Blomquist berichtete mir vor einigen Tagen von einer Beobachtung, die er in Mailand machte. Ein unscheinbarer Van hielt unweit der Via Mecenate und es stieg einer dieser zahllosen Influencer aus. Dieser „Beeinflusser“, der im eigentlichen Sinne für seinen natürlichen und authentischen Style „gefeiert“ wird, wurde von einem Stylisten, einem Make-up-Artisten und einer hektisch telefonierenden Frau zurechtgemacht. Im Anschluss konnte er dann so tun, als ob es für ihn das Normalste auf der Welt sei, in einem Outfit im Gegenwert eines Kleinwagens über die Straßen von Mailand zu schlendern und ganz zufällig zur Gucci-Schau einzukehren. Soweit, so unverständlich. Nicht nur, dass das Wort „Influencer“ falsch gewählt ist, da kein Magic Fox oder keine Nina Suess die Mode nachhaltig beeinflussen. Vielmehr spiegeln sie, ausgestattet durch Klamotten von Labels und Onlineshops, das wieder, was allgemein als ‚angesagt‘ gilt. Einen eigenen Style? Nein. Eine eigene Message? Wenn man von „a simple but always a good look“ absieht, findet sich da nicht viel, was Rückschlüsse mit einer Auseinandersetzung mit Mode zulässt.
Da erscheint es fast paradox, dass in einer Zeit, in der eben solche Influencer von Labels hofiert werden, die Illustration ein ganz großartiges Comeback feiert. Kaum ein Magazin oder Label, dass auf die Zeichnungen von Kera Till, Bendix Bauer und Co. verzichten mag. Vielleicht ist es aber auch die logische Konsequenz, denn auf allzu geleckte „simple but always a good“-Looks, wirken Illustrationen fast schon wie ein Befreiungsschlag. Statt lässigem Katalogmodelblick, liefern Zeichnungen schon seit jeher einen Blick auf die Mode, in den Humor und die Subjektivität des Illustratoren einfließen. Einen Anspruch auf Richtigkeit, wie es Influencer oft haben, gibt es bei Illustrationen eben nicht. Vielmehr liegt der Reiz in der Übertreibung auf der einen und Reduzierung auf das Wesentliche auf der anderen Seite.
Einem der ganz großen Vertreter der Illustratorenzunft war Antonio Lopez. Seine Ausbildung machte der US-Amerikaner am renommierten Fashion Institute of Technologie in New York, wurde aber schon während des Studiums vom damaligen Herausgeber der Women’s Wear Daily, John Fairchild, abgeworben. Es dauerte nicht lange, bis die New York Times Illustrationen von Antonio Lopez veröffentlichte – seine Karriere begann und Antonio Lopez zog nach Paris, wo er mit allen Großen ihrer Zeit arbeitete und einen Lebensstil pflegte, den man heute als ausschweifend bezeichnet. Karl Lagerfeld, Pierre Bergé, Jacques de Bascher Yves Saint Laurent, Grace Jones, Jerry Hall – man umgab sich gerne mit Antonio Lopez, dem das Kunststück gelang, die sich immer verändernde Branche in seinen Illustrationen einzufangen.
Antonio Lopez starb 1987 in Los Angeles an den Folgen der Immunschwächekrankheit Aids. Er wurde 44 Jahre alt.
Der Regisseur James Crump hat sich lange Zeit mit Antonio Lopez beschäftigt und bringt nun – ein genaues Datum steht leider noch nicht fest – mit „Antonio Lopez 1970: Sex, Fashion & Disco“ eine Dokumentation heraus, die sicher nicht nur für Fans des Illustratoren spannend ist.
Zu Wort kommen natürlich auch einige Weggefährten von Antonio Lopez, über den Jessica Lange einmal sagte: „Ich war absolut verrückt nach ihm!“
PeterKempe
6. März 2017 at 21:15Die Originale und die Kataloge, die Antonio Lopez für Missoni und Yves Saint Laurent illustrierte gehören zu den bestgehüteten Schätzen meiner Sammlung! Er war großartig und der Stil von ihm hat mich nachhaltig geprägt! Wunderbarer Artikel!
vk
7. März 2017 at 15:41schoen, auch mal etwas aus dem fruehwerk zu sehen