Meinung

Academy in der Krise?

THE OSCARS ® – The 89th Oscars ® broadcasts live on Oscar ® SUNDAY, FEBRUARY 26, 2017, on the ABC Television Network. (ABC/Adam Rose); Used under: CC BY-ND 2.0

OK, wir sind spät dran – aber man muss ja erst mal (fast) alles angucken …
Den Verdacht, einige der Oscars könnten eventuell aus Gründen der Vermeidung von heftigem Gegenwind der Streiter für maximale Diversity, gegen Cultural Appropriation, für das Empowerment von People Of Color und für die Rechte von Menschen mit Handicaps an die ausgezeichneten Akteure vergeben worden seien, hatte ich bereits während der Verleihung.
Mich erinnerten diese reflexhaften Kniefälle vor Will Smith als Person Of Color, vor den Akteuren des Filmes Coda leider nur daran, dass heute im Bereich von Kultur und Unterhaltung anscheinend jegliche Agitationen und Entscheidungen nach Maßgabe der erwünschten Außendarstellung als nicht diskriminierende, auf maximale Diversity achtende Organisation getroffen werden. Angst essen Seele auf! Da wäre ich gerne die Maus im Haus gewesen, als die Academy im Beisein vieler juristischer Berater über die Gewinner entschied.

KING RICHARD – Official Trailer

Da kann es schon mal passieren, dass der tatsächlich beste Hauptdarsteller, Benedict Cumberbatch, in The Power Of The Dog, infolge der falschen Hautfarbe Platz machen muss.

THE POWER OF THE DOG Trailer Deutsch German (2021)

Klar kann man einwenden, Will Smith Performance als King Richard sei auch gut gewesen, aber bei weitem nicht so gut wie damals als Smith Muhammed Ali spielte und auch keinesfalls so preiswürdig, wie das, was Cumberbatch in The Power Of The Dog abgeliefert hat. Für mich eine der besten, wenn nicht die beste Performance eines Schauspielers in einem Film dieses Genres.
An dieser Stelle geht es mir aber nicht um billige Vergeltung für das unterirdische Verhalten Will Smiths und seiner Frau. Der Mann tut mir leid. Seine Frau würde ich weder als Schauspielerin noch als Celebrity vermissen.
Großartig, dass Sean Penn schon vor den Oscars als den „obszönsten Moment in der Geschichte Hollywoods“ (Carolin Ströbele, ZEIT online) bezeichnete, sollte die Academy Wolodymyr Selenskyj nicht live ins Dolby Theatre schalten … den obszönsten Moment durften wir dann miterleben – plus Will Smith. Möglicherweise ist er ja tatsächlich scientologisch verstrahlt, kann nichts für seine derangierte Verfassung, braucht irgendwie Hilfe.
Zurück zur Academy: Ehrlich gesagt fand ich die mitnominierten männlichen Nebendarsteller etwas besser als Troy Kotsur, aber angesichts der Tatsache, dass der Mann durch seinen Oscar als Schauspieler im Haifischteich Hollywoods künftig ein leichteres Leben haben wird, ist das absolut OK. Ein Hauch von Humanismus steht den Academy Awards gut zu Gesichte. Ich fand Marlee Matlin schon in ihrer mit einem Oscar prämierten Rolle in „Children Of A Lesser God“ (mit dem leider verstorbenen William Hurt) besser.

CODA | Doctor Appointment

Dass man dem Team von Coda, das für drei Oscars nominiert war, dann auch den Oscar für den besten Film zugesprochen und überreicht hat, mutet angesichts der großartigen Filme Belfast und The Power Of The Dog, geradezu lächerlich an. Ich konnte noch nicht alle für den besten Film nominierten Filme sehen, das ändert aber nichts daran, dass Coda nicht mehr als ein nettes Filmchen ist; weshalb man die Auszeichnung für das beste adaptierte Drehbuch nicht weiter kommentieren muss.

BELFAST Trailer German Deutsch (2022)

Sicher ist alles auch Geschmackssache, aber sind die Zeiten, da die Oscars die Exzellenz des Handwerks der jeweiligen Kategorie widerspiegelten endgültig vorbei? Als durchschaubares „Schmierentheater“ der Selbstdarstellung brauche ich die Academy Awards nicht mehr!
Mögen die gewundenen Entscheidungswege Drehbuchautoren, Produzenten und Regisseure nicht dazu zwingen, die Plots und Figuren ihrer Filme immer häufiger danach auszurichten, wer das nächste Mal aus Gründen der maximalen Correctness dran sein muss, den Award zu gewinnen. Mögen wie im Sport immer die Besten gewinnen.
Zu guter Letzt liegen mir noch folgende Feststellungen am Herzen: Mila Kunis hat den Academy Awards das Gesicht gewahrt. Jim Carrey gab den für mich treffendsten Kommentar zum Malheur im Programm und der Publikumsreaktion ab (… We’re Not The Cool Club Anymore …) und Ursula von der Leyen weiß besser als der Kanzler, was sich gehört. Dafür Applaus!

Mila Kunis Introduces Reba McEntire For Emotional Performance As Oscars Stand With Ukraine

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Gastautor: Eva Parke