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Wenn der Herzog zweimal klopft – Hermès Handschuhe und ihre Folgen

Hermès ist ein Haus voller Geschichten und fast jedes Teil hat einen phantasievollen Hintergrund oder eine faszinierende Entstehungs-Geschichte. Aber es gibt auch Geschichten die man kaum glauben kann oder die wie eine Legende durch das Haus wabern und sich dann im Endeffekt doch irgendwann bewahrheiten.
Eine der schönsten Geschichten hat mit den Hermès-Handschuhen zu tun. Handschuhe sind neben den Sätteln einer der Ursprungsprodukte des Lederhauses am Faubourg Saint-Honoré.

Die Vielfalt das Hermès-Handschuhe ist schier unerschöpflich und hat eine lange Handwerkstradition. Es gibt Modelle für Frauen und Männer in den vielfältigsten Materialien: Aus Lammleder oder Peccaryleder, kombiniert aus Leder und Seide, als Autofahrer-Handschuhe oder sogar in Baumwolle als Backhandschuh. Lange Abendhandschuhe existieren neben pelzgefütterten, der sibirischen Kälte trotzenden, Modellen genauso, wie bunte Sommerhandschuhe, die mehr als Accessoire dienen als als wärmender Handschuh.
Pascale Mussard hörte als Kind eine Geschichte, die sich wie ein Märchen anhörte und immer wieder erzählt wurde:
Die weltberühmten Eckschaufenster am Faubourg Saint-Honoré wurden früher von Annie Beaumel dekoriert. Sie war eine der begnadetsten Schaufenstergestalter der vierziger und fünfziger Jahre und die Lehrmeisterin der heutigen Chef-Fenster-Designerin Leïla Menchari, die es immer wieder schafft, die Passanten und Kunden in Verzückung mit ihren fulminanten Dekoren für die Hermès-Vitrinen zu versetzen.

Eines Abends, dass Verkaufspersonal war schon gegangen, nutzte Annie die Nacht, um die Fenster auszuwechseln und dann für den nächsten Tag die Überraschung vorzubereiten, dass die Schaufenster praktisch wie von Zauberhand neu dekoriert waren.
Da klopfte ein nicht all zu großer Mann an die Schaufenster-Scheibe und deutete an, dass er in großer Eile war und sich verspätet hatte, aber scheinbar noch etwas dringend bräuchte. So etwas kam immer wieder vor und natürlich wartete sie in der Regel ab, bis der Kunde wieder weiter ging und ließ ihn natürlich nicht ins Geschäft.
Der ältere Herr war aber sehr hartnäckig und gab nicht auf und Annie wusste, dass sie ihn schon mal gesehen hatte – langsam fiel der Groschen bei ihr und sie ging zum Vordereingang, machte einen Spalt die Tür auf und fragte ihn, was sie tun könnte, hatte aber im Hinterkopf ihm zu sagen, dass er am nächsten Tag wieder kommen sollte.

Der Herr sagte, dass seine Frau morgen Geburtstag hätte und er dringend etwas sehr besonderes für sie suchte, da er sie sehr liebe und sie einen sehr guten Geschmack hätte, war er in seiner Verzweiflung zu noch so später Stunde zu Hermès gekommen.
Die beiden liefen zusammen durch den Laden und Annie suchte und zeigte was das Zeug hielt und machte laufend neue Vorschläge. Schließlich kamen die beiden in die Handschuhabteilung und die schönsten Modelle in Streifen, mit Punkten, mit Reißverschlüssen. Nachtschwarze, rote und fröhliche orangefarbene mit kleinen getollten Falten wurden gezeigt. Aber der Herr schüttelte bei jedem Paar der Wunderwerke mit dem Kopf und sagte, dass seine Frau schon Schubkarrenweise Hermès Handschuhe hat.

Da fiel Annie eine Lösung ein: „Dann kaufen sie ihrer Frau doch eine Schubkarre für ihre Handschuhe“ wir machen ihnen die…“ – Der Herr war begeistert und verließ zufrieden den Laden. Es gibt kein Problem das Hermès nicht lösen konnte, lernte Mussard schon als Kind an diesem Beispiel. Der Herr war der Herzog von Windsor und seine Frau die Geburtstag hatte, Wallis Simpson, bekam eines Tages diese kleine Leder bezogene Schubkarre mit der kleinen Schublade für Handschuhe von ihm geschenkt. Die Handwerker von Hermès hatten alles daran gesetzt, sie in die Realität umzusetzen.
Als die Nachlässe des Herzogs und der Herzogin versteigert wurde, tauchte die Schubkarre allerdings nicht unter den vielen Kostbarkeiten des Herzog-Paares auf. Vielleicht war sie abhanden gekommen, verschenkt worden oder vielleicht war die Geschichte doch ein Märchen??
Wenn es ein Märchen wäre, würde es aber doch viel beschreiben über die Findigkeit der Hermès-Leute und die wunderbaren Produkte die ihrer Phantasie entspringen.

Eines Tages aber gab es bei Drouot in Paris eine Versteigerung, bei der genau diese Schubkarre auftauchte. Also doch keine Legende, es gab sie und irgendwie war sie scheinbar schon vorher aus dem Besitz der Windsors an eine Person gekommen, die sie nun verkaufen wollte.
Pascale Mussard hatte den gleichen Gedanken unabhängig von ihrem Onkel, das dieses außergewöhnliche Stück für die Familie und die Archive gerettet werden müsste. Was sie aber nicht wusste war, dass ihr Onkel auch die Drouot-Ankündigung gesehen hatte und beschloss, darauf zu bieten.
Sie setzte sich ein Limit dafür und leider wurde ihr Limit bald überschritten und sie bot trotzdem wacker weiter mit und ruinierte sich ein kleines bisschen dafür. Später kam natürlich heraus, dass sie gegen ihren eigenen Onkel geboten hatte. Aber was am Wichtigsten ist, dass dieses außergewöhnliche Stück nun in der Sammlung Hermès gelandet und somit gerettet worden ist.Was ich sehr schade finde das es kein Bild davon gibt und das Hermès sie noch nie ausgestellt hat. Es wäre mein großer Wunsch an das Haus, dass man dieses Märchen einmal zu Gesicht bekommen würde, damit man weiß, dass es nicht nur ein Märchen ist. Außerdem ist man ja auch von der Idee einer Schubkarre mit Handschuhfach mehr als begeistert und fasziniert.
Das Hermès einen träumen lässt und Unmögliches möglich macht, haben wir ja schon häufig beschrieben – ich würde zum Beispiel in die Schubkarre das Birnenportmonnaie (Horstson berichtete) und das Zuckeretui (auch schon bei uns vorgestellt) legen. Oder einfach ganz ganz viele wunderbare Handschuhe. Am Schönsten wären doch welche mit kleinen Gießkannen drauf – da frag‘ ich das nächste Mal, ob man die machen kann.

  • Siegmar
    23. April 2012 at 11:34

    wunderschöne Geschichte und ein bißchen Romantik. Der Herzog von Windsor war schon ein ganz besonderer Mann, mich beeindruckt die Liebe zu seiner Frau.

  • Renate
    23. April 2012 at 15:23

    Lieber Peter , eine ganz wundervolle Geschichte!

  • Ulrike Teterycz
    23. April 2012 at 15:59

    Mein trister Montag hat nun endlich eine wunderbare Inspiration. Danke!

  • martine
    24. April 2012 at 08:55

    Eine ganz wunderschöne Geschichte, lieber Peter. Sie erhellt heute meinen Tag! Danke!

  • Thomas
    24. April 2012 at 11:01

    Mein trister Dienstag wurde erhellt 🙂