Männermode

Best Company Designer Olmes Carretti

Manchmal verschütten Dinge einfach im Kopf und es reicht ein kleiner Funke und alles ist wieder da. Eine ganze Welt tut sich dann vor einem auf – nicht nur das man sich dann wieder erinnert, sondern man dringt ganz tief in diese Welt ein und plötzlich wird einem klar, warum man das mal so geliebt hat.
Die Macher des Magazins Fairy Tale und Kreateure des Labels Vier5, Achim Reichert und Marco Fiedler, haben ein Buch herausgebracht, das man einfach haben muss: „Best Company Designer Olmes Carretti Perfect Definition of Fox“.
Wer ist Olmes Caretti und was ist Best Company fragten mich viele, die das Buch sahen. Allerdings weniger die Jungs die so um die fünfundvierzig sind, denn die bekamen sofort leuchtende Augen und meinten „Best Company, Liberto Jeans, Timberland Boots und gestreiftes Hemd“ – genau das war der Look, wie man die göttlichen Sweatshirts, die Sweatshirts der 80er Jahre und beginnenden 90er überhaupt, trug.

Das Sweatshirt ist ja eigentlich ein ur-amerikanisches Kleidungsstück und kam nach dem zweiten Weltkrieg durch GI’s nach Europa. Aufdrucke von amerikanischen Universitäten oder Baseball-Mannschaften zierten sie in der Regel.
In den 70ern und Anfang der 80er mit dem Beginn der Jogging- und Aerobic-Welle begannen sie sich dann mehr zu verbreiten – als Sportkleidung und mit dem erscheinen des Labels Polo Ralph Lauren sah man die ersten dann auch an Jungs, die der Popper Bewegung angehörten.

Die Männermode war noch stark dominiert durch Formal-Wear und in den meisten Herrenmode-Geschäften war das Angebot an sogenannter Freizeit-Bekleidung noch verschwindend klein.
Mit der Welle der italienischen Herrenmode kamen die ersten Kollektionen wie C.P.Company, Brooksfield, Stone Island, Henry Cotton’s oder Fiorucci zu uns und kleine, sogenannte „junge“ Sportswear Ecken hielten Einzug in die Läden.
Heute kaum mehr vorstellbar, wo wir eine Gesellschaft von fast nur noch Sportswear-Trägern, schlimmsten Falls Trekking- und Outdoor-Bekleidung sind.
Jeans waren so gut wie tabu in sämtlichen Berufen, Turnschuhe und ähnliches undenkbar. Erst langsam begann sich die Mode in Richtung Crossover zu verändern. Vor allem auch durch das Aufkommen der italienischen Labels in den 80ern begann frischerer Wind in die Männer-Kleiderschränke zu wehen.

Zu der Zeit arbeitete ich für einen großen deutschen Herrenausstatter und wir machten uns auf den Weg nach Italien, um Firmen für eine neue jüngere Zielgruppe zu suchen, die nicht mehr so konventionell gekleidet sein wollte.
Schuhe von Sperry Top Sider, runter rutschende Boot Socks, College Schuhe, die ersten Jacken einer englischen Traditions-Firma, die völlig vergessen war und Barbour hieß und Fiorucci T-Shirts mit Engeln drauf, wurden genau so gekauft wie mit Plüsch-Pelz gefütterte Jeansjacken einer kleinen aufkommenden Jeansmarke namens Diesel.
Die Firmen waren im Gegensatz zu heute alle winzig klein und hatten erst, wenn es hoch kam, eine Hand voll deutscher Kunden.

Das auffälligste aber war ein kleiner Stand auf der Pitti Uomo in Florenz, der Sweatshirts anbot, wie man sie noch nie gesehen hatte. Von einer begnadeten Qualität mit akribisch ausgearbeiteten Stickereien, Drucken und Dessins, die von unglaublicher Handwerklichkeit und Phantasie zeugten. Der Tatsache zum Trotz, dass es sich um ein amerikanisches Kleidungsstück handelte, wirkten sie wie so ungeheuer italienisch. Die Firma hieß „Best Company“ weil der Designer die beste Näherei und die besten Materialien so lange suchte, bis er sie gefunden hatte, wie auch der Kreateur Olmes Carretti.

