(Kathedrale von Lecce; Bild: Antonio Maria Fantetti)
Chanel hat vor wenigen Tagen die Cruise Collection digital gezeigt, Gucci will sich auf zwei Präsentationen im Jahr beschränken, wenn es nach Dries Van Noten gehen würde, kann zukünftig ganz auf Zwischenkollektionen verzichtet werden und Saint Laurent spricht sich gänzlich vom Modekalender frei. Während die Modebranche (nicht nur) Corona-bedingt im Umbruch ist, hält Dior an den Plänen fest und zeigt die von Maria Grazia Chiuri entworfene Cruise 2021 in Lecce – allerdings ganz ohne Publikum.
Nun ist es natürlich illusorisch zu denken, dass ein Luxusunternehmen wie Dior kurzfristig eine Schau absagen und kurzerhand ins Internet verlegen kann. Verträge sind vereinbart, Geld wurde investiert und vielleicht ist die Liebe zum Handwerk und zu Italien sogar größer, als der Blick auf Zahlen – immerhin ist Maria Grazia Chiuri in Rom geboren und dem Land eng verbunden.
Die Designerin hat mit der Cruise 2021 das Ziel, das Handwerk Italiens und das Savoir-faire Frankreichs vereinen: Angefangen von der Kunst der Weberei bis hin zur schillernde Luminarie Architektur, von der Leidenschaft des Tanzes bis zur Kraft der rituellen Musik.
Da der Austausch zwischen Paris und Lecce schon vor der Corona-Krise und dem Lockdown begonnen hatte, war es für Dior scheinbar wichtig, die Zusammenarbeit fortzusetzen, um die Arbeit der Handwerker und Künstler zu unterstützen und zu fördern.
Die Region wird sich freuen – selbst wenn die Schauenbesucher nicht nach Lecce reisen. Oftmals ist denen die Goodie Bag und der Instagram-Post als Beweis, das man dabei gewesen ist, wichtiger als die Landschaft, die als Kulisse dient.
Wahrscheinlich ist das Phänomen des „Cruise Tourismus'“ nur dem Zeitgeist geschuldet und aus der Zeit gefallen. Mode, Redakteure, Einkäufer, Promis, Influencer aus allen Herren Länder an möglichst entfernte Orte zu karren ist nicht mehr modern; Avatar- und Home-Modenschauen sind hingegen (noch) keine attraktive Alternative bei hochwertigen Kollektionen. Und so ist es vielleicht der logische Kompromiss, dieses eine Mal die Schau noch durchzuziehen und in Zukunft wieder klassische Präsentationen zu zeigen – also etwas, wo Mode im Fokus steht und nicht das Drumherum.
Wie die Zukunft bei Dior aussieht, wird sich zeigen – die Prêt-à-Porter-Schau im September wird übrigens regulär in Paris stattfinden …