Die Pariser Modewoche ist in vollem Gange. Wer sich für Stil interessiert und nicht nur für schnelle Trends, kommt an Hermès nicht vorbei. Deshalb haben viele Kreationen des Hauses nicht nur Klassikerpotenzial, sondern bilden auch, wenn man so will, eine Bank des guten Geschmackes.
Im Lycée Victor-Duruy, nahe dem Invalidendom am Boulevard des Invalides, zeigt die Designerin Nadège Vanhee-Cybulski am kommenden Samstag, 03. März um 18 Uhr ihre Damen-Prêt-à-Porter-Kollektion für Herbst/Winter 2018/2019.
Wir bei Horstson sitzen auch dieses Mal in der ersten Reihe und streamen die Show live.
peterkempe
(Prada Herbst/Winter 2018/19; Bild: Courtesy of Prada)
Futurismus im Cyberzeitalter und die Wurzeln von Miuccia Prada im Feminismus – das bringt ihre Herbst/Winter-Kollektion 2018/19 auf den Punkt. Unter dem Titel „Nocturne“, das so etwas wie Abendständchen bedeutet, fand an spektakulärer Location die Schau in dem fast fertiggestellten Turm statt, der das Ende des von OMA in Mailand entworfenen Fondazione Prada-Komplexes bildet. Als neue architektonische Referenz bietet der Turm einen einzigartigen Blick auf die Skyline der Stadt. Mailand liegt quasi der Fondazione Prada zu Füßen …
Das Dekor der Schau ging genau darauf ein und das von AMO entworfene Setting bestand aus einer einfachen geometrischen Anordnung von Tribünen – ausgerichtet auf das Zentrum von Mailand. Das Defilee davor sollte einen Dialog zwischen Mode, Architektur und Stadt schaffen. Der Runway wurde durch eine schwarze Kunstharzlackierung betont, die magisch in das Licht reflektiert und das nächtliche Panorama der Natur mit dem schwarzen Nachthimmel und den Lichtern der Großstadt aufnimmt.
(Jeu de petits chevaux; Foto: Courtesy of Hermès)
Schon immer gefiel mir diese gewisse Verspieltheit mit der Hermès – trotz größter Professionalität – agiert. Nicht nur bei Petit h gilt der Wahlspruch „Wenn ich einmal groß bin, möchte ich mir meine Kindheit bewahren“. Das Unternehmen arbeitet grundsätzlich mit viel Fantasie und denkt um die Ecke.
2018 steht bei Hermès ganz im Zeichen des Spiels und des Träumens. Was dazu natürlich unerlässlich ist, sind die Spiele unserer Kindheit, die bei den Hermès natürlich in hochwertigen Materialien und in bester Handwerkstradition ausgeführt werden.
(Bild: Edouard Caupeil)
Véronique Nichanian verantwortet seit drei Jahrzehnten die Hermès-Herrenkollektionen. Wer bei ihr den schnelllebigen Trend sucht oder den Hunger auf „wir erfinden die Männermode neu“-Inspirationen stillen möchte, ist bei ihr an der falschen Adresse. Sie prägte das, was man den „Hermès-Stil in der Herrenmode“ nennt. Dieser Stil ist ein Mix aus eleganter Sportlichkeit, gepaart mit dem untrüglichen Gespür für Materialluxus. Nichanian versteht es gekonnt, Purismus und Klassik zu einer zeitlosen Garderobe zu mischen und jedes Hermès-Kleidungsstück zu einem geliebten Dauerbrenner im Kleiderschrank werden zu lassen. Dazu arbeitet sie gern auf der Basis einer ruhigen Farbpalette, gewürzt mit den Schmuckfarben ihrer nordafrikanischen Wurzeln. Effekte erreicht Véronique Nichanian meist über die Materialien und die Raffinesse, wie sie nur die Hermès-Ateliers beherrschen. Wenn sie auf Gadgets setzt, dann doch auf die, die auf humorvolle Weise mit den Codes des Hauses spielen.
Alessandro Michele bleibt auch bei der Gucci-Pre-Fall-Kollektion der Devise treu, dass das, was man liebt, auch zusammenpasst. Neben zahllosen Zitaten aus der Modegeschichte und dem munteren Vermischen aller eklektischen Epochen lässt er immer seine eigenen Helden einfließen. So begab sich für das Lookbook der Fotograf Peter Schlesinger mit den Models an verschiedene Locations in Rom, an denen Micheles Lieblingsregisseur, Dario Argento, seine Horrorfilme in den Siebziger Jahren gedreht hat. Für alle, die ihn nicht kennen: Dario Argento ist ein italienischer Filmregisseur und Drehbuchautor. Er gilt als einer der prägenden Schöpfer des italienischen Giallo und hat den modernen Horror- und Slasherfilm stark beeinflusst.
