Interview

Von Juniqe bis Jaguar: Der Illustrator Dieter Braun im Interview

(Foto: Franziska Krug/Getty Images for Jaguar Land Rover)

Luxusauto trifft Art-Prints – Vor ein paar Tagen präsentierte JUNIQE in Zusammenarbeit mit Jaguar in München den Art Salon. Zusammengetan haben sich die Partner, die auf den ersten Blick fast gar nichts miteinander verbindet, schon im vergangenen Jahr. Ziel der Zusammenarbeit ist es, Kunst- und Lifestyle-Objekte zu schaffen – entworfen vom schwedischen Grafikdesigner Bo Lundberg, dem britischen Illustratoren Ruben Ireland, dem Kreativ-Duo Fox & Velvet, dem Berliner Fotografen Michael Ali Belhadi, dem Illustratoren Dieter Braun sowie der Designerin Anna Albertine Baronius vom Studio na.hili.

Inspiriert von Design und Geschichte der Automarke entwarfen die Künstler eine Serie an Werken, die nun in der bayerischen Landeshauptstadt zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Ein spannendes Tête-à-Tête, das ich nutzen konnte, ein Gespräch mit Dieter Braun zu führen, schließlich waren es auch die Illustrationen des Hamburgers, die mir sofort aufgefallen sind …

Herr Braun, schön, dass Sie sich die Zeit für ein Gespräch nehmen. Könnten Sie uns kurz etwas zu Ihrem Werdegang erzählen? Was war das Schlüsselerlebnis, Illustrator werden zu wollen?
Dieter Braun: Ich bin in Dinslaken am Niederrhein aufgewachsen. Gezeichnet und gemalt habe ich schon immer. Mit ungefähr zehn oder elf Jahren bekam ich von meinen Eltern Ölfarben und eine Staffelei geschenkt. Viel zu früh eigentlich, aber ich habe nicht locker gelassen, bis ich sie hatte. Dann habe ich losgelegt. Zunächst ziemlich dilettantisch, aber mit der Zeit wurden meine Malereien besser. Nach einer kreativen Pause in meiner jugendlichen Sturm- und Drangzeit bin ich wieder in die Zeichnerei eingestiegen und mir wurde klar, dass ich das auch beruflich machen wollte. Unter dem Begriff des Illustrators konnte ich mir zu dieser Zeit aber noch richtig etwas vorstellen. Ich habe dann Kommunikationsdesign an der Folkwangschule in Essen studiert und hatte vom ersten Tag an das Gefühl an der richtigen Stelle gelandet zu sein.

Illustration: Dieter Braun für Jaguar x JUNIQE

Wie sind Sie dann aber zur Illustration gekommen?
Dieter Braun: Nachdem ich im Studium diverse gestalterische Spielarten wie Fotografie, Typografie, etc. ausprobieren durfte, kristallisierte sich für mich die Illustration immer mehr heraus. Ich habe schon während des Studiums erste Aufträge als Illustrator für kleine Agenturen im Ruhrgebiet angenommen und mir so mein Leben in Essen finanziert. Nach meinem Umzug nach Hamburg wurden die Kunden grösser und interessanter und ich brauchte auch die kleineren Grafikjobs, die ich damals noch machte, nicht mehr anzunehmen.

Sie wollten als Kind Tierforscher werden. Woher kommt das Faible zu Tieren, die ja häufig den Mittelpunkt Ihrer Arbeiten darstellen …
Dieter Braun: Ich glaube Kinder, die sich nicht für Tiere interessieren, gibt es gar nicht. Neulich habe ich ein paar alte Kinderzeichnungen von mir gefunden. Ich hatte anscheinend vor, mein eigenes Tierbuch zu malen – inspiriert von den illustrierten Tierbüchern aus den Sechzigern, die wir bei uns zu Hause hatten. Mehr als drei Seiten hatte ich aber damals nicht geschafft. Wahrscheinlich wollte ich Tiere damals eher zeichnerisch erforschen. Wenn möglich, versuche ich heute auf meinen Reisen wilde Tiere in ihrer freien Wildbahn zu beobachten, wie zum Beispiel in Tansania oder Australien.

