selbstverständlich, als sei es schon immer da gewesen.

Chanel Haute Couture Fall/Winter 2019 – Photo by Olivier Saillant

Pannesamt-Ensembles in den Farben kostbarer Edelsteine strahlen eine ungeheure Farbtiefe aus und gehören für zu den absoluten Highlights der Kollektion. Wer einmal mit dem Material gearbeitet hat, weiß, dass es zu den kompliziertesten Materialien gehört, die man verarbeiten kann.
Die Tweed-Mäntel sind weich wie Roben und reichen, gerade oder gewickelt, bis zum Boden und spielen mit maskulinen Einflüssen. Über einem trägerlosen Kleid oder einem Tweedrock wird die Jacke zu einer Bolero- oder Bomberjacke mit abgerundeten Schultern und Ärmeln. Sie wird mit weitgeschnittenen Hosen in fließendem geraden Schnitt, fallender Front oder hoher Taille getragen, ist kurz geschnitten und hat spitze Schultern, einen Offizierskragen oder einen kleinen gesteppten Kragen.

Virginie Viard verwandelt die Chanel-Jacke auch in eine kleine Weste mit Knöpfen und Trägern. Die Knöpfe nehmen die Farben von Pergament und Druckpapier auf, während die Futter weiß wie die Seiten eines unbedruckten Buches sind. Jacken werden mit geschichteten Kragen geschmückt, die dem Rücken eines teilweise geöffneten Buches ähneln. Die verschiedenen Tweeddessins sind wie in Regalen nebeneinanderstehende Buchbände ausgerichtet. Die Jacke und der Reiz von Chanel sind wie ein offenes Buch, das einlädt zum fröhlichen Tragen.
Die sehr feminine Linie setzt sich fort mit einem typischen gegürtetem Kleid aus zweifarbigem Tweed mit plissiertem Kragen und geschichteten Feuilleté-Manschetten, Hommage an die frühen Kollektionen Karl Lagerfelds als er 1983 bei Chanel begann. Weitere Hommagen an Lagerfeld, ganz raffiniert versteckt, zum Beispiel in der Paillettenstickerei eines Kleides, in dessen Muster die Schrift von Karl Lagerfeld eingearbeitet ist. Federstickereien zieren Säume oder setzen Akzente, überhaupt, das Atelier von Lesage läuft zu raffinierter Höchstform auf bei rückenfreien Satinkleidern mit (fast) versteckten Details in kostbarer Stickerei und in der luftigen Bibliothek verschwimmen die Grenzen zwischen drinnen und draußen getragenen Kleidern.
Die Braut trägt einen Seiden Pyjama und einen Morgenmantel aus hellrosa Satin, fein plissiert, der mit luftigen Federn verziert ist, und die fröhlich zum schönsten Tag des Lebens wippen.

Luxuriös, humorvoll und den Bogen spannend von Schlichtheit zu Üppigkeit, mit dem Blick auf die Couture Frau, die durchaus ihren Alltag mit den Codes von Chanel leben will, das ist die Vision mit der Virginie, ganz zur Bibliothek passend, mit ihrer Handschrift ein neues Kapitel im großen Abenteuerroman, den einst eine mutige Frau begann und ein Jahrhundertgenie erneuerte, mit seinen Codes stets erweiterte, bisher beschrieb. Von Virginie erneuert macht die Trilogie in dieser Fantasiebibliothek Sinn. Die raffinierte und feminine Linie von Virginie Viard bietet eine Fülle von Details und lässt die Chanel-Faszination frisch aufleben.
Die Chanel Haute Couture Winter 2019 lädt ein, dieses Kapitel voller Spannung zu entdecken.

  • fred
    18. Juli 2019 at 16:53

    UND EIN TRAUM WIRD WAHR!!! DANKE!

  • vk
    20. Juli 2019 at 11:44

    sagt mir doch sehr zu. die klassisch gebildete frau usamerikaniscer, europaeischer praegung. ohne die spur von aggression, ohne die spur von narzissmus, ohne panzer, vizier, high heels oder auffaellig make up.
    bookisch und dem menschen zugewandt. offen, freundlich, abenteuerlich, intellektuell und gut behuetet. mit leuchtenden augen.
    so sind frauen, die ich sehr mag. das ist eine welt, die ich sehr mag.
    chanel macht spass, sie muesen die maedchen jetzt einfach mal laecheln lasseb und die augen leuchten. diese ewigen bittermienen kann doch kein mensch sehen…