Gäbe es einen Designerkindergarten mit vielen Spielecken, dann wäre Raf Simons mit dieser Kollektion, in der nicht weniger als neunundzwanzig von dreiunddreißig Outfits kurze Hosen vorsehen, der Anführer der Rasselbande.
Draußen in der rauen Welt mit all dem Wettbewerb darf man gespannt sein, wie sich diese exaltierte Kollektion aus Spielhöschen verkauft. Wenn ich ehrlich bin, denke ich, dass er vielleicht nicht fertig geworden ist, oder, dass man bei Jil Sander ganz im Sinne der Kleiderbudgetentlastung bei den Fans denkt: Tragt bitte erst mal schön all die Anzüge und Mäntel auf, die ihr uns schon für viel Geld abgekauft habt…
Gäbe es da nicht neben selbst für mich viel zu viel Schwarz ein paar gute Farben wie Petrol und Flaschengrün und einige sehr hübsche Pullover aus melierter Wolle plus eine Schwarze Raulederjacke und Hose, ich könnte auf diese Kollektion gut und gerne verzichten. Das was da an den – qualvoll originell – hin zu einem Dorfdeppenlook frisierten Models zu sehen ist, wirkt bestenfalls gelangweilt-dekadent, und im Sinne der Tragbarkeit prätentiös und ganz sicher schwer verkäuflich. Klar finden sich auch für solche Selbstdarsteller-Looks immer Fans in den Großstädten, aber Männer mit Lust auf Mode und dem nötigen Kleingeld für Klamotten von Jil Sander verkleiden sich eher nicht als Mamas schlecht frisierter Liebling, oder?
Mir ist bewusst, dass meine Sicht auf diese Kollektion einem Sakrileg gleichkommt… ausnahmslos alle Akteure im Fashionbusiness finden Raf Simons hoch begabt und gut. Ich auch. Abe ich krähe auch nicht jeden Unsinn unisono mit, wenn mal eine Kollektion weniger gut gelungen ist. Und aus dieser Kollektion kann man sich vorläufig nur einige Highlights herauspicken und damit in eine gut beleuchtete Umkleidekabine verschwinden und sich dann zwei dreimal mehr vor dem großen Spiegel betrachten… Niemand braucht noch mehr aus dem Impuls heraus angeschaffte Fehlkäufe, knapp unter tausend oder weit über tausend Euro.
Und nun geht schön spielen Jungs, macht euch aber bitte nicht schmutzig und verliert die Body Bags bloß nicht, die mich leider auch an das erinnern, was mir meine Mutter um den Hals gehängt hat, bevor es in meinen Kindergarten ging….
Bilder: Style.com
Gérard Straebel
22. Juni 2011 at 18:16Dies ist unstrittig die gruseligste Jil-Sander-Kollektion, die Herr Simons bislang abgeliefert hat. Beim ersten Anblick am vergangenen Samstag dachte ich, ich bin im falschen Film und es sei ein Selbstzitat von Miuccia Prada. Aber die verging sich ja lieber an der Transkription von klassischen Dries-van-Noten- und Junya-Watanabes-Looks in ihre leicht schrullige Phantasiesprache.
blomquist
22. Juni 2011 at 21:45Die Kollektion ist ganz schlimm.
siegmarberlin
23. Juni 2011 at 11:02unfassbar, untragbar und die Brustbeutel-Zeit ist auch längst vorbei
Epi
29. Juni 2011 at 15:33Ich glaube auch, hier stimmt im Grunde gar nichts… Wie unheimlich.