© MARTIN SCHOELLER, KIM HARRIS, 2003
Von wegen Effekthascherei – Maximale Fotogrößen in der Kunst? Für uns, bildgesättigte Konsumenten des digitalen Zeitalters, kein Hindernis bisweilen völlig alltäglich! Mutti würde jetzt sagen: „Das war nicht immer so“, ermahnend den Kopf schwenken und auf verschiedene klassische Printverfahren verweisen. In einem nächsten Schritt würde sie Beispiele unterschiedlicher Künstler runterrattern, die ihre Arbeiten größentechnisch bis in Epochale ausreizen.
Ausreizen klingt erst einmal schrecklich unprätentiös und wenig inspirierend, um auf eine bevorstehende Ausstellung (am 27. Juni 2015 geht’s los) in der Berliner CWC GALLERY aufmerksam zu machen. Passt in diesem Fall jedoch, denn im Gegensatz zur Malerei bestimmt in der Photokunst seit Jahrzehnten die technische Entwicklung das großmögliche Format, welches geprintet und anschließend ausgestellt wird. So weit so gut, kommen wir zum eigentlichen Titel …
© CHRISTIAN TAGLIAVINI, 1503; RITRATTO DI SIGNORA IN VERDE, 2010
»Breaking the Boundaries«, am Beispiel überdimensionaler Photoformate. Seit der Erfindung der Photographie vor über 175 Jahren stellt das Medium viele Künstler vor die Herausforderung, ihre Werke in einem bevorzugt großen Format zu präsentieren. Ob Daguerreotypien, Photogramme, Kleinbildformate, Polaroids, Silber Gelatine Prints oder Archival Pigment Prints – die CWC nimmt sich der Crux, die in Zeiten von Hightech-Druckern für das Eigenheim beinahe vergessen scheinen, an und zeigt dabei überwiegend Arbeiten aus der Sammlung der CAMERA WORK AG.
© NIKOLAI MAKAROV, NUDE
Die eigenkuratierte Ausstellung umfasst mehr als 30 großformatige Werke von Künstlern wie Gilbert & George, Alex Katz, Robert Longo, Herb Ritts, Steve Schapiro, Martin Schoeller und Christian Tagliavini. Das sind jedoch längst nicht alle, anbei dezentes Namedropping, bei dem mir schon jetzt das Wasser im Mund zusammenläuft: Anderson & Low, Tina Berning & Michelangelo Di Battista, Frank Bauer, Peter H. Fürst, Steven Klein, Udo Lefin, Nikolai Makarov, Ralph Mecke, Robert Polidori, Blaise Reutersward, Terry Rodgers, Lukas Roth, Yoram Roth, Hiroshi Sugimoto.
© ROBERT POLIDORI, AMMAN #5, VIEW FROM CITADEL, (JABAL AL QAL’A), AMMAN, JORDAN 1996
Gerade bei Arbeiten von Alex Katz und Steven Klein wackeln mir vor Freude die Ohren, bin gespannt, welche Werke ausgestellt werden. Das große Format lässt sich exemplarisch auch an Arbeiten von Anderson & Low veranschaulichen: So wird »National Danish Gymnastic Team #1« erst durch das lebensgroße Format zu einer beeindruckenden Körper- und Bewegungsstudie und das Unikat »Amman #5« von Robert Polidori bedarf eines Formats von 180×226 cm, um die außergewöhnliche Schärfe des Bildes aufzuzeigen und das Geflecht an Häusern zu einem ästhetischen Konstrukt werden zu lassen.
© HERB RITTS, MASK (STEPHANIE SEYMOUR), HOLLYWOOD, 1989
Auch die Aufnahme »Mask« vom Modefotografen Herb Ritts (1952-2002) entwickelt erst durch das, für einen Silber Gelatine Print zur damaligen Zeit fast größtmögliche Format von 147×127 cm, eine zweite Ebene hinter dem ungewöhnlichen Porträt von Supermodel Stephanie Seymour, wodurch sich der Betrachter in einer Kommunikation mit dem Werk ohne ein größenbedingtes Machtgefälle wiederfindet. Genug der vermeintlichen Analyse, hin zu einem Fauxpas, den ich mir vor ein paar Sätzen geleistet habe:
Alex Katz – Der US-amerikanische Maler ist doch eigentlich für seine überlebensgroßen Porträts bekannt und keinesfalls in einem Atemzug mit Steven Klein zu nennen (tut mir Leid Steve, ihr arbeitet in unterschiedlichen Feldern und so muss ich betonen, dass ich hier hauptsächlich Mr. Katz meinen Tribut zolle und er daher ganz für sich alleine stehen sollte)? Genau! Neben dem Hauptaugenmerk Photokunst sind nämlich auch ausgewählte großformatige Gemälde ausgestellt.
© STEVE SCHAPIRO, “TAXI DRIVER”; DE NIRO TAXI DRIVER CONTACT SHEET, NEW YORK, 1975
Den Ausstellungsunterlagen nach, dienen sie als Referenz zu den photographischen Werken, um die Wirkungskraft übergroßer Formate zwischen den Kunstgattungen aufzuzeigen. An alle Fans von Mr. Katz, ich nenne ihn ab sofort nur noch so, und Liebhaber der Photographie: Auf in die CWC GALLERY nach Berlin, die Gruppenausstellung ist vom 27. Juni bis 5. September 2015 geöffnet. Ich bin gespannt wie sie euch gefällt und zähle bis zur Eröffnung den Final Countdown!
»Breaking the Boundaries«
Gruppenausstellung vom 27. Juni bis 5. September 2015
CWC GALLERY · Auguststraße 11–13 · 10117 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag – Samstag · 11–19 Uhr
Siegmar
5. Juni 2015 at 11:19Danke für den Tip, eingetragen im Kalender. 🙂
Monsieur_Didier
5. Juni 2015 at 14:59…ja wunderbar, die ist auch in meinen Terminkalender eingetragen…
auch wenn ich nicht weiß, ob ich mir jedes Großformat an die Wand hängen würde, aber einen Gursky als „normale“ Größe???
…unvorstellbar…
…früher fand ich großformatige Fotoarbeiten immer zu massiv und zu vordergründig, aber Menschen die so riesige Abzüge von so dominanten Werken an der Wand haben, die haben meist eine Halle oder eine eigene Sammlung 😉
…riesige Fotoformate endeckte ich über bzw. durch Gursky und Tillmans…
ich freu mich auf die Ausstellung 🙂
Horst
8. Juni 2015 at 12:06Dann werde ich mal die Fashion Week für einen Besuch nutzen 🙂
Tillmans ist natürlich großartig und seine Zeit in HH unvergessen …