(Dior Haute-Couture-Kollektion Herbst-Winter 2022-2023 © Laure Sciacovelli)
2016 wurde Maria Grazia Chiuri zur Kreativdirektorin von Dior ernannt – als erste Frau an der Spitze der französischen Luxusmarke und erstmals alleinverantwortlich für Kollektionen, nach jahrelanger Zusammenarbeit mit Pierpaolo Piccioli bei Valentino.
Das Kunststück, sich in ein Haus einzuarbeiten, deren Begründer schon vor der eigenen Geburt gestorben war, ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Dann noch ein Erbe wie das des Hauses Dior anzutreten, bedeutet nicht nur den Stil des Hauses weiter fortzusetzen und zu verjüngen, sondern auch kontinuierlich weiterzuentwickeln und eine eigene Handschrift einzubringen. Und genau das hat Maria Grazia Chiuri, leise und mit absoluter Beharrlichkeit, geschaffen, wie sie in der Haute-Couture-Kollektion von Dior für Herbst-Winter 2022-2023 wieder bewiesen hat.
Hommage an den Baum des Lebens
Haute Couture eine Art Symbiose, der nicht einfach von einem Designer entworfen wird und dann von den Schneiderinnen umgesetzt wird. Vielmehr ist es das Zusammenspiel von Ateliers, Handwerkern, den Zulieferern wie Stickern, Webern, Kürschnern, Hutmachern, Blumen- und Knopfherstellern, dem Couturier und der Inspiration.
Der Baum des Lebens steht im Mittelpunkt des Werks der ukrainischen Künstlerin Olesia Trofymenko und ist der Ausgangspunkt für die Dior Haute-Couture-Kollektion Herbst-Winter 2022-2023. Malerei und Stickerei verleihen diesem Bild, das ein Symbol für verschiedene Kulturen und Mythologien widerspiegeln soll, eine emotionale Aufladung.
Der Baum des Lebens ist ein Symbol der kosmischen Ordnung. Er verbindet alle Formen der Schöpfung; er trägt den Himmel und verbindet ihn durch seine Äste und Wurzeln mit der Erde. Das Werk von Olesia Trofymenko steht im Einklang mit stilistischen Codes, die von vielen Ländern geteilt werden. Maria Grazia Chiuri betrachtet die Mode durch den Filter der Kunst und zitiert das Gebiet der Tradition, die, genau wie die Haute Couture auch, gleichermaßen beständig als auch revolutionär erscheinen.
Zitat an den New Look von Christian Dior
Maria Grazia Chiuri hat mit der Haute-Couture-Kollektion Herbst-Winter 2022-2023 eine Key-Collection geschaffen. Die Kleider sind mit Flechtwerk aus bronzefarbener und schwarzer Spitze und Guipure (mit viel Fantasie eine Art Klöppelspitze, die auf das Grundgewebe gestickt und später „weggeätzt“ wird) verziert. Seidenchiffon wurde für die langen Kleider gewählt, die den Linien des Körpers in einem Zusammenspiel von Smokings folgen. Die Materialien interpretieren die Silhouette des New Look der legendären „La Ligne Corolle“-Kollektion des Firmengründers neu: Die Bar-Jacke zeichnet sich durch vertikal gesmokte Stoffe aus und der Rock ist durch Bänder neu strukturiert.
Handgewebte Stoffe zeigen unregelmäßige Texturen in Kleidungsstücken, die ganz ohne Saum gearbeitet wurden und dadurch laissez-faire wirken und die die für eine aktuelle Haute-Couture-Kollektion notwendige Leichtigkeit in die ansonsten schwer anmutenden Entwürfe bringt.
paule
6. Juli 2022 at 11:50„…deren Begründer schon vor der eigenen Geburt gestorben war…“
Für diesen Satz gibt es einen Sprachpreis!
Hannes
6. Juli 2022 at 14:26Wer ist willens, zehntausende von Euros für diesen konsequenten Albtraum in Neonbeige zu bezahlen? Das ist „Unsere kleine Farm“ trifft klinische Depression. Die Zeiten mögen schwierig sein, aber nicht hoffnungslos.