Paris Fashion Week

Christian Dior Haute Couture Winter 2012 – Die Zukunft der Couture hat begonnen

Zeitenwende im Hause von Christian Dior. Gestern wurde endlich die neue Herbst Winter Haute Couture Kollektion von Raf Simons gezeigt. Ähnlich ungeduldig erwartet wie damals, als Gianfranco Ferré Marc Bohan ablöste und die Premieren-Kollektion von John Galliano erschien, brodelte die Gerüchteküche kräftig im Vorfeld. Simons, ein begnadeter Prêt-à-Porter Designer, der für seinen Modernismus bekannt ist, scheute die Feuerprobe nicht, sich einer dreifachen Problematik auszusetzen: zum Einen sich an das ungeheuer anspruchsvolle Metier des Handwerks der Couture zu wagen, einem Klientel zu stellen, das sich, wenn es mehrere zehntausend Euro für ein Kleid oder Kostüm ausgibt, eher opulent und auf den ersten Blick erkennbar „couturig“ kleiden will und an ein Haus zu wagen, dessen Couture immer noch von den Grundelementen des 1957 gestorbenen Genies Christian Dior zehrt und deren Symboliken unverkennbar den Stil des Hauses symbolisieren.

Raf Simons war so schlau und hat nicht versucht das Rad neu zu erfinden, sondern im Gegenteil – er hat mit Bravour die Feuerprobe bestanden und eine fulminante Kollektion hingelegt, die alle drei Faktoren beinhaltet und den Grundstock für eine Couture Entwicklung gelegt, die Zukunftsweisend für diese Branche sein kann.

Für die Premiere hat man sich einen ganz besonderen Ort ausgesucht: Im ehemaligen Museum des legendären Sammlers Calouste Gulbenkian an der Avenue d’Iéna, einem Ort an dem noch nie ein Defilee stattgefunden hat und das einmalig dafür zur Verfügung stand hat Dior ein Dekor erschaffen, das zum Träumen einlud und unbeschreiblich traumhaft war.
Hier schuf Raf Simons schon die erste Hommage an den Begründer des Hauses Christian Dior, der Blumen liebte und in einem wunderschönen Garten in Granville aufgewachsen ist. Blumen waren die Glückssymbole von Christian und Maiglöckchen spielten nicht nur bei seinen Duftkreationen die Hauptrolle, sondern er verwendete Blüten und Blütenstickereien in fast jeder seinen Kollektionen. Seine berühmte Premieren-Kollektion der „New Look“ 1947 war nur so von amerikanischen Journalisten getauft worden – im Original hieß sie „La Ligne Corolle“ und war von den Kelchen der Blumen inspiriert worden.

Die verschiedenen Salons der Modenschau Location mit den klangvollen Namen wie Salon Dior, Salon Rouge oder Salon Blanc waren mit 1 Million Blüten über und über tapeziert, die von 80 Helfern in mühevoller Kleinstarbeit appliziert wurden. Schon dies auch eine Hommage an das Handwerk, ohne das die Couture gar nicht denkbar wäre. Das musikalische Dekor wird von Sound Genie Michel Gaubert, dem Altmeister der Podien gebildet, dass Make up und die Frisuren wurden von Tyen und Guido Palau gestaltet. Ein fulminantes und denkwürdiges Defilee beginnt.

Simons setzt gleich doppelten Akzent am Anfang, er inspiriert sich an dem berühmtesten Model Diors – dem Tailleur „Bar“ aus der ersten Kollektion und erschafft daraus eine ganze zeitgemäße 2012 Linie, wandelt es ohne es zu verwandeln und zeigt, dass er eine Couture Kundin will, die ihre Sachen trägt und die mit purer Silhouette, allein durch die Raffinesse der Materialien und der Details das Edel- Handwerk in der Zukunft eine Daseins-Berechtigung hat. Voilà – Dior 2012 – Adieu Kostümbälle und Frou Frou – auf in eine neue Zeit.