Sehen Sie sich eher als klassischen Künstler, der auch illustriert, oder sehen Sie sich als angewandten Illustrator, der gern nach Auftrag arbeitet und sich in die Stilistiken des Produkts oder Genres hineinversetzt und, im weitesten Sinne, „Gebrauchs- oder Alltagskunst“ produziert?
Ich habe mich eigentlich immer als klassischer, angewandter Illustrator gesehen, also als Auftragsgestalter. Und das auch immer mit großer Freude. Seit ein paar Jahren verschiebt sich das ein wenig. Durch meine Arbeit als Buchautor und dem zunehmenden Verkauf von Wandbildern durch Galerien und meinem eigenen Shop, werde ich irgendwie auch als Künstler wahrgenommen. Ich würde mich aber nie als klassischer, freier Künstler sehen. Der Begriff ist mir aber auch wurscht, solange ich weiter an den unterschiedlichsten tollen Projekten arbeiten darf.

Haben Sie ein Vorbild unter den „großen“ Illustratoren oder Karikaturisten?
Es ist immer schwierig, einen einzelnen Künstler zu nennen. Ich wurde im Laufe der Jahre – Jahrzehnte – von so vielen Illustratoren, Künstlern oder Karikaturisten inspiriert, das würde eine lange Liste.
Als Kind waren das sicherlich die Illustratoren aus den sechziger und siebziger Jahren, während des Studiums fand ich Ralph Steadman, Gottfried Hellwein oder Wolf Erlbruch toll, später wieder Midcentury Künstler wie Charley Harper, Miroslav Sasek oder Alice und Martin Provensen.

Wie kam es eigentlich zur Zusammenarbeit mit JUNIQE?
Vor circa drei Jahren hat mich Martin von JUNIQE angeschrieben und gefragt, ob ich Lust hätte, einige meiner Tiermotive über JUNIQE anzubieten. Das war von Anfang an ein persönliches, sehr nettes Verhältnis. Ich habe es bis heute nicht bereut, Teil der JUNIQE Familie zu sein.

Wie dürfen wir uns den Alltag in der Zusammenarbeit mit JUNIQE vorstellen? Entwerfen Sie speziell Motive für JUNIQE und stellen diese dann vor oder greift JUNIQE auf Ihr Portfolio zurück?
Sowohl als auch. Manchmal schlage ich neue Motive vor, manchmal fragt JUNIQE, ob bestimmte Motive aus meinem Portfolio als Drucke zur Verfügung stehen. Und manchmal entwerfe ich, wie im Fall der Jaguar-Kooperation, neue Motive speziell für JUNIQE.

Sie haben für JUNIQE das namensgebene Tier von Jaguar dargestellt – wie war Ihre Idee hinter den Motiven?
Bei der Auswahl der Künstler war klar, dass ich der Tieronkel der Veranstaltung sein werde. Ich wollte der ikonischen Jaguarfigur der Marke auf meine Art Leben einhauchen und schauen, wie sich der springende Jaguar in meiner illustrierten Welt macht. Bei einigen Motiven habe ich aber auch das Auto eingearbeitet. Mal realistisch, wie im Falle des E-Types, mal abstrakt, wie beim im Dschungel versteckten F-Type.

Illustrationen: Dieter Braun für Jaguar x JUNIQE

Die Jaguar-Motive erinnern an das Art déco, also an eine sehr schöne, aber auch längst vergangene Zeit. Die Autos, für die Jaguar steht, für Fortschritt und Technologie. Hatten Sie zumindest zeitweilig mit der Idee gespielt, den Jaguar auch hochmodern darzustellen?
Es war nicht meine spezielle Absicht, eine Art-déco-Version des Jaguars zu entwerfen. Ich mache das einfach auf meine Art und das erinnert an verschiedene Epochen, die mich bestimmt beeinflusst haben.
Für mich ist das modern. Ich kann da auch gar nicht aus meiner Haut. Ich bin nun mal ein Retro-Freund.

Shirts, Duschvorhänge, Bilder – Ihre Motive sind auf vielen Dingen bei JUNIQE gedruckt. Gibt es etwas, wo sie Ihr Veto einlegen würden?
Das fällt mir jetzt spontan nichts ein und müsste von Fall zu Fall entschieden werden. Es ist glaube ich auch eher so, dass sich nicht jedes Motiv für jedes Produkt eignet. Für Shirts ist der frontal auf den Betrachter zuspringende freigestellte Jaguar bestimmt besser geeignet, als ein querformatiges, landschaftorientiertes Motiv.

