Das Portemonnaie hat drei Probleme. Erstens: In den Nachrichten wird es meist im negativen Kontext genannt – es wird geklaut und es ist immer leer. Hinzu kommt die Schreibweise, was dann auch der Grund dafür ist, dass Begriffe wie ‚Geldbeutel‘ oder ‚Geldbörse‘ viel häufiger benutzt werden, obwohl sie phonetisch wie praktisch antiquiert sind. Niemand würde auf die Idee kommen, neben Kleingeld auch seine Kreditkarten in einem Beutel zu tragen. Dieser Fakt bringt uns dann auch zum dritten Problem: Geld wird nach und nach – der 500-Euro-Schein macht gerade den Anfang – durch bargeldlose Alternativen abgelöst, was ein Portemonnaie in Zukunft eigentlich überflüssig macht. Dennoch wird niemand auf ein Portemonnaie verzichten, denn – und das gehört zu den Stärken – es hat sich kultiviert und ist viel mehr als ein Alltagsbegleiter.
Niemals würde man die Auswahl des richtigen Portemonnaies dem Zufall überlassen. Farbe und Form sind eine Wissenschaft für sich, wie eigentlich alle Dinge, die es auch in luxuriös gibt. Es ist Fantasie auf kleinstem Raum, in das manchmal nur ein paar Cents passen. Es ist wie ein kleines Geheimnis in der Hosentasche oder der großen Tasche verschwindet und nur ab und zu mal das Licht der Welt erblickt.
Neben Farbe und Form geht es um persönliche Vorlieben – hortet man Kassenzettel im Portemonnaie? Visitenkarten? Fotos der Kinder, der Partnerin und des Ex? Kondome, obwohl wir doch alle wissen, dass man das lieber gar nicht soll, aber die Nacht viel mehr verspricht, als sie zu halten scheint?
Die Anforderungen an ein Portemonnaie sind, außer man ist Purist und greift zur Geldscheinklammer, vielfältig. Früher machte man sich – falls man im Laden nicht fündig wurde – auf den Weg zur Ledermanufaktur, erklärte dem Täschner die Anforderungen, die das Wunsch-Portemonnaie erfüllen sollte und man bekam genau das Produkt, das sämtliche Ansprüche erfüllte. Nun verhält es sich mit Ledermanufakturen genauso wie mit Fleischereien – sie werden weniger; insofern war ich gespannt, als die Firma Halbquadrat mich gebeten hat, ihren Onlinekonfigurator zu testen.
Gegründet wurde Halbquadrat von den Geschwistern Christine und Eduard Wink. Beide sind seit jeher von Leder fasziniert. Sie setzten sich mit dem Material auseinander, stellten fest, dass es immer weniger Sattler in Deutschland gibt, und gründeten die kleine Manufaktur, die online-konfigurierte Lederwaren anbietet – Handmade in Germany.
Wie es funktioniert, ist schnell erklärt:
Das ganze Prozedere dauerte ca. fünf Minuten, allerdings habe ich im Vorfeld etwas „geübt“, also Farbzusammenstellungen ausprobiert und wieder verworfen.
In der hauseigenen Manufaktur wird das Produkt – neben Portemonnaies gibt es auch Cardholder – in Handarbeit und mit Liebe zum Detail hergestellt. Das Ergebnis wird dann nach ca. 2-4 Wochen hübsch verpackt geliefert. Nimmt man es in die Hand, merkt man sofort, dass es mit einer ganz eigenen Liga zu tun hat. Es ist mit Sicherheit kein schnelllebiges Produkt, das schnell aus der Mode kommt, ganz im Gegenteil. Es ist ein Klassiker, nicht nur für’s Kleingeld.
Durch das pflanzlich gegerbte Voll-Leder entwickelt das Produkt im Laufe der Jahre seine ganz eigene Patina und seinen ganz eigenen Charme. Im Laufe der Jahre? So schnell wird das Bargeld sicher nicht abgeschafft …
Mehr Infos zu Halbquadrat finden sich hier.
Jochen
25. April 2019 at 10:52Sieht auf den Bildern extrem schlecht genäht aus. Und das soll 347 Euro kosten?
Horst
25. April 2019 at 11:11@Jochen Nein, es ist nicht schlecht genäht, sondern der Unterschied zwischen Massen- und Manufakturware.
fred
25. April 2019 at 17:22Gefällt mir gut. Ich lehne aber Leder ab und finde es eklig. Was werden für Alternativen angeboten? Der Ansatz gefällt mir.
Horst
25. April 2019 at 20:23@Fred Aktuell nicht, da noch kein vergleichbares „veganes“ Material gefunden bezüglich Haltbarkeit und Charakterentwicklung, wie mir auf Nachfrage erklärt wurde.
fred
25. April 2019 at 21:50@horst
Danke! Schad, ich kauf -ausser Schuhen- kein Leder.