Gardone am Lago di Garda und die letzten Jahre des Gabriele D’Annunzio sind eng mit einander verbunden. Nach seinem gescheiterten und mehr als zweifelhaften Abenteuer in Fiume und dem Versuch, als italienischer Nationalheld im Rang eines Garibaldis in die italienische Geschichte einzugehen, setzte sich Gabriele D’Annunzio Ende 1920 in einer Villa bei Gardone Riviera an der Westküste des Gardasees zur „Ruhe“. Stets getrieben von seinem Hang nach Unsterblichkeit, Ansehen und Anerkennung baute D’Annunzio das Anwesen zusammen mit dem Architekten Giancarlo Maroni bis zu seinem letzten Lebensjahr 1938 zu einem Gesamtkunstwerk aus und um.
Als Kind des Fin de Siècle wollte Gabriele immer alles und sofort. Mit Anfang 20 entschied er sich, sein Leben fortan als Dandy und Freund der Frauen zu führen. Mit Talent und einem ausgeprägten Bewusstsein zur Selbstdarstellung ausgestattet, avancierte D’Annunzio Ende der 1880er Jahre zum Liebling der Nobilitá Roms und heiratete mit Maria Hardouin di Gallese ein ‚gute Partie‘.
Neben den Eintritt zur Hocharistokratie, schenkte Maria ihm rasch drei Kinder. Die Liebe verging aber fast so schnell wie die Kinder kamen und Gabriele wandte sich anderen Damen zu. Mit Eleonore Duse – seiner großen Liebe – fand er für fünf Jahre eine Vertraute, Muse und Heldin einiger seiner literarischen Werke.
Beflügelt von der Liebe, des sich einstellenden literarischen und wirtschaftlichen Erfolgs, engagierte sich Gabriele D’Annunzio in der italienischen Unabhängigkeitsbewegung von der österreichischen k.u.k. Monarchie. Mit einem in Italien bis heute legendären Flug über Wien 1918 und dem Abwurf von Flugblättern über der Hofburg setzte er sich selbst früh ein Denkmal. Als Kriegsheld gefeiert, war er nun auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. 1921 erwarb er die anfangs gemietete Villa und machte sich daran, das Anwesen zu seinem Vermächtnis an das italienische Volk auszubauen. Die sogenannte ‚Prioria‘ fungierte als sein Hauptwohnsitz auf dem Gelände. Überbordend ausgestattet, mit mancherlei Nippes, vielen Devotionalien seiner Karriere und Kunstschätzen, avancierte die Villa zu seinem Arkadien. Seine an ‚Völlerei‘ verstorbene Riesenschildkröte ließ D’Annunzio in Bronze gießen und platzierte sie als Tischaufsatz und Mahnung für einen maßvollen Genuß am Ende seiner Tafel.
Bald zu klein für seine zahlreichen Interessen und Gäste wurde das Projekt ‚Il Vittoriale degli italiani‘, dem Siegerdenkmal der Italiener, in Angriff genommen. Stets knapp bei Kasse vermachte Gabriele D’Annunzio das Anwesen 1923 dem ‚italienischen Volk‘ und sicherte somit den Fortbestand seines ‚größten‘ Werks. 1924 und 1925 trafen nacheinander sein Flugzeug aus dem Wienabenteuer, ein Torpedoboot und das Vorschiff des Kreuzers ‚Puglia‘ auf den Hügeln über Gardone Riviera ein. Alles fand seinen Platz auf dem Gelände. Zu einem in dem Neubau ‚Eroe‘ ganz im Stil des italienischen Art déco – heute ein Kriegsmuseum mit Flaggen- und Uniformentwürfen aus der unmittelbaren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg – oder in dem aufgebauten halben Kreuzer La Puglia der heute als Aussichtsplattform und Monolith im üppigen norditalienischen Garten herausragt.
Mehrfach um angrenzende Grundstücke erweitert, umfasst die heutige Anlage ein Gelände von neun Hektar. Neben einem Amphitheater mit einem sagenhaften Blick auf die Bucht von Salò die Isola del Garda und das Ostufer des Gardasees befindet sich auch ein Renaissance-, ein verwunschener Naturgarten mit kleinen Wasserläufen und -fällen, sowie das Mausoleum D’Annunzio’s im Stil etruskischer-römischer Grabstätten auf dem Gelände. Die Stiftung ‚Il Vittoriale‘ lädt jedes Jahr zu zahlreichen Konzerten ins Amphitheater, sowie zeitgenössische Künstler ein, um sich auf den Gelände mit ihren Kunstwerken und Installationen zu präsentieren.
Mondän gelegen am Westufer des Lago di Gardas zieht das ‚Il Vittoriale degli italiani‘ jedes Jahr 300.000 Besucher an. Wechselnde Ausstellungen auch in Zusammenarbeit mit dem ‚Il MuSa‘ in Salò ist ein Ausflug an die Riviera des Gardasees immer eine Reise wert.
Weitere Informationen finden sich hier:
www.ilvittoriale.it
www.muesodisalo.it
Der Gastbeitrag wurde von Harald Stoppelkamp verfasst – wir danken ganz herzlich für die Eindrücke!
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thomas
18. Juli 2017 at 14:31Ganz wunderbar geschrieben! Danke Harald
PeterKempe
18. Juli 2017 at 16:46Schoener Bericht und ein Museum wo wir noch nicht waren aber durch dich inspiriert es garantiert auf die Italien Liste kommt! Super geschrieben und wunderschön .
HappyFace313
18. Juli 2017 at 21:24🙂 Toller Bericht!
Und eine schöne Idee für einen kommenden Garda Besuch.
Liebe Grüße 🙂