Kultur

Tutus und Windmühlen

(Staatsballett Berlin „Don Quixote“ © Fernando Marcos)

Erstes Gespräch des Abends auf meinem Nachbarsitz: „Du, das ist doch falsch geschrieben hier überall. Den Don Quixote schreibt man doch mit J.“ Daher schaffe ich jegliche Unklarheiten über die Schreibweise gleich mal aus der Welt. Wie man Don Quixote nämlich schreibt, hängt tatsächlich vom Sprachraum ab. Während man ihn im spanischen Raum also „Don Quijote“ schreibt, ist in Frankreich von „Don Quichotte“ die Rede und in russischer Umschrift wiederum von „Don Kichot“. Im Deutschen wie ihr seht, fügen wir einfach das wundervolle „x“ ein. Gegen Windmühlen kämpft er aber überall, da ist man sich einig.
Don Quixote ist übrigens die allgemeinsprachliche Bezeichnung für den Roman „El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha“ von Miguel de Cervantes und eben auch der Name des Hauptdarstellers. Don Quixote soll unter anderem Ritterromane parodieren und auch vor Augen führen, wie deren übermäßige Lektüre den Verstand raubt. Aber genug von den Hintergründen.

Staatsballett Berlin „Don Quixote“ © Fernando Marcos

Das von Victor Ullate inszenierte Stück an der Deutschen Oper in Berlin geht geschlagene drei Stunden (mit zwei Pausen) und man fragt sich am Anfang Dinge wie: Drei Stunden lang gegen Windmühlen kämpfen? Wie soll man das durchhalten? Aber weit gefehlt. Zum Glück gibt es nämlich Figuren wie Kitri (Iana Salenko), Camacho (an diesem Tag getanzt von Lucio Vidal, sonst von Federico Spallitta) oder auch die grandios getanzte Mercedes (Elisa Carrillo Cabrera) und viele andere Persönlichkeiten, die diese dreistündige Inszenierung mit zahlreichen Irrungen und Wirrungen zu einem ereignisreichen Abend machen. Überraschend an der Darstellung von Don Quixote (Rishat Yulbarisov) selbst ist, dass er so gesehen gar nicht klassisch tanzt wie die anderen Darsteller. Vielmehr stolpert und tänzelt er grazil tollpatschig von Szene zu Szene. Etwas, dass für einen professionellen Tänzer mit Sicherheit eine große Herausforderung darstellt.

Staatsballett Berlin „Don Quixote“ © Fernando Marcos

Kostüme und Bühnenbild stammen in diesem Fall beide von Roberta Guidi di Bagno. Diese inszenierte bereits viele Stücke an der Mailänder Scala und anderen internationalen Häusern. Das Flair Spaniens, die Traumsequenzen Don Quixotes, aber auch das rauschende Fest am Schluss inszeniert sie opulent ohne dabei in das Kitschige zu rutschen. Die Windmühlenthematik allerdings hätte etwas klarer und ausgefeilter dargestellt werden können.

Das einzige größere Manko an der Inszenierung zeigt sich im Verständnis der Story. Diese und das muss man leider sagen, ist ohne Programm tatsächlich schwer zu verstehen. Dass Don Quixote das Wirtshaus auf dem Marktplatz im ersten Akt zum Beispiel für ein Schloss und Kitri für seine fiktive (auch das geht aus dem Prolog nicht so richtig eindeutig hervor) Geliebte hält, versteht man leider ohne Nachlesen nicht. Natürlich sollte, könnte, darf man sich vorher mit der Geschichte beschäftigen. Dennoch sollte das Stück die Geschichte auch für nicht vorinformierte Besucher darstellen.

Natürlich ist das wahrscheinlich den Darstellungsmöglichkeiten geschuldet und nicht alles kann eindeutig transportiert werden. Außerdem bleibt natürlich die Frage, inwiefern die Story in diesem Stück wichtig für die Aufnahme des Werkes und der tänzerischen Leistungen an sich ist. In meinen Augen ist sie das nicht zwangsläufig, denn letztendlich fügt sich in dieser Inszenierung alles zu einem Gesamtpaket zusammen, was es sich durchaus zu besuchen lohnt.

Termine:

So 22. April 2018, 18.00 Uhr

Fr 27. April 2018, 19.30 Uhr

Fr 04. Mai 2018, 19.30 Uhr

Sa 02. Juni 2018, 19.30 Uhr

So 17. Juni 2018, 19.30 Uhr

Mo 02. Juli 2018, 19.30 Uhr

  • Siegmar
    26. März 2018 at 15:12

    Sehr klasse, begeisterungswürdig

  • Peterkempe
    26. März 2018 at 16:23

    Super toll! Danke Jan!

  • Tim
    27. März 2018 at 15:11

    Sehr schön, aber nicht meins