Buchtipp Fotografie

Chanel – Final Fittings and Backstage

(Chanel Haute Couture 2012 by Benoît Peverelli)

Wenn die Chanel-Modenschauen im Grand Palais oder weltweit in anderen Locations vorüber sind, gibt es natürlich die Fotos der Looks und der Defilés. Ein bisschen warten lohnt sich aber meistens, denn die schönsten Bilder sind die, die Backstage entstehen oder bei der letzten Feuerprobe für die Kollektion, die Accessoirisation, dem Moment, wenn im Studio Chanel alle Durchläufe der Kollektion mit dem versehen werden, was den Look komplett macht: Schmuck, Hüte, Frisuren, das Make-up und die Kleinigkeiten, die ein Kleid oder Kostüm zu dem machen, wie es schließlich seine Wirkung magisch entfachen kann. Diese Making-off-Fotos, sind im Falle von Chanel besonders schön und haben eine intime Wirkung, und das seit einigen Jahren mit einer sehr eigenen Handschrift und einem Stil, der die Kollektionen noch auf eine besondere Weise unterstreicht. Dabei strahlen diese Bilder eine besondere Leichtigkeit aus und machen neugierig auf den Fotografen dahinter.


Chanel Paris Eden Rock Cruise 2012 by Benoît Peverelli

Benoît Peverelli ist derjenige, der seit 2010 als Fotograf jede Show begleitet und auch im Vorwege schon im Studio und den Ateliers alles das mit seinem Auge erfasst, was der Öffentlichkeit normalerweise verschlossen bleibt. Der Mann genießt großes Ansehen im Hause Chanel, nicht nur wegen seiner Bilder, sondern auch wegen seiner Arbeitsweise, denn gerade in den hektischen Tagen vor der Kollektion, wenn Tausende Arbeitsstunden geleistet sind, scheint er die Nerven zu behalten und dokumentiert diskret und mit Phantasie, was seinen Abschluss bekommt.
Karl Lagerfeld sagt über ihn: „Seine Augen sehen alles, aber er weiß sich fast unsichtbar zu machen … Seine Gegenwart ist schwerelos. Du hast das Gefühl, er schwebt in der Luft …“
Im Laufe der Jahre entstanden viele Aufnahmen von kostbaren Momenten und, ob Haute Couture, Prêt-à-porter, Croisière oder Métiers d’Art Kollektionen, die Intimität und das Thema der Kollektion lassen immer wieder Neues entstehen.
Die Summe davon, in acht Jahren entstanden, erscheint jetzt in einem Schuber mit den vier Bänden „CHANEL – Final Fittings and Backstage“. Die 3.000 Bilder lassen den Betrachter in das Innenleben dieser sagenumwobenen Welt tief eintauchen. Faszination der Mode gepaart mit der Dokumentation der vielen Stationen von Schauen und Kollektionen der letzten Jahre – für jeden Chanel-Fan ein Muss.

Chanel Paris Edinbourg 2013 by Benoît Peverelli

Chanel Prêt-à-porter 2012 by Benoît Peverelli

Viele Details entdeckt man plötzlich neu oder lernt die vielen Arbeitsschritte und Techniken von einer ganz anderen Seite kennen. Karl Lagerfeld macht eine letzte, winzige Anpassung an einen Kragen – was könnte er in diesem entscheidenden Moment sehen? Peverelli bringt uns mit seiner schwerelosen, unsichtbaren Linse näher als wir es jemals für möglich gehalten hätten. Sein theatralisches, fast romantisches Licht gehört ebenso zu seiner persönlichen Stilistik, wie sein untrügliches Auge genau den Moment zu finden, in dem das Entscheidende passiert, was genau signifikant ist für die Thematik der jeweiligen Kollektion. Zudem, getrennt nach den Metiers der Haute Couture, Prêt-à-porter, Croisière und Métiers d’Art, ist es eine tolle Retrospektive aller Chanel-Schauen seit 2010.

Chanel Paris Cuba 2017 by Benoît Peverelli

Chanel Prêt-à-porter 2017 by Benoît Peverelli

„CHANEL – Final Fittings and Backstage“ ist bei Gerhard Steidl im Steidl Verlag Göttingen erschienen – dem Bücher-Zauberer, der schon viele Buchkonzepte zusammen mit Karl Lagerfeld erdacht und umsetzt hat. Seit vielen Jahren schafft Steidl immer wieder wunderbare bibliophile Items für Chanel und Lagerfeld und druckt auch die aufwendigen Pressemappen, die zu jeder Kollektion erdacht und individuell gestaltet werden. Steidl genießt international ein hohes Ansehen – nicht nur für seine Bücher, sondern auch für die Akribie, mit der er Projekte begleitet und sich auch ausgefallenen Thematiken annimmt. Deswegen arbeitet Lagerfeld nur zu gerne mit ihm zusammen.
Steidl Bücher gehören zu den Schätzen der Buchkunst – Made in Germany.

  • fred
    15. August 2018 at 15:56

    Steidl wird überschätzt. Die Bücher sind alt und antiquiert. Die Fotoreproduktion, das muss man sagen, ist wunderbar und perfekt. Gegen den Druck ist auch nichts zu sagen. Auch das einwandfrei. Aber die Gestaltung der Bücher ist grandios schlecht. Leider. Steidl-Bücher, vor allem die Cover, sehen meist aus wie Grabsteine. Erst am Wochenende hatte ich wieder ein Steidl-Buch in der Hand. Das dicke Buch von Robert Gober für seine Ausstellung im Schaulage in Basel, 2007. So gnadenlos schlecht gesetzt, dass ich das Buch korrigiert an Steidl zurückschicken wollte. Unsagbar schlecht. Gross und schwer, wie ein Grabstein. Super gedruckt, aber in den Details, die dann doch wesentlich sind und über die Qualität entscheiden, schlecht und pfuschig. Vor allem das Kleingedruckte hinten auf den letzten Seiten. Da zeigt sich Kenner- und Könnerschaft. Ein herausragender Drucker ist eben nicht auch ein herausragender Gestalter. Auch wenn er sich dafür hält…

  • fred
    15. August 2018 at 15:57

    Wobei ich das Chanel-Buch allerdings sehr gerne hätte.

  • fred
    15. August 2018 at 19:44

    Bestellt. Ich war auf der Seite und die Bücher sehen wirklich aus wie Grabplatten. Um alles Leinen gewickelt und eine Kiste gebaut. Herr Steidl raubt den Fotos die Luft und schliesst sie in eine Gruft ein. Bine gespannt, wie die vier kleinen Bücher sind.

  • Monsieur Didier
    21. August 2018 at 22:59

    …die Fotos sind einfach wundervoll…
    leicht, eine wenig voyeuristisch, dabei hat man den Eindruck, man sei der Liebhaber, der die Angebetete zurückhaltend verliebt betrachtet…
    ich finde sie einfach wundervoll…!