(Lily-Rose Depp in Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Foto: Lucile Perron)
Eine der berühmtesten Treppen der Welt ist die in Hunderten Facetten verspiegelte Treppe, die zu Gabrielle ‚Coco‘ Chanels Haute-Couture-Salons und Ateliers in der Rue Cambon in Paris führt. Als Chanel Anfang der dreißiger Jahre ihr Haus renovierte und gemeinsam mit Paul Iribe und dem Innenarchitekten José Maria Sert ihren bis heute gültigen Stil schuf, galt die Treppe als eine der Sensationen von Paris. Die Schlichtheit und gleichzeitig die Möglichkeit, durch die Spiegelungen das ganze Treiben im Haus beobachten zu können, waren etwas völlig Neues. Bis ins hohe Alter saß Coco Chanel gern auf dem beigefarbenen Teppich der Stufen und achtete bei den Vorführungen genau darauf, wie sich die Models bewegten und wie ihre Kundinnen reagierten. Die Treppe und die Spiegel wurden zu einem der Codes des Hauses, die Karl Lagerfeld jetzt für die Haute Couture Spring 2017 für das Dekor des Grand Palais übersetzte.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Foto: Olivier Saillant
Der Fußboden des Grand Palais war verspiegelt und wie der berühmte Rautenstepp facettiert. Wie ein riesiges Kaleidoskop wurden die Besucher der Show, die Kuppel des Grand Palais mit dem Pariser Himmel und die Models hundertfach gespiegelt, wodurch die Atmosphäre der Rue Cambon pur und, ohne sich in Details zu verlieren, übertragen werden konnte. Die beigefarbenen Velvet Sofas mit Posamenten Fransen führen sofort in Cocos Couture-Welt, die für den Ursprung und die höchste Handwerkskunst des Hauses stehen.
Karl Lagerfeld zeigt dann etwas, was man in der Haute Couture, also der Kollektion, die am dichtesten an den Endkunden dran ist, was man als Quintessenz von Chanel und der Ateliers bezeichnen kann. Zunächst geht Lagerfeld beim Entwurf immer von der Silhouette aus, die ihn für die Proportionen vorschwebt, um die Codes des Hauses darauf zu übertragen. Diesmal inspirierte ihn der Bildhauer Alberto Giacometti, dessen Werk gerade in einer fulminanten Ausstellung im Musée Picasso zu sehen ist.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Foto: Olivier Saillant
Aus dem Jahr 1926 stammt Alberto Giacomettis Werk „Femme cuillère“ („Löffelfrau“), das als seine Hauptwerke dieser Zeit gilt. Die Proportionen der erweiterten Hüfte und einer relativ grafisch orientierten Schulter und Brustpartie gaben Karl Lagerfeld die Anregung, die klassische Chanel-Jacke und das Tailleur in drapierte Kleider zu verwandeln und einen Look zu schaffen, der fast an die Fünfziger Jahre erinnert. Die Silhouette teilt Lagerfeld durch einen breiten Patent Ledergürtel, der hochgetragen wird und zu fast jedem Look farblich abgestimmt wird, wodurch die Beine länger erscheinen.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
Das fast altmodische Wort „Tagescouture“ beschreibt die ersten Looks der Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017 am besten. Bei Chanel wird, im Gegensatz zu anderen Couture Häusern, viel gezeigt, was die Kundin jeden Tag tragen kann. Aufgrund der Zeitlosigkeit der Modelle sind Kundinnen bereit, ihr Geld auch in „Alltagsgarderobe de luxe“ zu investieren und nicht nur in Abend- oder Hochzeitskleider.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
Mäntel in Bouclé mit Lamé-Krägen werden zu Kleidern. Kostüme mit einer Version von Cocos Canotier-Hut getragen, die aussehen, als hätte man sie zusammengestaucht und am Hinterkopf von kurzen Frisuren kombiniert. Natural Look auch beim Make-up und den von Sam McNight auf die pure Linie abgestimmten, eng anliegenden Garçonne-Art-déco-Frisuren. Emanzipierte, klare Weiblichkeit, die es sich erlaubt, in luxuriösen Couturekreationen ihre femininen Eigenschaften auszuleben.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
Eine glamouröse Silhouette, die auf der Schlichtheit und dem Gegensatz von gerader, fast architektonischer Linienführung und weichen drapierten Kurven basiert. Raffinierte, tiefe, grafische Dekolleté-Variationen brechen abwechselnd mit Offizierskrägen oder Lavallière-Abschlüssen und Manschetten die skulpturalen Formen auf und liefern den femininen Touch.
