Milan Fashion Week

Best-Of-Milan – Etro Menswear Autumn-Winter 2014

Wie man Karostoffe aller Arten handwerklich einwandfrei verarbeitet, das unter anderem konnte man bei Etro minutenlang sehen … da stimmte an Anzügen, Westen und Mänteln jeder Rapport und das von allen Seiten und an jeder Stelle. Derlei Handwerk ist teuer und schwer zu kopieren. Und dahin dürfte die High-Fashion für Männer auch in Zukunft gehen.
Da passte es bestens, dass Etro seine echten „Tapferen Schneiderlein“, als Werbung für Etro nach Maß, in der Schau mit Work in Progress an Models paradieren ließ. Sehr charmant, frisch und einprägsam. So kann man die Konkurrenz und vor allem die Imitatoren gleich an die Außengrenze der mit Schneiderkreide, Stecknadeln und Heftfäden gut abgesteckten Claims verweisen. Und zugleich war das ganz wunderbare Werbung dafür, was Italien weit abseits von allen Skandalen an Meisterhandwerk zu bieten hat …
Aber Etro bleibt auch ansonsten Etro und gibt sich heiter dem (diesmal gelblastigen) Farbenrausch hin. Zwar dominiert auf der Höhe der Zeit das Luxusmarkenmarketing bei vielen Kollegen, nur bei den Mailändern hat man das Gefühl, da wird nach wie vor in einem soliden Familienbetrieb, dem Schneiderhandwerk gehuldigt … und dazwischen nach passenden Stoffen gesucht und an den Entwürfen gefeilt.
Wer mag, guckt die Show, mit meinem bisherigen Lieblingsfinale … man braucht die Creative Directors als Innovatoren und für die PR, aber auch High-Fashion ist das Ergebnis von Teamarbeit.

ETRO Menswear Autumn-Winter 2014

Man sieht, Kean Etro hält die Zügel wohl in der Hand, aber so, dass sich die Heinzelmännchen hinter den Kulissen im Dienste der Marke voll entfalten können. Für mich, eine sehr kluge Entscheidung, gerade jetzt, da Italien nicht gerade das problemfreie Boomland ist, sich als Marke mit dieser umfassenden „Leistungsschau“ von der stärksten Seite zu zeigen.

Von Kopf bis Fuß auf Karos eingestellt. Bis auf Glencheck war alles dabei. Sogar Vichykarowollstoffe in Braun und Offwhite konnte man sehen. Oft mit Krawatten und Westen aus demselben Stoff. Nur eben für die Krawatte schräg zugeschnitten. Man muss sich schon gerne sehr modisch und großstädtisch aufgelegt zeigen, wenn man das in Gelb, Rost, Burgunderrot und so weiter untertags in Berlin, Hamburg, Frankfurt und München, tragen will. Obwohl – für einen kurzen, auch vollkommen durchkarierten Moment musste ich an die Anzüge des Herrn von Eden denken …
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Die Silhouetten, sehr eng, insbesondere die Hosen werden wohl in den Etro Maisons mit etwas weiteren Beinweiten hängen … aber für die Show wirkte das so, als hätte man die blonden Adonisse in ihre Beinkleider buchstäblich hinein genäht. Die typischen Paisleys gibt es im kommenden Winter fast nur in Spurenelementen. Zum Beispiel an langen Schals, kariert und mit Paisleys … und an einem Mantel in Purple und Schwarz …

Die Farben oszillieren zwischen Safrangelb über die Gewürzfarbpalette bis hin zu den Etro-Brauntönen, ohne die den Mailändern wohl etwas fehlen würde. Aus dem modischen Blickwinklel betrachtet, wirkt das dominierende Gelb wie eine wohl überlegte Mutprobe, mit der man dem Markt, den Verbrauchern, Lust auf besondere Farben und etwas Allure machen will. Mausgrau gekleidete Männer gibt es ohnehin schon genug. Und dafür ist dann aus Italien auch eher Kollege Giorgio Armani zuständig. Bei Etro tobt die pure Lebenslust, der Hang, sich modisch und ganz männlich Selbstbewusst zu zeigen. Kein Label, für die neue Bescheidenheit und deren Renaissance, alle paar Jahre.

Unter den Anzügen, Jacken und Mänteln nach Maß, gibt es viel nadelgestreiftes und Samt. Auch mal festlich aufgerüstet mit Kummerbund. Alles sitzt knapp und an der richtigen Stelle, dafür sorgen die tapferen Meisterschneider, die ihre Werke am Runway begleiteten. Mit Schere und Maßband. Ich mag diese Idee … und die Kollektion. Mode ist Vielfalt und gerade dieser Bereich der distinguierten Herrenmode, mit diesen Hauch von Mailänder Anzugträger-Dandytum, braucht ordentlich fröhliche Farbe, augenzwinkernden Charme aus Bella Italia und modische Attitude …

Was sagt ihr dazu, liebe LeserInnen … wie wäre es im kommenden Winter mit Safrangelb und das in kariert – bis hin zu der Doktortasche?

  • peter
    17. Januar 2014 at 11:27

    Ich liebe es das die Handwerker mit auf dem runway sind-denn ohne sie gäbe es das alles gar nicht!!!Total tolle Idee!Auch die Maßband Applikationen.Die Kollektion ist typisch Etro aber nicht mehr so total Patch das gefällt mir auch!

  • Kat
    17. Januar 2014 at 12:25

    Die Idee mag ich auch. Zuerst dachte ich das gehört so 😉

  • Siegmar
    17. Januar 2014 at 12:28

    Wunderbar und sehr Etro, ich gebe zu, das ich nicht alles tragen würde, sind aber schon viele schöne Teile dabei. Der Mantel und Anzug auf dem 5 Bild links v.oben, nehme ich sofort.

  • vk
    17. Januar 2014 at 19:51

    diese taped suits sind grossartig. – son ding will ich haben, aber plain yellow ohne masseinheiten.
    auch diese real people sehen einfach wunderbar aus. – gravitas. – degradieren die kleiderstaender zu dem, was sie sind.

  • monsieur_didier
    17. Januar 2014 at 20:02

    …die Idee mit den Handwerkern ist toll, sehr gelungen…
    die Anzüge haben größtenteils fantastische Muster, aber die Hosen sind für meinen Geschmack fast alle zu eng…
    aber das kann man ja ändern, nehm ich an 😉