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ARTE Fashion Weekend: Neues vom Kleidermarkt

(Jean-Charles de Castelbajac „Verliere nie das Kind in dir!“; © M Barthout; Foto: ARTE France)

Es gab eine Zeit im deutschen TV, da müssen die Programmchefs entweder extrem wahnsinnig oder extrem mutig gewesen sein; vermutlich war es eine Mischung von beidem. „Neues vom Kleidermarkt“ war der Name einer Sendung der ARD, die heute niemals die Chance hätte, einen Sendeplatz zu bekommen – zu nischig, zu intellektuell und viel zu wenig Bling-bling.
Die NDR-Sendung „Neues vom Kleidermarkt“ war im Grunde genommen simpel gestrickt: Antonia Hilke moderierte sach- und fachgerecht in Schluppenbluse an einem Schreibtisch in einer Art, die an eine Lehrerin erinnerte und schreckte selbst vor Themen, die heute allenfalls in Wirtschaftssendungen ihren Platz finden, nicht zurück. Das erinnerte wenig an den vermeintlichen Glamour, der heute in Berichten (von ‚Sendung‘ mag man gar nicht mehr sprechen) immer dann vorkommt, wenn es um Modenschauen geht.

Antonia Hilke zeichnete in Echtzeit zwischen den abgefilmten und anfangs – mangels Einladung zum Defilee – nachgestellten Modenschauen, die gesehenen Silhouetten der Kollektion und es hatte etwas Beruhigendes, ihr dabei zuzusehen.
1990 lief das letzte Mal „Neus vom Kleidermarkt“ über die Mattscheibe. Danach kam nichts, außer vielleicht Nachrichten, dass Meghan Markles Hochzeitskleid von Givenchy stammt, Gigi Hadid eine Jacke von Miu Miu trägt oder Heidi Klum eine Beziehung zu Tom Kaulitz eingegangen ist. Boulevard eben. Warum tut sich eigentlich kein Sender, sich diesem Thema regelmäßig in einer eigenen Sendung zu widmen?

Einzige Ausnahme – zwar keine einzelne Sendung, dafür aber ein ganzes Wochenende – liefert das ARTE Fashion Weekend, wobei „Weekend“ eigentlich falsch ist: Am 28. und 30. September widmet sich der europäische Kultursender der Mode in einem Programmschwerpunkt. Am 29. September liegt der Fokus leider nicht auf der Mode. Highlights gibt es trotzdem.

„Der Stil Balmain“ von Loïc Prigent zum Beispiel. Die Dokumentation zeigt, wie der Chefdesigner Olivier Rousteing, 33 Jahre alt, die Grundsätze des Stils des Hauses Balmain immer wieder neu interpretiert. Im Anschluss folgt „Jean-Charles de Castelbajac – Verliere nie das Kind in dir“.
Am Sonntag nimmt dann der französische Regisseur Loïc Prigent in „British Style“ die britische Kultur und Modewelt genau unter die Lupe. Anhand von Archivaufnahmen aus den 1950er-Jahren bis heute veranschaulicht Prigent, was England so reizvoll und einzigartig macht.
Zurück nach Paris geht es zu Christian Dior. Die Dokumentation „Die Zeichnungen des Christian Dior“ lässt ehemalige Mitarbeiter, Freunde, Modehistoriker, aber auch Schneiderinnen zu Wort kommen, die heute für ihn arbeiten.

Das Datum der Ausstrahlung ist mir etwas unverständlich, aber unbedingt sehenswert ist die Doku „Eine andere Mode ist möglich“. Warum diese Doku, die sich den Alternativen zur Fast Fashion widmet, nicht im Rahmen des ARTE Fashion Weekends gezeigt wird, sondern schon am 14.09.2018 gezeigt, erschließt sich mir nicht. In der Mediathek ist sie aber schon abrufbar und unbedingt sehenswert: Wann hört man sonst Li Edelkoort „Weil es einfach scheiße ist“ sagen? Und soviel vorweg: Die Trendforscherin hat absolut recht.