(Bild: Olivier Saillant)
Wenn man über den Place de la Concorde fährt und über die Seine schaut, blickt man auf eines der stolzesten und imposantesten Gebäude von Paris: dem „Grand Palais“, auf dem die Trikolore wie ein Manifest und Hommage an Frankreich weht. Ursprünglich gebaut wurde das Gebäude zur Weltausstellung 1900 als Pendant zu dem bereits 1889 errichteten Petit Palais.
Das Leben der Pariser ist eng mit dem Grand Palais verknüpft – im Winter gibt es dort eine Eisbahn, im Sommer das italienische Filmfestival und viele Messen, von der Paris Photo bis zur Biennale des Antiquaires, finden dort statt. Doch mit einem Namen ist das Gebäude seit 2005 besonders eng verknüpft: Unter der Kuppel finden seit 13 Jahren die Modenschauen von Karl Lagerfeld für das Haus Chanel statt.
(La Quincaillerie de Hermès; Bild: Alex Profit)
Der große Hermès-Laden in der Rue de Sèvres gleicht mit den Produkten aus den 14 Metiers einem kleinen, sehr feinen Kaufhaus. Doch jetzt wurde gleichzeitig eine Quincaillerie daraus, was, ins Deutsche übersetzt, ein Haushaltswaren- oder Eisenwarengeschäft beschreibt.
Der vordere Teil des Hermès-Geschäfts ist seit einigen Jahren meiner persönlichen Lieblingsabteilung vorbehalten, dem „petit h“. Der kleine Bruder von Hermès, das „petit h“, ist etwas, das über grenzenloser Fantasie verfügt und so eine Art ‚Insel mit eigenen Gesetzen‘ innerhalb des Traditionssattlers ist. Ganz nebenbei ist das „petit h“ sicherlich auch eine der luxuriösesten Recyclingmaßnahmen der Welt.
Gegründet wurde „petit h“ 2010 von Pascale Mussard, die aus der Hermès-Familie stammt und seit 1978 maßgeblich das Design und die Kreationen des Hauses mitgestaltet.
(Le Grand Bal Dior; Bild: Adrien Dirand)
Mitten in der Stadt, nur einen Steinwurf entfernt vom Invalidedom, liegt das Palais des Musée Rodin an der Rue de Varenne. Seit einigen Jahren werden hier die Haute-Couture-Kollektionen des Hauses Dior in einem eigens dafür gebauten Pavillon gezeigt. Dior nutzt stets nach der Haute-Couture-Präsentation im Januar diese Location, um dort Kunden, Journalisten und Freunde des Hauses zu einem glanzvollen Fest einzuladen. Dieser Ball ist stets einer der Höhepunkte der Haute-Couture-Woche und wird gleichzeitig zum gesellschaftlichen Ereignis in Paris.
(Chanel Haute Couture Spring 2018; Foto: Courtesy of Chanel)
Man spürte am letzten Dienstag beim Betreten des Grand Palais sofort, dass man in Frankreich ist. Ein sogenanntes Boskett, ein französischer Garten, streng symmetrisch nach dem großen Gartenarchitekten des 18. Jahrhunderts André Le Nôtre angelegt, mit Springbrunnen, grünen Pergolen und Staketen, an denen Rosen, Jasmin und Efeu emporranken: Karl Lagerfeld wählte das Setting bewusst aus. Die Haute Couture von Chanel kommt eben aus den Ateliers der Rue Cambon und hat etwas sehr pariserisches und ist urfranzösisch, wie er selbst sagte. Außerdem betonte Lagerfeld, dass durch den neuen Präsidenten – Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte – das Land eine neue Stimmung und einen völlig frischen Wind bekommt, der auch deutlich in der Stadt der Haute Couture spürbar ist.
(Foto: Adrien Dirand)
‚Forever Young‘ nennt der Dior-Homme-Designer Kris Van Assche seine in Paris im Grand Palais gezeigte Kollektion für die nächste Herbst/Winter-Saison. Doch eigentlich steckt viel mehr dahinter – das Konzept, feine Schneiderkunst der Dior-Ateliers mit Streetwear zu durchsetzen, ergibt eine der reizvollsten Kollektionen, die während der Pariser Menswear Fashionweek gezeigt wurden. Die rasante Evolution von sartorialer Schneiderkunst, wie sie in den Ateliers von Dior Homme in der Rue Marignan betrieben wird, und der Streetwear, die immer mehr auch in die klassische Menswear reinspielt, interpretiert Kris Van Assche natürlich mit Könnerschaft, denn, das fast abgedroschene Statement ‚Forever Young‘ wird bei ihm nicht zum lächerlichen Jugendwahn mit Rockstar Attitude, sondern verbindet die klassischen Dior-Codes mit Raverkultur und Streetwear Elementen.