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Warum gibt es eigentlich keine IT-Boys, Jungs*?

Als Bloggerazubine genieße ich zu Jahresbeginn das Privileg, auch komische Fragen stellen zu dürfen … die dann von Horst, meinen Schreiberkollegen und / oder euch, den Horstsonians, beantwortet werden. Meine Frage heute: Warum gibt es keine IT-Boys, Jungs*? Aber eigentlich geht es in diesem Bericht nicht nur um die Frage, weshalb Männer so völlig anders geartet sind, wenn es um mediale Vereinnahmungen geht… Ich versuche mich auch daran, mit meinem ersten Daisy-Sonntagsbericht 2011, das thematisch bunt gemischte und boulevardeske, das ich deutschen Qualitätszeitungen entnommen habe, auf einen Streich zu erledigen. An die Frage nach den IT-Boys wurde ich nämlich nur erinnert, weil ich die freien Tage zwischen den Jahren mit dem Durchblättern und Lesen wahrer Berge ungelesener Feuilletons aus meinen beiden Lieblingszeitungen verbrachte. Genau in dem Moment, als ich auf Seite 51 der ZEIT N°52, in dem Artikel „Der Bunte“, las, dass Dr. Hubert Burda (Verleger, Maler, Kunstwissenschaftler: Wer ist Hubert Burda wirklich? Ein erster Atelierbesuch; geschrieben von Hanno Rauterberg), der am liebsten Kunstmaler geworden wäre, mit Hilfe eines Episkops die Bilder anderer Künstler mit Acrylfarben nachmalt.

