Fragt man heute Designer wie Vivienne Westwood, Marc Jacobs oder John Galliano, oder Künstler wie Boy George, wer sie nachhaltig beeinflusst hat, wird mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ein Name fallen: Leigh Bowery.
Bowery (1961–1994) war auf den ersten Blick nur ein weiterer schrillbunte Star der Londoner Clubszene der 1980er-Jahre, ein Performer, der vor keinen Tabus und keinem Trash haltmachte. Doch auf den zweiten Blick offenbarte sich ein warmherziger Mann, der noch heute zu den größten Inspirationsquellen der vergangenen Jahrzehnte zählt.
Die Kunsthistorikerin Angela Stief legt mit „Leigh Bowery – Verwandlungskünstler“ die weltweit erste umfassende Monografie zu Bowery vor, in der verschiedene Aspekte seines Schaffens von Spezialisten aus unterschiedlichen Disziplinen untersucht werden. So gibt es Beiträge von Angela Stief, Martin Gayford, Thomas Mießgang, Katharina Sykora, Gertrud Lehnert, Sue Tilley und Anne Marsh – also allesamt Menschen, die in irgendeiner Verbindung zu Bowery standen, oder sich sonst einen Namen als Fachmann gemacht haben. Ich weiß nicht, ob es das wirklich braucht, um sich solch einem Mann zu nähern. Ich habe hingegen zwei Menschen, die Bowery sehr nahestanden, nach einem kurzen, aber persönlichen Statement gefragt: Amanda Lepore und James St. James.
Ich erinnere mich noch daran, als ich gemeinsam mit Leigh bei der Joan Rivers Show war. Er war so nervös: Bevor er auf die Bühne gekommen ist, hat er unglaublich gezittert und beinahe hyperventiliert. Ich fand das Ganze höchst sonderbar, dabei war er sonst so ein extrovertierter Mensch. In dem Moment, als er die Bühne betreten hatte, gehörte ihm die Show. Er war absolut brillant und man konnte nicht im entferntesten erahnen, dass er noch ein paar Minuten zuvor so aufgeregt gewesen ist.
Ich kann mich auch noch gut an einen gemeinsamen Morgen in Miami erinnern: nachdem wir die ganze Nacht durchgetanzt haben, sind wir zum Strand hinunter gegangen, um den Sonnenaufgang zu sehen. Plötzlich steuerte er mit nichts als einer Kürbismaske und Reifrock auf die Wellen zu – das war mit Abstand der beste Trip meines Lebens …James St. James
Leigh war für mich ein wahrgewordenes Kunstwerk – man konnte seinen Blick nicht von ihm lassen. Zudem war er auch noch unglaublich charmant: so beteuerte er bei jedem Treffen, dass ich mit der Zeit immer schöner werde …
Amanda Lepore
Den Auftritt in der Joan Rivers Show, wo neben Leigh Bowery, James St. James und Amanda Lepore auch Michael Alig und Ernie Glam zu Wort kommen, habe ich Euch rausgesucht. Ein schönes Zeitdokument, wie ich in vielerlei Hinsicht finde …
„Leigh Bowery – Verwandlungskünstler“
Angela Stief (HG)
328 Seiten
543 Abbildungen, davon 457 in Farbe
Hardcover mit Schutzumschlag
Format 21,5 x 27 cm
ISBN 978-3-905799-31-6
€ 48.50 (D) / € 49.90 (A)
SFr. 59,90 (UVP)
„Leigh Bowery – Verwandlungskünstler“ ist am 17. April im Piet Meyer Verlag erschienen.
Siegmar
22. April 2015 at 10:21ganz, ganz großartig Buch und der Joan Rivers Aussschnitt
Tim
22. April 2015 at 11:58Schöner Tipp und noch schönere Statements 🙂
Monsieur_Didier
22. April 2015 at 12:59…hab ich schon bestellt und warte leider seit Wochen darauf, weil die Erscheinung immer wieder verschoben wird…
jetzt soll es der Großhändler endlich am WE liefern…
es wird direkt aufgenommen in meine kleine Sammlung von Büchern über London und seine New Romantic Bewegung…
ich bin aufgeregt wie ein kleines Kind 😀
Monsieur_Didier
22. April 2015 at 13:00…und ich möchte ausserdem auf die wundervolle Doku von Charles Atlas über Leigh Bowery hinweisen…
unerreicht ergiebig…!!!
thomash
22. April 2015 at 14:44…und lucian freud hat sensationelle portraits von ihm gemalt. leicht zu bildergoogeln
Horst
23. April 2015 at 10:29@Monsieur von Charles Atlas ist doch auch Mrs Peanut, oder täusche ich mich da gerade?? 😀 Mrs Peanut könnte ich stundenlang gucken, hat was meditatives …
Monsieur_Didier
23. April 2015 at 14:33@ Herr Horscht: Mrs. Peanut ist ein Kostüm von/mit Leigh, welches Charles Atlas in New York gefilmt hat..
ich weiß nicht, ob ich das persönlich als meditativ empfinde, für mich ist es schreien komisch, ich könnte das aber auch in Heavy Rotation gucken…
ich widerspreche übrigens der oft getätigten Aussage, dass man Leigh Bowery ausserhalb Englands kaum kennt…
in Kunst- Stylisten- und Modekreisen ist er nach wie vor und überhaupt sehr bekannt und beliebt…
einer der Menschen, die unglaublich viel bewegt und auf die Schiene gesetzt haben…