(Foto: Fernando Marcos)
Es ist bei Ballett-Reviews schwer, als „Laie“ große Reden darüber zu schwingen, wie professionell etwas getanzt oder wie originalgetreu das Stück war. Was man jedoch bisher in den Medien über den Intendanten Nacho Duato lesen konnte, war alles andere als positiv. Die Feuilletonisten rümpften die Nase. Das Niveau sei heruntergegangen, er kenne sich nicht mit klassischem Tanz aus. Und das waren noch mit die freundlichsten Dinge. Diese Art von Diskussionen überlassen wir jedoch lieber den Leuten, die sich damit auskennen. Wir bewerten hier wie immer rein nach Unterhaltungswert und darum soll es ja letztendlich auch gehen, denn sein wir ehrlich: Was bringt ein noch so toll ausgefeiltes Tanzbein, wenn Klamotte und Bühne hässlich oder einfallslos ist.
Foto: Fernando Marcos
Vor Vorstellungsbeginn stellt eine Stimme vor, was uns grob erwartet. Dabei wird sie von drei Puppen begleitet, die von in schwarz gekleideten Männern geführt werden. Als sich der Vorhang hebt, beginnt das Stück am Heiligabend 1918 und Jérome Kaplan, verantwortlich für Bühne und Kostüm, wartet sogleich mit einer Kulisse auf, die ihresgleichen sucht. Das Wohnzimmer, in dem die Kinder ihre Geschenke auspacken und herumtollen und Clara (Maria Eichwald) letztendlich ihren Nussknacker bekommt, ist opulent und zugleich warm und modern. Die Details, die Geschenke, die hinreißenden Kostüme der 1920er Jahre, der meterhohe Weihnachtsbaum und die getanzte Ausgelassenheit eines Weihnachtsabends: Die Stimmung ist sofort da. Auf die an russischen Bühnen üblichen opulenten Kostüme verzichtete Duato u.a. übrigens auch zu Gunsten der Tänzer.
„(…)die Eleganz langer Seidenkleider für die Tänzerinnen, also die Länge der Röcke, und der männliche Smoking erlauben mir größere Freiheit und Erfindungsreichtum für die Kreation der Schrittmaterials als die Krinolinen und schweren Herrenkostüme des 19. Jahrhunderts.(…)“
Doch es sind eben nicht nur die Kostüme, welche diese Inszenierung moderner machen. Passagen wie die Schlacht zwischen dem Mäusekönig (Federico Spallitta) und dem Nussknacker (Marian Walter) mit seinem Gefolge werden hier sehr fantasievoll und kostümtechnisch ebenfalls einfallsreich mit viel Energie und fast schon artistisch dargestellt. Auch die zentralen Motive der zweiten Hälfte, wie der spanische, russische oder der chinesische Tanz sowie der Blumenwalzer werden mit einem teilweise sehr minimalistischen, aber eindrucksvollen Bühnenbau unterlegt. Zuletzt sind es aber natürlich vor allem die Tänzer, die an diesem Abend und natürlich auch den folgenden dafür sorgen, dass der Nussknacker jung und alt für knapp zwei Stunden in eine Fantasiewelt einlädt, in der man gern noch etwas länger verweilen würde.
Foto: Fernando Marcos
Den Spielplan der kommenden Aufführungen des „Nussknacker“ findet ihr hier:
staatsballett-berlin.de/de/spielplan/der-nussknacker-2/11-11-2016/418
Infos zum Ensemble gibt es hier:
staatsballett-berlin.de/de/ensemble/alle