Wie bei Christo und Jean Claude war es undenkbar, dass beides getrennt war. Auf jedem Label stand ‚Best Company Designer Olmes Carretti‘. Hunderte Grafiken (damals alles ohne Computer) erstellte er pro Saison, entwickelte eine komplett eigene Handschrift und es gab nichts vergleichbares.
Olmes Carretti war auf eine angenehme Art besessen und kaum waren die ersten unglaublich teuren Sweatshirts geliefert und neuartig in Stapeln auf Tischen präsentiert, geschah das Unglaubliche.
Die Männer und Jungs rissen sich, Lichtjahre vor Abercrombie & Fitch oder ähnlichen Phänomen um die bei unglaublichen 280 Mark beginnenden Sweater. Olmes Carrettis Designs verkauften sich aber nicht nur wie warme Semmeln, sondern zu einer Art Statussymbol avanciert, wurden sie auch gestohlen wie doll. Man musste eben ein Best Company Sweatshirt haben.
Carretti löste dadurch auch eine Bewegung im gehobenen Massenmarkt aus und Boss und Marc O’Polo zogen mit emblematischen Sweatshirts nach, um den großen Markt zu befriedigen. Carretti entwickelte seine Shirts fast zu einer Wissenschaft. So hatte jede Kollektion exklusiv entwickelte Thematiken bei den Dessins wie „Best Definition of Fox“ auf dem mit Zitaten aus dem Lexikon und typographischen Elementen gespielt wurde, oder es wurden auch total phantasievolle Crossover geschaffen wie „Best Company Nile Calcutta & Bombay Nile Cairo“-Druck und -Stickerei wurden gemischt.

Caretti erschuf eine total eigene Welt & Graphik und seine Produkte waren, obwohl das totale Gegenteil davon, wie Haute Couture – von der Qualität des Jerseys, der Drucke und der aufwendigen Stickerei. Noch heute sind, wenn erhalten, die Teile wie neu und wenn man sie Vintage erwirbt, praktisch in keiner Weise angegriffen.

Vier5 hat ein umfangreiches Archiv der Sweatshirts und zeigt in dem Buch nicht nur eine umfangreiche Sammlung der begehrlichen Objekte, sondern auch die Entwicklung der Designs, die Entstehung der Kampagnen und interviewt Designer Olmes Carretti, der für die beiden seine unglaublichen Bestände an Designs und Entwürfen geöffnet hat.
Das Buch öffnet eine Welt, die über die Leidenschaft eines Europäers berichtet, der es ´sogar schaffte, „Eulen nach Athen“ zu tragen und unglaublich erfolgreich in Amerika Sweatshirts mit europäischen Kulturwurzeln in das Ausgangsland des Shirts zu exportieren.
Schnell wird einem dabei das Phänomen klar und ich finde es ist allerhöchste Zeit für ein Comeback, denn genau die Qualität, Kultur und Akribie fehlt bei vielen anderen Labels. Dreimal dürft ihr raten, was ich gerade trage – Streifenhemd und Best Company Sweatshirt – Best Company Designer Olmes Carretti.

Das Buch „Best Company Designer Olmes Carretti“ ist bei Passenger Books unter der ISBN:978-3-940215-00-0 erschienen und auch über Amazon bestellbar.

  • Volker
    15. Oktober 2012 at 11:40

    Ich hoffe das die Ärmel etwas anderes geschnitten sind 🙂

  • Siegmar
    15. Oktober 2012 at 15:32

    ganz wunderbar, hatte ich wirklich verdrängt und natürlich war “ Best Company “ der Renner

  • thomas
    15. Oktober 2012 at 15:40

    Ich kann mich noch gut an die Sweater erinnern. Bei einem Revival bin ich dabei 🙂

  • jürgen
    15. Oktober 2012 at 23:02

    meines war senfgelb und auf dem dorf bei mir wusste keiner was das schon wieder sollte 😉

  • FT
    16. Oktober 2012 at 00:43

    danke peter!

    super text!

    was hab ich gespart auf mein erstes sweatshirt.
    im übrigen mit einem fuchs und dem spruch:
    „perfect definition of fox“.

    grüsse aus besancon!

    marco
    ;*)

  • Horst
    17. Oktober 2012 at 00:06

    ich gestehe: ich kannte Best Company bisher nicht. Marc O’Polo und Hugo Boss waren meine Labels. Und natürlich benetton und die Günstigvariante von Jean Pascale 😀

  • Horstson » Blog Archiv » Die Woche auf Horstson
    21. Oktober 2012 at 11:36

    […] die Highlight der vergangenen Woche auf Horstson: 1) Am Montag ging es in Peter’s Cuttings um das wunderbare 80er Jahre-Label Best Company und dessen Designer Olmes Carretti. 2) Einen Blick in Peters Reisetasche konnte man am Donnerstag erhaschen. Ich bin gespannt wie sein […]

  • Ladi Dadi
    26. November 2013 at 14:38

    Ohhh jaaa,
    Habe selber ne Sammlung von 64 BC`s
    Werde sie immer behalten.