Vor einigen Jahren wurde die Illustration praktisch komplett von der Fotografie verdrängt. Mittlerweile werden in den großen Magazinen Illustration wieder sehr viel wichtiger. Woran liegt das Ihrer Meinung?
Wir werden den ganzen Tag mit Fotos bombardiert, sowohl mit großartigen, künstlerischen, als auch mit alltäglichen Handyfotos. Es ist vielleicht heutzutage leichter, mithilfe der Illustration eine eigene, besondere Bildsprache zu finden.

Welche Bereiche interessieren Sie besonders? Gibt es einen besonderen Schwerpunktbereich, den Sie besonders schätzen und ausbauen möchten?
Ich liebe Bücher. Es ist mir eine große Freude, dass meine Bücher gedruckt werden und in die Welt hinaus gehen. Es gibt viele Ideen für neue Bücher, die nur noch darauf warten umgesetzt zu werden.
Genauso schmeichelt es mir, dass es mittlerweile viele Menschen gibt, die sich meine Bilder zu Hause an die Wand hängen.


Illustration: Dieter Braun für Jaguar x JUNIQE

Ihre Auftraggeber kommen aus den verschiedensten Bereichen. Wäre Mode auch interessant für Sie? Oder sehen Sie sich eher der klassischen Plakatwerbung oder den Anzeigenmotiven der großen Zeit der Illustrationen der fünfziger und sechziger Jahre verbunden?
Natürlich wäre Mode auch interessant für mich. Ich langweile mich schnell und brauche beruflich immer schnell Abwechslung. Mein Hauptaufgabengebiet ist ja nach wie vor die Arbeit für Magazine. Das darf auch so bleiben, solange ich zwischendurch immer wieder Zeit für Bücher, Wandschmuck, Plakatwerbung oder eben Illustration auf Mode oder Produkten finde.

Mir fällt auf, dass Ihre Porträts gleichermaßen schön und pointiert sind. Sind Porträts ein Schwerpunkt, der Ihnen besonderen Spaß macht? Was fasziniert Sie daran?
Porträts waren am Anfang meiner Illustrationskarriere mein absoluter Favorit. Ich habe sehr viele Porträts in den unterschiedlichsten Techniken gezeichnet. Das hatte ich zwischendurch ein wenig vernachlässigt. Eine Art Direktorin fragte mich vor einigen Jahren, ob ich noch diese handgezeichneten Porträts mache. Wir haben es für das „ARTE Magazin“ zusammen ausprobiert und seitdem mache ich das wieder regelmäßig, zum Beispiel für das Philosophie-Magazin „HOHE LUFT“. Wenn ich gerade mal wieder sehr komplexe, digitale Illustrationen angefertigt habe, ist es eine Wohltat, zu Abwechslung den Bleistift zu zücken, um zu versuchen, das Wesen eines Menschen einzufangen.

Kurbeln wir die Zeit noch mal zurück: Wie waren Sie eigentlich im Kunstunterricht?
Dieter Braun: Kunst und Sport waren meine Lieblingsfächer und haben mich durchs Abitur gerettet.

Aber was würden Sie Ihrer Kunstlehrerin sagen, wenn Sie sie heute treffen würden?
Dieter Braun: Ich hatte sogar die Möglichkeit, mich für ihre Unterstützung damals zu bedanken nachdem wir uns über Facebook wiedergefunden hatten und habe ihr zum Dank eines meiner Bücher geschickt.

Herr Braun, ich danke für das Gespräch!

Wer Interesse an dem Projekt von JUNIQE und Jaguar hat, kann noch bis zum 10. März in der Jaguar Land Rover Boutique am Odeonsplatz einen Überblick verschaffen.
Alle, die sich in die Wandbilder, Wohndeko- und Fashionprodukte verliebt haben, können sie aber auch auf www.juniqe.de bestellen.

  • scarlet the red
    9. März 2017 at 11:42

    Sehr coole Idee und tolles Interview! 🙂

  • Die Woche auf Horstson – 10/2017 | Horstson
    12. März 2017 at 16:27

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