Wenn man pure Eleganz neu definieren würde, käme man wohl kaum an der Winterkollektion 2014 von Veronique Nichanian für Hermès vorbei, die am vorletzten Samstag im Pariser Palais de Tokyo gezeigt wurde.
Dass es bei Hermès nicht um kurzfristige Trends geht, dürfte jedem Besucher der Schau klar sein, zumindest dann, wenn er den Namen des Familienunternehmens nicht nur kennt, sondern um dessen besondere Philosophie weiß … Bei Hermès werden Dinge eben (fast) für mehrere Generationen produziert und eigentlich möchte man sich, wenn man erst mal ein Stück erworben hat, nie wieder von ihm trennen …
Betrachtet man das Defilee im Video, das diesmal erstmals und neu für das Haus Hermès per Livestream auf Hermes.com gezeigt wurde, wird einem die Tiefe der Kollektion und des Konzeptes von Veronique Nichanian auf den ersten Blick gar nicht so bewusst. Die nächste Winterkollektion von Hermès ist eine Kollektion, die davon lebt, mit allen Sinnen erfasst zu werden. Schwerpunkt liegt, wie für das Haus typisch, auf der perfekten Verarbeitung von Leder der feinsten Qualitäten. Sicherlich das meist erwähnte Teil und in seiner Machart noch nie da gewesen: die Daunenjacke aus mattem Porosus Alligator, der durch spezielle Gerbtechniken so weich verarbeitet wurde, dass er mit Daunen gefüllt werden konnte und keine Bruchstellen aufweist. Ein Geheimnis, das die Handwerksmeister sicherlich auch so schnell niemanden verraten werden.
Die fragil abgestimmten Farben wurden erst beim Re-See am nächsten Tag im Showroom erkennbar, denn das, was schwarz wirkt, ist ein durchaus durchdachtes und fein abgestimmtes Farbspiel, was eleganter nicht sein könnte. Neben Schwarz, Anthrazit, Braun, Marine, Holz und Khaki, werden englisches Grün und Gletscher-Blau als zarte Kontraste kombiniert.
Die Mäntel – im letzten Winter zeigte Hermès schon nahezu perfekte Modelle – wurden verfeinert und bekommen eine weichere Silhouette und gehen etwas weg von der militärischen Strenge. Aufgeraute und gewaschene Wolle sowie Kaschmir machen sie zu modernen Mänteln, die aber gleichzeitig einen jahrelangen Stammplatz in den Kleiderschränken der Käufer erobern werden.
Die Schlichtheit ist bei Veronique Nichanian immer pur, aber voller Details, die sie fast versteckt und die sich erst beim Anprobieren und Tragen erschließen. So sind die Teddy-Blousons zum Beispiel beidseitig tragbar. Fliegerjacken, Multi Pocket Parkas und Pea Coats haben Phantom Lederdetails.
Dreiknopfeinreiher und zweireihige Anzüge sind von der Silhouette schmal und haben die typische ausgeklügelte „Hermès“-Schulter. Dazu Oversize Pullis, die natürlich hochgeschlossen und aus Kaschmir hergestellt worden sind. Weitere Highlights: Turtleneck Pullis, Cardigans, Raglan Pullover mit interessanten Details wie Ton sur Ton applizierten Spinnen.
Bei den überwiegend straight geschnittenen Hosen fallen Flat-Fronts oder angedeutete Bundfalten und als Novum die Jogginghose „deluxe“ mit Lederdetails oder Strickbund ins Auge. Aber wer jetzt an die gute alte Fat-Pants denkt, hat natürlich die Rechnung ohne Hermès gemacht, denn hier verbindet man die fast formelle Hose geschickt mit dem Esprit einer Jogginghose.
Die Hemden sind straight und mit strengem Kragen geschnitten oder als Rundshirt auf der Schulter geknöpft. Bei den Seidenhemden fallen die Plastron Details auf, die aber eher dezent und lediglich Anleihen aus der Garderobe der Jockeys sind.
Bei den Schuhen wird außer einer etwas erhöhten Keilstiefellette auf den klassischen breiten, vorne etwas abgerundeten Schnürschuh gesetzt. Der Hermès Mann der nächsten Saison setzt auch bei den Taschen auf Klassiker und die „Victoria“, eine der Taschen, die ursprünglich als kleiner Weekender geschaffen wurde, wird durch eine Art Metamorphose zum Großstadtbegleiter unserer Zeit und darf auch gerne mal in herrlich leuchtendem „Rouge Vif“ seine Signale aussenden.
Übrigens ist „Die Metamorphose“ auch das Hermès Jahresthema und genau, wie sich eine Raupe zum Schmetterling wandelt, erleben die einzelnen Stücke dieser starken und in sich sehr geschlossenen Kollektion sicherlich in immer wieder neuen Kombinationen verschiedenste Wirkungen. Die Ausstrahlung des Trägers wird unterstrichen und betont und die Materialien umhüllen die Persönlichkeit.
Materialien sind eh der Ausgangspunkt und dabei werden alle Raffinessen gezogen. Kompakter Kaschmir bei den Mänteln, ebenso wie Prince-of-Wales-Kaschmir, handgestrickte Pullover und leichte Flanelle, die kaum zu spüren sind. Handwerkstechniken, wie das Verbinden von Tuchen und Leder durch Filzen und einzelne Fäden in das Leder versticken, dass sich die Materialien verbinden, kann halt nur das Traditionshaus vom Faubourg Saint-Honoré.
Bei den Accessoires gibt es natürlich auch wunderschöne Tücher, für die das Haus ja bekannt ist: große, in „Dip Dye“ Technik überfärbte Vintage Seiden Carrés mit dem Motiv „Les ailes de la soie“ und die sind schon jetzt ganz oben auf der „Must have“ Liste.
Ein Männer Winter, der zum Entdecken einlädt – mit Materialien, die man nie mehr loslassen möchte …
Horst
27. Januar 2014 at 12:24Bei den Spinnen bin ich mir nicht so ganz sicher …
Der Rest ist natürlich super und die Tücher gefallen immer! 😀
Markus Brunner
27. Januar 2014 at 13:53da es sich bei hermens immer um investment pieces handelt brauche ich die spinnen nicht, der grau woll parker ist ein traumteil, und die wunderschön ausgeklügelten sakkos ebenso, sehr gelungen und qualitativ top of menswear
Siegmar
27. Januar 2014 at 17:18Der Parka ist toll, wie die meisten Teile von Hermes, aber wozu um alles in der Welt brauche jemand eine Jacke aus Leistenkrokodilleder (Porosus Alligator ), völlig überflüssig, sicherlich unglaublich teuer aber auch sehr fragwürdig.
Daisydora
29. Januar 2014 at 11:59Ich habe die ganze Kollektion mehrmals angeguckt und würde da neben den guten hier noch einige Teile zusätzlich finden … wie Peter das immer so schön erklärt: die sind halt für Männer, die sich schon selbst gefunden haben, Mode ohne Ablaufdatum wollen und über das nötige Kleingeld verfügen … 🙂