Dian Hanson: My Buddy. World War II Laid Bare; TASCHEN
Es gibt sie wirklich, die andere Seite des Zweiten Weltkrieges – eine Seite, die von den Soldaten selbst auf privaten Fotoapparaten festgehalten und die nicht in der Wochenschau gezeigt wurde. Wollte man bisher diese Seite sehen, musste man sich durch die Onlineauktionshäusern klicken und fand in der Kategorie „Militaria“ dann eine unerwartet hohe Zahl von Soldaten des Zweiten Weltkrieges, die Spaß daran gehabt haben, die eigenen Kameraden nackt oder halbnackt abzulichten oder sich selbst hüllenlos vor die Kamera zu stellen – ob an den Stränden des Pazifiks oder in den Weiten Russlands. Der Grund für solche vertrauenvollen Aufnahmen ist ziemlich banal: Beim US-Militär wird schon in der Grundausbildung eine feste Verbundenheit zwischen den Soldaten durch ein „Buddy“-System gefördert: Rekruten werden in Zweierteams zusammengefasst und agieren – egal, ob beim gemeinsamen Essen oder bei Übungen – als Einheit. Im Kriegsfall gilt eine politische Weltanschauung wenig, wobei hingegen der Wunsch, den Kameraden beizustehen, hilft, die Linie zu halten. Wenn sie dann nicht gerade Seite an Seite kämpften, spannten sie zusammen aus und ließen bei ausgelassenen – und manchmal unbekleideten – Spielen Dampf ab …
Bild: Michael Stokes Collection/TASCHEN
Nun war es schon damals so, dass nicht jedes Mal der Fotoapparat gezückt wurde, wenn ein Kamerad zufällig gerade nackt war, denn dadurch hätte man Argwohn erregt und doch schwingt auf einigen Bildern, die der Fotograf Michael Stokes über Jahre hinweg gesammelt hat, eine gewisse Erotik mit. Eine Erotik, die eine spannende Mischung aus Lebenslust, Naivität, Übermut, Körperkult und Kraftmeierei ist. Allerdings wurden diese Fotos mit Sicherheit nicht an die Familie nach Hause geschickt, aber sie wurden trotzdem sorgsam aufbewahrt: Die meisten Aufnahmen haben noch Reste von Klebestreifen auf der Rückseite oder waren noch in Alben eingeklebt.
Bild: Michael Stokes Collection/TASCHEN
Herausgeben wurde nun von Dian Hanson der Bildband „My Buddy. World War II Laid Bare“, in dem sich auf 320 Seiten jede Menge Bilder aus der Sammlung von Michael Stokes finden. Auch schildert im Begleittext Scotty Bowers, ein 89 Jahre alter Ex-Marine und Autor über seine Zeit als Callboy und Vermittler erotischer Dienstleistungen in Hollywood, wie der Krieg seine Einstellung zu Hetero- und Homosexualität grundlegend verändert hat.
Bild: Michael Stokes Collection/TASCHEN
My Buddy. World War II Laid Bare
Dian Hanson
Hardcover, 27,7 x 24,2 cm, 320 Seiten
€ 49,99
ISBN 978-3-8365-4796-3
(Deutsch, Englisch, Französisch)
Siegmar
18. Dezember 2014 at 09:15sicherlich sind da ein paar nette Bilder dabei, trotzdem denke das muss man nicht unbedingt besitzen.