Wenn man mir auf der Straße ein Mikrophon unter die Nase gehalten hätte und ich auf diese Frage hätte antworten müssen – nie und nimmer hätte ich gedacht, dass jemand, der leidenschaftlich gerne Kunstmaler werden wollte und nicht durfte, weil die Eltern einen florierenden Schnittmusterhefte-Verlag aufgebaut hatten, sich ganz bewusst dafür entschieden hat, ein die-Bilder-Anderer-Nachmaler zu sein. Ab und zu, das also schon, gibt es eigene Motive, ein Portrait seiner Frau Maria, die Gartenpforte des Ferienhauses auf Korsika. Schau an, dachte ich da! Man macht sich ja so sein Bild von erfolgreichen Unternehmern – und, einem Automatismus folgend, verbinde ich mit den großartigen Gallionsfiguren deutscher Bluechips – auch solcher aus der Medienbranche – dass sie über die Innovatoren-DNS verfügen. Diesen unbändigen Drang zu schöpferischer Tätigkeit und kreativem Denken. Ich würde sonst was dafür geben, zu erfahren, ob er, der Herr Dr. Burda, etwas von dieser DNS hätte, wenn er denn von seiner Grundhaltung her dazu geneigt wäre, innovative Wagnisse einzugehen, auch wenn der Erfolg des Unterfangens fraglich ist. Einfach, der guten Sache wegen. Laut Eigenaussage weiß er das aber sehr gut zu trennen. Erst nach der Lektüre dieses Artikels verstehe ich ansatzweise, wie ein Mann, dem für sich und seinesgleichen nichts gut genug ist, gleichzeitig den Mob mit Material in der Superillu (sicher auch mit dem Focus), der Bunten und all den Lifestylemagazinen anheizt und mit Sehnsüchten nach Unerreichbarem befeuern kann ….. Wie der Autor das so schön ausgedrückt hat: „Für Burda ist die eine mit der anderen Welt nur vereinbar, so scheint es, wenn sie streng getrennt sind.“ Und diese so typische Trennung der Welten für die Gleichen und die Gleicheren, führt uns geradewegs zur schillernden Welt der It-People. Jenen attraktiven Zeitgenossinnen, die heutige Magazine brauchen, um sich nicht in die Unkosten stürzen zu müssen, die richtige Berichterstattung, von echten Journalisten gemacht, verursachen würden. Man hat die Zielgruppe der Frauen aller Altersgruppen, Bildungsstände und Motivhintergründe wissenschaftlich gescannt und dabei herausgefunden, dass mit dem modernen Brot und Spiele des späten zwanzigsten und des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts vortrefflich von Wesentlichem abgelenkt und die Löcher des eigenen, so ganz anders verlaufenden Daseins, mit dem Glanz der Anderen gefüllt werden können. Ob man im Fitnessstudio auf dem Laufband steht und den Bauch-Beine-Po-Frauen auf den Crosstrainern zuschaut, man in der Bahn sitzt oder im Presseshop auf dem Bahnhof zehn Minuten an der Kasse verweilt und beobachtet, was Frauen kaufen: Es sind immer diese Hefte von Burda und Kollegen mit dabei – vollgestopft mit It-Girls und tonnenweise Fotos von Veranstaltungen, auf deren rote Teppiche Konsumenten dieser Magazine wahrscheinlich nie einen Fuß setzen werden. So bleibt die Sehnsucht nach der anderen, der besseren Welt lebendig und Burdas Kassen klingeln. Für das eigene Töchterchen soll es dann aber schon das Kunstgeschichte-Studium in Cambridge sein, für das sie sich gerade bewirbt … und ganz sicher kann dort ein Doktorvater gefunden werden, der den wissenschaftlichen Wert einer Dissertation, ähnlich der des Vaters, der über „Die Ruine in den Bildern Hubert Roberts“ promovierte, nicht nur erkennt sondern auch anerkennt. Das kann man eigentlich nur unkommentiert lassen, so lustig finde ich das. Wenn ihr jetzt denkt: Was ist denn mit Daisy los, die findet doch immer ein Haar in der Suppe, dann liegt ihr richtig. Mir wäre es viel lieber, Frauen würden sich nicht auf Quoten oder Qualitätsurteile und Ritterschläge von Alice Schwarzers Gnaden verlassen, die immer erst mal Beifall spendet, solange man genetisch Frau ist und was wird im Staate Deutschland. Wir, ich bin ja auch eine, fällt mir dabei ein, sollten endlich erkennen, wie lächerlich das wirkt, wenn man sein ganzes Leben lang das Leben der Anderen nachlebt. Man könnte sich da einiges von Männern abschauen. Es gibt keine It-Boys, weil Männer ihr Leben selbst gestalten wollen. Basta! Ganz ohne Blueprints. Klar will man Dinge, die andere Männer auch haben, nur ist man dabei realistisch und geht die Dinge ganz gelassen an. Unterhält sich gut beim Blättern in und Lesen von Magazinen, glaubt den Schrott aber keineswegs, der darin verbraten wird. Erst recht nicht wünschen sich Männer, so auszusehen und zu leben wie andere Männer… die dann ja wohl talentfrei, mäßig attraktiv bis zurecht geschnipselt, richtig doof, unsexy und nervig zugleich sein müssten, um den hohen Ansprüchen genügen zu können, die Frauen an ihre Vorbilder stellen. Dass solche Vorbilder schon zu manchem Substanzdefekt geführt haben, verwundert Daisy nicht weiter. Es ist so eine eingebildete Bedeutung, die all diese Medienfiguren haben. Denn, nirgends auf der Welt kann man ohne Leistung was großes werden. Natürlich helfen Geld und Verbindungen dabei, Mangelerscheinungen etwas länger zu camouflieren, aber irgendwann kommt es raus. A pro Pos rauskommen und Nachtrag zu Daisys Highlight: Ich bin so froh, dass ich Tom Fords erste eigene Womenswear Kollektion unter dem eigenen Namen als mein modisches Highlight des Jahres genannt habe. Einfach herrlich! Schaut euch die bewegten Bilder der Schau auf seiner Website an. Das verstehe ich unter angemessener Exklusivität. Er schmiert sich nicht an Patrizia Riekel ran, kennt die Grande Dame der deutschen Lifestyleberichterstattung womöglich gar nicht. Auch sehr lustig in dem Zusammenhang: Ich erinnere mich an einen schmollenden und zugleich drohenden Kommentar von Jessica Weiss, LesMads, in dem sie monierte, dass Tom Ford wohl nicht wüsste, dass wir im Internetzeitalter leben würden und, wie bedeutend Modeblogs heute seien … herrlich … da wird er also ganz schön doof schauen, Mr. Tom Ford, wie er seine Klamotten verkauft bekommen möchte, ohne Patrizia Riekel und das bedeutende Fräulein Weiss… Aber wenn schon so viel von Einbildung und Bildung die Rede war, in meinem ersten Daisybericht 2011, empfehle ich euch ausdrücklich das neue Buch von Dr. Burda, In medias res. Darin geht es in zehn Kapiteln wieder um den Iconic Turn in unseren so bilderverrückten und –gläubigen Zeiten. Um die semiotische Bedeutung und Aussage von Bildern. Das sind wirklich spannende Themen, zu denen der Herr der trivialen Magazine seit langen Jahren forschen lässt und eigenes Geld in die Hand nimmt, um den Dingen solide auf den Grund zu gehen. Na, geht doch! Und ein paar mögliche It-Boys habe ich euch dann doch noch rausgesucht, wir bei Horstson brauchen ja auch Bilder, um den Text zu verkaufen …

* Jungs gefiel mir in der Headline besser, sind aber auch Männer damit gemeint

  • Horst
    2. Januar 2011 at 19:04

    Eben. Männern ist sowas wie ein It-Boy scheissegal, wir stehen über den Dingen 😉

  • blomquist
    2. Januar 2011 at 19:07

    So manche Frau interessiert sich für die so genannten It-Girls und träumt sicher davon ähnlich zu sein, oder zur Gruppe der besten Freundinnen dieser „Stars“ zu gehören.
    Man orientiert sich am Style, Make Up & Co.
    Heterosexuelle Männer interessieren sich dagegen kein Stück für It-Boys, deshalb funktioniert in meinen Augen auch ein Heft wie die IN STYLE MEN nicht…

  • Daisydora
    2. Januar 2011 at 19:22

    @Horst und Blomquist

    So ist es! Ich glaube, ich habe in jeder erdenklichen Hinsicht Glück, dass Horstson ein Männerblog ist. Schöne Gestaltung, Horst, Chesters Bild neben dem von Dr. Hubert Burda 🙂

