(Show space; Bild: Courtesy of Gucci)
Am 20. Januar wäre Federico Fellini 100 Jahre alt geworden. Vielleicht war es der runde Geburtstag des italienischen Filmemachers, der für Alessandro Michele den Anstoß gab, einen Blick hinter die Kulissen einer Gucci-Schau zu gewähren. Indiz hierfür ist das Einspielen einer Aufnahme Fellinis direkt vor und nach der Präsentation der Herbst/Winter-Frauenkollektion 2020/21. Die Stimme des Regisseurs rahmt also die Schau ein, gibt ihr die Struktur und die Haltung: Michele und Fellini wissen, was sie ihrem jeweiligen Team zu verdanken haben.
Fellini vergleicht es in der Intonation mit einem Zirkus: „Eine Mannschaft aus Menschen, die beim Aufbau des Zirkus eine Show auf die Beine stellen, und das Gleiche passiert, wenn sie ihn abbauen und schon wieder gehen und auch der Abschied zur Show wird.“ Michele ordnet es ähnlich, aber ungleich philosophischer ein: „Ich habe die Modenschau immer als ein magisches Ereignis betrachtet, das vor lauter Verzauberung explodiert. Eine liturgische Handlung, die das Gewöhnliche aufhebt und es mit einem Exzess an Intensität belastet.“ Schlussendlich liegt es aber am Betrachter, etwas aus dem Gesehenen zu machen bzw. sich mitreißen zu lassen.
Doch zum Zirkus gehört nicht nur der Dompteur, sondern auch der Zuckerwatten-Verkäufer am Eingang, die Trapez-Künstlerin und die vielen Helfer im Hintergrund. So war es dann konsequent von Michele, einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren.
Schaut man sich den Stream an, braucht man vor allem eins: Zeit. Viel Zeit. Etwas über eine Stunde dauert die Aufzeichnung, die das emsige Treiben vor einer Schau in den Fokus rückt: „Ich habe beschlossen, zu enthüllen, was sich hinter den Kulissen verbirgt. Möge das Wunder geschickter Hände und des Anhaltens des Atems aus dem Schatten treten“, wie Alessandro Michele durch die Pressemitteilung mitteilen lässt. „Möge die kollektive Intelligenz, die sich um die Gestation kümmert, sichtbar sein, wenn der Schauer weiter wütet. Möge der wilde und verrückte Bienenstock, den ich zu meinem Zuhause gemacht habe, einen Thron haben.“
Hier ein Auswahl der 60 Looks der Gucci Herbst/Winter-Frauenkollektion 2020/21:
Modisch betrachtet lieferte Michele ab. Der Designer ist ein wahrer Zauberer, der es versteht, mit dem größtmöglichen Wirbel die Zuschauer abzulenken. Nun benutzt er hierfür keinen doppelten Boden wie ein Magier es machen würde, sondern ein ausgefeiltes Styling, mit dem er eine Kollektion präsentiert, die – wie schon in den vergangenen Saisons angedeutet – immer schlichter wird. Unter all den Rüschen und Kreuzen verbergen sich gediegene Entwürfe, die immer mehr dem Anspruch des Designers, eine zeitlose Garderobe zu schaffen, die nicht aus der Mode kommen kann, gerecht werden.
Die Schau endet, wie oben schon erwähnt, genauso wie sie begonnen hat, nur ist der Vorhang längst gefallen und einige Schauenbesucher schon auf dem Sprung zum Shuttle. Federico Fellinis Stimme wird eingespielt: „Man ist da, um zuzuhören.“