Jedes Modell beschreibt einen eigenständigen Typus Frau und sein Erfolg liegt darin, dass er wirklich an Dior gedacht hat, als er seine Entwürfe machte. Signalfarben wie das Dior-Rot oder Anspielungen an bestimmte legendäre Modelle wie das „Esther Modell “ aus der Kollektion von 1952, werden genau so zu neuen, hochmodernen Teilen wie die üppigen Degradé Stickereien, die eine ganze Kollektion 1955 prägten.
Simons versteht es, auf seine fast alltäglichen aber modernen Silhouetten, die unprätentiös und fast sportlich wirken, die Materialien und die Üppigkeit der Couture zu setzen und gerade dieser Gegensatz kreiert das unsagbar Neue und verblüffend Ehrliche. Es wird mit mehr Zurückhaltung aber gesundem Selbstbewusstsein agiert, ohne über das Ziel hinauszuschießen. Jedes Modell ist ein Symbol, ein Bekenntnis zum Vaterhaus, ein Augenzwinkern und eine Verneigung vor dem Handwerk. Opulenz verquickt sich mit Schlichtheit. Tradition mit Moderne und nichts ist aufgeregt.
Leise und voller Romantik und mit sehr viel heutiger Poesie halte ich die Herbst Winter Kollektion für ein klares Statement, dass Couture zukunftsfähig ist und kann nur sagen: Bravo Raf Simons! Sie geben Hoffnung auf das der Traum von Christian Dior weiter geträumt wird in einer überzeugenden, modernen und wunderschönen Form – Tausend Dank für diese moderne Revolution bei Christian Dior. Ein fulminanter Einstand, der Hoffnung auf viel zu Erwartendes macht und dem Handwerk der Couture eine strahlende Zukunft voraussagt. Couture für die Kundin von heute und morgen…

Bilder: Dior

  • thomas
    4. Juli 2012 at 09:10

    ich wage zu bezweifeln das die couture Kundin Brustwarzenpiercings mag. Ansonsten gute Arbeit und lesenswerter bericht

  • Paul
    4. Juli 2012 at 09:24

    Grundsätzlich finde ich die Sachen sehr gelungen!
    Aber der Diskussion um „gesunde Models“ wird es nicht förderlich sein wenn ich mir den Taillenumfang so mancher Damen anschaue…

  • Siegmar
    4. Juli 2012 at 11:34

    schöner Artikel über eine mehr als gelungene Premiere im Haus Dior

  • thomasH
    4. Juli 2012 at 13:00

    eine sternstunde deines schreiben, lieber peter. ob es noch jemanden auf der welt gibt, der aus dem stand weiß, daß der “new look“ so nur wegen der amerikanischen presse heißt? vielleicht irgendwo, aber wenn dann teilt der sein wissen nicht so großzügig mit.

  • thomasH
    4. Juli 2012 at 13:01

    mercis beaucoup

  • loewenherzblut
    4. Juli 2012 at 13:10

    Lieber Peter, ich könnte Dich küssen für diesen wunderbaren Artikel, der auch meinen Eindruck und Standpunkt zu dieser Kollektion auf den Punkt bringt. R-A-F-finiert!

  • Monsieur_Didier
    4. Juli 2012 at 13:56

    …diese Kollektion ist, wenn ich mir die Bilder anschaue, mehr als gelungen…
    ich verehre John Galliano sehr, finde ihn als Designer begnadet, aber was ich oben sehe hat Stil, Eleganz, Flair, veranlasst zum träumen und verwandelt Frauen ind menschgewordene Göttinnen…
    in meinen Augen eine mehr als gelungene erste Kollektion…
    ich bin wirklich sehr sehr begeistert und auch bewegt, ja, das kann man so schreiben…
    wenn ich eine Frau in so einem Model sehen würde, ich würde sie anschauen und bewundern…
    das hat Stil und Noblesse…

    DANKE, vielen vielen Dank Raf Simons…!
    (und vielen Dank für den GROßARTIGEN Artikel, werter Peter…!!! )

  • peter
    4. Juli 2012 at 14:40

    @loewenherzblut,didier,thomash

    rooooot werd……danke!!!!!!!

  • Renate
    5. Juli 2012 at 11:06

    Wandervoll lieber Peter, einfach wundervoll!