(Bild: © 2015 Andree Weissert & Mia Grau)
Wenn ich zurückdenke, welchen Stellenwert in meinem bisherigen Leben Atomkraftwerke hatten, kommt mir sofort eins in den Sinn: Man war schon immer dagegen. Überhaupt war man, so zumindest mein Eindruck als Kind, gegen alles und eine gesellschaftliche Opposition gehörte zum guten Ton. Es waren halt die Siebziger, die mich geprägt haben. Erschwerend kam hinzu, dass ich in einem SPD-geprägtem Elternhaus aufwuchs und selbst auf meiner Kiste, in dem ich mein Spielzeug mit Playmobil verstaute, klebte eine Anti-AKW-Sonne. Die Botschaft dahinter verstand ich natürlich nicht, wenngleich dieses Symbol bis heute etwas sehr freundliches für mich hat: eine lachende Sonne, eine Frage, ein freundliches „Nein danke“ – wem wird da nicht warm ums Herz? Da könnten sich sämtliche „FCK NZS“-Aufkleber eine Scheibe von abschneiden.
„Gundremmingen“; Bild: © 2015 Andree Weissert & Mia Grau
Die Bundesregierung entschied sich 2011, alle Atomkraftwerke bis Ende 2022 abzuschalten – ein guter Plan. Schuld am Umdenken war allerdings weniger die freundliche Sonne, sondern eine Reihe schwerer Störfälle: Die nukleare Katastrophe im japanischen Fukushima machte vor fünf Jahren deutlich, dass es unabsehbare Restrisiken gibt. Was dann in Brokdorf, Krümmel und 17 weiteren Orten in Deutschland stehenbleibt, sind Denkmäler des Irrtums.
„Biblis“; Bild: © 2015 Andree Weissert & Mia Grau
Die Silhouetten der Atomkraftwerke prägen allerdings noch weiter die Landschaft und damit, zumindest bis die Finanzierung des Rückbaus geklärt ist, unser Heimatbild und bleiben bis dahin Relikte des Fortschritts und Zeichen einer Zeitenwende.
Die Autorin & Regisseurin Mia Grau und der Architekt & Gestalter Andree Weissert brachte das auf die Idee: Wandteller stehen für Heimat, Idylle, Nostalgie, für Windmühlen in Delfter Blau. Was Windmühlen früher waren, sind Atomkraftwerke heute: Energiebauwerke. Wenn die Atomkraftwerke irgendwann aus unseren Landschaften verschwunden sind, werden uns die Atomteller weiter an das erinnern, was für die nächsten 17 Millionen Jahren bleibt: der strahlende Müll.
Bild: © 2015 Andree Weissert & Mia Grau
Schon in ihrer jugendlichen Karriere als Elbseglerin bediente sich Mia Grau der Atomkraftwerken Stade, Brunsbüttel und Brokdorf als Navigationsmarken. Andree Weissert hingegen stellte sich, während er im Brunsbütteler Erlebnisbad seine Kindheit verplanschte, die Frage, wie sich ein so kleiner Ort, ein so großes Schwimmbecken leisten könne. Die Verkehrung üblicher Betrachtungsweisen ist es auch heute, welche Grau und Weissert sich zu Nutze machen, um dem atomaren Wahnsinn zu begegnen. Dabei stellen sie fest, wie schön die Landschaften sind, in denen die Atomkraftwerke liegen. Sie wundern sich darüber, wie viele Menschen – sie selbst eingeschlossen – heimatliche Gefühle mit den Reaktoren verknüpfen, die ihren Elternhäusern am nächsten liegen.
Bild: © 2015 Andree Weissert & Mia Grau
Hilfe bei der Entwicklung der Atomteller fanden Grau und Weissert bei der Porzellanmalerin Heike Tropisch, die ihr Handwerk bei der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) erlernte.
Hergestellt werden die Atomteller übrigens in einem Bundesland ganz ohne Atomkraftwerke: in Thüringen bei der Porzellanmanufaktur Reichenbach.
Siegmar
12. Dezember 2016 at 15:58irgendwie gut, aber “ haben wollen “ eher nicht
vk
13. Dezember 2016 at 12:15nette geschenke fuer kunstsinnige menschen. zu sehr moderatem preis.
PeterKempe
13. Dezember 2016 at 21:54Super! Find ich mega toll!
Die Woche auf Horstson – KW 50/2016 | Horstson
18. Dezember 2016 at 12:11[…] die 19 deutsche Atomkraftwerke als Landschaftsbild zeigen, präsentiert Atomteller eine Reflexion über Heimat, Fortschritt und Wahrnehmung. 3) Wie wär’s mit einem neuen Fahrrad? Wir haben mit VanMoof-Gründer Taco Carlier […]