(„West Side Story“ by Jerome Robbins, Writer: Jerome Robbins, Director: Joey McKneely, Music: Leonard Bernstein, Design: Paul Gallis, Lighting: Peter Halbsgut, European Tour, 2016, Foto: Johan Persson)
Schaut und hört man sich an diesem zweiten Abend, an dem die „West Side Story“ in der Staatsoper Unter den Linden gastiert, im Saal um, wird eines klar: Hier sitzen vor allem Fans der ersten Stunde. Ältere Pärchen unterhalten sich über die Verfilmung von 1961, über Inszenierungen, die sie in den USA gesehen haben und darüber, wie wohl diese Inszenierung von Joey McKneely aussehen wird. Als das Licht im Saal erlischt und Bernsteins Musik erklingt, sind dann auch sofort alle verzückt. Für Fans ist es also, zumindest dem Eindruck nach, auf jeden Fall eine gelungene Inszenierung. Aber wie sieht es für die anderen aus?
Eines vorweg: Im Grunde bin ich kein Fan von Musicals. Allerdings habe ich eben auch die anfangs erwähnte Verfilmung von 1961 damals im Englischunterricht gesehen und Songs wie „America“, „I feel pretty“ usw. sind mir mein Leben lang im Kopf geblieben. Somit war klar, dass ich die Möglichkeit so ein internationales Gastspiel zu sehen natürlich wahrnehmen würde.
Worum geht’s?
Für alle, die das Stück nicht kennen bzw. ihr Gedächtnis auffrischen wollen: West Side Story ist in etwa das Romeo & Julia der 50er Jahre. Zwei rivalisierende Banden (die Jets aus Amerika, die Sharks zugewandert aus Puerto Rico), Tony (Jet) und Maria (Shark), beide verlieben sich, und wie das dann alles ausgeht kann man sich denken, bzw. schaut es sich am besten an. Kleiner Spoiler: Das Ende kommt hier ohne Gift aus.
Die Inszenierung
Nachdem West Side Story bereits 2018 auf Welttournee war, hatte Köln, bzw. haben Berlin aktuell und Dresden ab dem 17.07. die Möglichkeit die Inszenierung von Joey McKneely nach den Originalchoreografien von Jerome Robbins live zu erleben. In Berlin ist die West Side Story übrigens auch die erste Sommer-Gastbespielung nach der Wiedereröffnung der Staatsoper, aber das nur nebenbei.
Bühnenbild, Kostüme und Setup im Allgemeinen, halten sich stark an die Verfilmung und sind nicht in irgendeiner Weise edgy oder modern gehalten. Sollten sie aber auch nicht.
Das Ensemble ist insbesondere bei den Hauptrollen natürlich überaus stimmgewaltig besetzt. Maria (Sophie Salvesani), sowie ihre Schwester Anita (Chloé Zuel), sollte man dabei hervorheben. Hauptdarsteller Todd Jacobson ist zwar ebenfalls stimmgewaltig, aber vom Charakter her leider eher blass. Letztendlich sind das aber auch nur persönliche Favoriten. Das Team als Ganzes funktioniert jedenfalls einwandfrei auf der Bühne.
Was einen nicht zuletzt an West Side Story noch immer fasziniert aber gleichzeitig auch schockiert, ist die gesellschaftliche Relevanz die es (leider) hat. Nicht zuletzt das Thema Immigration, Integration und Ghettoisierung sind aktuell wie noch nie. Straßenkriminalität war niemals nicht aktuell. Und schwierige Liebesbeziehungen? Nun ja, die gab es eben auch schon bei Shakespeare. Eine Mischung, die noch lange funktionieren wird.
(„West Side Story“ by Jerome Robbins, Writer: Jerome Robbins, Director: Joey McKneely, Music: Leonard Bernstein, Design: Paul Gallis, Lighting: Peter Halbsgut, European Tour, 2016, Foto: Johan Persson)
Fazit
Anschauen lohnt sich allemal, zumal man in Berlin eine nicht so grenzenlose Auswahl an Musicals hat wie in anderen deutschen Städten. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings in meinen Augen. Die Staatsopernbühne, so schön wie sie ist, klaut der Inszenierung aufgrund ihrer Größe dann doch etwas von der Wucht und visuellen Wirkung, die dieses Stück im Grunde hat. Die Halle am Berghain zum Beispiel, wo bereits die Inszenierung von „MASSE“ stattfand, wäre in meinen Augen optimaler gewesen und hätte auch das Bühnenbild besser zur Geltung kommen lassen.
Spielzeiten
10.07.2019 – 20 Uhr
11.07.2019 – 20 Uhr
12.07.2019 – 20 Uhr
13.07.2019 – 15 & 20 Uhr
14.07.2019 – 15 & 20 Uhr
West Side Story
Staatsoper Unter den Linden
Unter den Linden 7
10117 Berlin
Tickets gibt es hier.