  • Seraphine
    3. Januar 2011 at 13:21

    Junge Mädchen orientieren sich stark an ihren Vorbildern, wollen unbedingt so aussehen(z.Bsp. wie Kim Kardashian,wer das auch immer sein mag ?) rennen dem neusten Trend hinterher. Erstaunlich wie stark die reinen Styling-Blogs frequentiert werden. All das wird ein paar Jahre anhalten, dann sollte es wichtigere Dinge im Leben geben und aus den Mädchen werden dann hoffentlich stilsichere Frauen.
    LG

  • Daisydora
    3. Januar 2011 at 16:40

    Liebe Seraphine,

    bei Teenagern hat es das mit den Vorbildern immer gegeben, nur kommen die Mädchen heute an mehr Magazine heran und es gibt Modeblogs … Ich mache mir weniger Sorgen um die Stilsicherheit, da man auch ohne perfektes Stilgefühl eine großartige Frau werden/sein kann. Zumal viele Blogs ja ohnehin nur das Wiederkäuen, was Textilhandelsketten an Ähnlichem und Gleichem raushauen ….

    Mir geht es hier vielmehr darum, dass Frauen langsam auffallen könnte, welche zwei bis drei faktischen Gründe es hat, dass an den Schaltstellen immer noch Männer sitzen. Wer so viel Zeit in Unnötiges steckt, dem fehlt sie dort, wo Wissen und Weitblick gefragt sind.

    LG, Daisy 🙂

  • Nik
    3. Januar 2011 at 22:15

    Die Gruppe der IT-Boys ist wohl mit dem Niedergang der Dandys fast ausgestorben, diese Männer haben doch in ihrer Zeit alle Kriterien von IT-Personen erfüllt. Sie haben Stil und Trends vorgegeben und waren in aller Munde, zumindest in gewissen gesellschaftlichen Kreisen. Heutzutage würden mir vielleicht noch der ein oder andere Künstler bzw. Musiker einfallen, die ähnliche Einfluss haben, aber nur wenige die eine derart Breite Masse an Nachahmern finden wie weibliche IT-Girls… vielleicht Kanye West oder Pharrell Williams?

  • siegmarberlin
    4. Januar 2011 at 14:03

    @ daisydora

    der Artikel hat mir grundsätzlich gefallen, da die “ Zeit “ mein Wochenendfrühstück immer sehr bereichert.
    Mit Vehemenz wende ich mich gegen die Bezeichnung “ Grande Dame “ für Patrizia Riekel. Eine Grande Dame hat Klasse, Anstand und Niveau. Dieser “ Dame “ fehlt es an allem. Wer bereit ist zur Auflagensteigerung “ Stasi-Methoden “ anzuwenden, siehe Fall Müntefering u. Lafontaine verdient dieses Priveleg nicht sondern vielleicht eine Belobigung ob den Bespitzelungen von Markus Wolf. Zu Frl. Weiss kann ich nur bemerken, völlig überbewerteter Blog wo die LesMads-Jüngerinen jeden Schwachsinn abnicken oder zu dem noch grusseligsten Outfit der Fräuleins schreiben “ Du siehst ja soooo toll aus“.

  • Daisydora
    4. Januar 2011 at 20:37

    @siegmarberlin

    Die Grande Dame war wirklich ironisch gemeint. Glaube mir, ich muss mich soooooo beherrschen, wenn ich über deratige Mediengewächse schreibe, weil Horstson ja ein netter Blog ist … kann also deinem Urteil nur voll und ganz zustimmen ….. auch, was das Fräulein Weiss betrifft … ich stelle es mir richtig anstrengend vor, als Absolventin einer höheren Baumschule in Pusemuckel am See, eine weltläufige und hochelegante Bildungsbürgerin mit gradiosem Geschmack darzustellen…. 🙂

    @Nik

    Interessant, was du da schreibst. Wenn Kanye West oder Pharrell Williams It-Boys wären/sind, dann unterscheiden sie sich schon mal durch wirkliches Können von allen It-Girls dieser Welt … Naja, Männer sind eben anders … 🙂

  • klear
    5. Januar 2011 at 10:11

    interessante Theses von daisydora…das man/frau sich nicht wundern soll, warum an entscheidender position immer noch männer sitzten..
    zu diesem thema kann man auch gut mal ein vergleich von frauen- vs männerzeitunge anstreben….
    während männerzeitung sich mit männer beschäftigen bzw was denen spass macht.. beschäftigen frauenzeitung sich doch immer noch vorwiegend mit dem thema, was kann frau machen, um IHM zugefallen!
    unter diesem stichwort kann man dann allerhand styling-, sex-, schmink-, und abnehmtipps finden, mit denen dann frau mann gefallen kann…
    oder hat jemand in der gq nen diät plan ausfindig gemacht??

    soviel zum thema feminismus, den sog. blättchen für sich beanspruchen..

    für it-girls sind natürlich o.g. tipps aus frauenzeitschrift lebensnotwendig..bzw überlebenswichtig …da sie ja ohne sugardaddy sponsoring den lebensunterhalt nicht bestreiten könnten..