Dazu silberne klassische Pumps oder bestickte Overknees, die in die Materialien der Kleider übergehen als würden sie hineinfließen. Cocos Perlen rutschen an die Fessel und wirken wie ein Zitat, dass weniger mehr ist.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
Bei den Farben dominieren Weiß, Silber und Lichtgrau, die mit spiegelnden, perlmuttartig irisierenden und metallischen Stickereien aufgebrochen werden. Zarte Frühlingsfarben von Beige über Rosé, Gelb, Pastellgrün und Klassiker wie Marine und Schwarz für Cocos kleines Kammerzofen Kleid mit Neunziger Appeal.
Hosenanzüge mit explodierenden Silberstickereien werden auf nackter Haut getragen – natürlich mit Lagerfelds neuem breitem Patent Belt.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
in der gesamten Haute-Couture-Kollektion für Frühjahr/Sommer 2017 wird mit Trompe-l’œil-Effekten und Drapierungen gespielt und Volants zu Bustierkleidern verwandelt, die wie herabfallende Blütenblätter den Körper umschließen.
Den Abend dominieren Reminiszenzen an die goldenen Jahre der Haute Couture in den Fünfziger Jahren. Weite Röcke, enge Taillen in Gazar, Satin Duchesse, Organza und Taft. Dazu Tüll, Jacquard und Georgette. Stolen in Spitze, Tüll und Federn geben einen weiteren romantischen Akzent.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
Gerade geschnittenen Roben wirken majestätisch und sind überwiegend mit Perlen bestickt oder mit silbernen glitzernden Steinen übersät. Wie Federbälle als Abschlüsse, Ärmel oder flamboyant wippenden Saumbesatz. Volumen ist das Thema, das von Karl Lagerfelds bevorzugten Modellen wie Lexi Boling, Soo Joo Park, Charlotte Free, Amanda Sanchez und Lindsey Wixson getragen wird.
Lily-Rose Depp als Botschafterin des Hauses Chanel krönt den Abschluss der Schau im Grand Palais mit dem Brautkleid in pinkfarbenem Organza (siehe Headerbild), das in seinen opulenten Lagen selbst die Scarlett O’Haras unserer Zeit zum Träumen bringen dürfte.
Chanel Haute Couture Frühjahr/Sommer 2017; Fotos: Courtesy of Chanel
Haute Couture, immer wieder totgesagt, spiegelt bei Chanel im wahrsten Sinne des Wortes das wieder, was dieses Metier ausmacht: Handwerks- und Materialraffinesse in Vollendung. Drapierungen und Schnittführungen, die jahrelanges Know-how voraussetzen und die in der Konfektion gar nicht machbar wären.
Träume, die Frauen immer noch gerne träumen und die Karl Lagerfeld mit der Quintessenz dessen, was Coco Chanel kreierte, seit mehr als dreißig Jahren immer neu auf den Punkt bringt. Perfektion im Stil von Chanel in allen Facetten im Spiegel unserer Zeit gesehen: Feminin, klar und mit großem Respekt vor den Frauen, die zu ihrer Weiblichkeit stehen.
Siegmar
30. Januar 2017 at 16:22das ist wirklich phantastisch, alles die Deko wie die Mode. Sehr, sehr schön!
Elke kempe
30. Januar 2017 at 18:07Tolle Dekoration! Die Kollektion wunderschön!Unübertroffen toll die Kostüme
HappyFace313
30. Januar 2017 at 23:45🙂 Ein Traum! 🙂