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Unvergessliche Feste – „Le Bal Venetien“ & „Bal Oriental“

Feiern ist so eine Sache: Entweder man feiert im kleinen Kreis oder wenn nicht so, richtig groß, dann muss es aber auch schon sehr aufwendig sein, um es zu einem unvergesslichen Fest zu machen.
Leider scheuen die meisten Leute heutzutage den immensen Aufwand und irgendwie sind die Gäste auch nicht mehr so glamourös wie früher. Heutige Milliardäre haben einfach andere Schwerpunkte und investieren lieber in Rekord-Yachten oder Flugzeuge, als in Entertainment der besonderen Art.
Zwei der besten Beispiele für unglaubliche Feste habe ich euch heraus gesucht und da die Karnevals Zeit ja heranrückt, handelt es sich um Kostümbälle. 1978 fand in Paris der „Bal Venetien“ statt, ein Kostümfest im italienischen Stil des achtzehnten Jahrhunderts und mit einer sehr illustren Gästeliste aus der Welt der Mode und dem Umkreis von Chloé Designer Karl Lagerfeld. Claude Montana als Großwesir, Paloma Picasso und Rafael Lopez, natürlich Meisterzeichner Antonio und viele Photographen der Zeit. Jean Paul Goude fehlte ebenso wenig wie Bianca Jagger.

Befragt man Karl Lagerfeld heute zu dem Fest, sagt er, dass man mit heutigen Maßstäben so etwas gar nicht mehr veranstalten würde. Die Kostüme waren echt aus dem achtzehnten Jahrhundert und man musste sie nach dem Fest weg schmeißen, weil sie so mürbe waren, dass man sie gar nicht mehr heil vom Körper bekam. Lagerfeld hatte sich gleich zwei historische Outfits besorgt, die jedem Kostüm-Museum heute Ehre machen würden. Ein unglaublicher Aufwand wurde getrieben. Andy Warhol und seine Factory-Entourage reisten extra aus New York an. Es war eines der letzten Feste dieser Art und in diesem Umfang. Allerdings war die Inspiration und das Vorbild ein weitaus größeres, aufwendigeres und pompöseres Fest. Das Pariser Fest der Feste.

Alexis de Redé war eine schillernde Persönlichkeit. Als Baron von Rosenberg in der Schweiz geboren, Mitglied einer alten Bankiers-Familie war er einer der größten Ästheten und auf den Listen der „best dressed men“ ein ständiger Top-five-Kandidat. Sein Lover, der südamerikanische Milliardär Arturo Lopez-Willshaw trieb sein Stilempfinden auf die Spitze und fachte seine Inspirationen noch an. Obwohl der Chilene Lopez-Willshaw mit Patricia Lopez-Willshaw verheiratet war, verliebte er sich in Redé und blieb bis zu seinem Tod auch mit ihm zusammen.
Schon kurz nach dem sie zusammen gekommen waren, schenkte er ihm die damals unvorstellbare Summe von einer Million US-Dollar.
Patricia war eine der größten Kundinnen von Dior und lernte den jungen Yves Saint Laurent kennen und finanzierte 1960 zum Teil die Gründung seines eigenen Modehauses. Sie trug das Modell von Yves Saint Laurent mit der Nummer 00001., der absolut ersten, eigenständigen Creation des Mode-Jahrhundert-Genies.
Redé kaufte mit Hilfe seines Freundes einen Teil des Hotel Lamberts auf der Isle Saint Louis in Paris, das er aufwendig restaurierte und in den Originalzustand des 18. Jahrhunderts versetzte. Den anderen Teil des Palastes übernahmen die Rothschilds, die fortan seine Nachbarn waren.

Nachdem Redé 2004 verstarb, wurden seine unermesslichen Kunstschätze in einer spektakulären Auktion bei Sotheby’s versteigert; unter anderem auch ein von Alexandre Serbriakoff gestaltetes Buch mit Original Gouachen und Aquarellen, welches als Erinnerung für den sagenhaften „Le Bal Oriental“, 1969, extra von dem Künstler angefertigt wurde und an die Ballgäste gesandt wurde.

Man kann sich mit heutigem Ermessen gar nicht mehr die gigantische Kulisse der Festsäle des Hotel Lamberts vorstellen, für das nicht nur die Dekoration von dem berühmten Inneneinrichtungs-Haus Jansen an der Rue Royale gestaltet wurden, sondern auch die Kostüme von Couturiers geschneidert wurden und van Cleef & Arpels und Cartier teilweise die Juwelen der Rothschilds und Noailles neu fassen mussten, damit sie zum Motto des Abends passten.
Orson Welles war genauso auf der Gästeliste, wie Kaiserin Farah von Persien oder Helene Rochas. Nur die Crème de la Crème der Pariser Gesellschaft. Alles war wie im Märchen und wie ein flüchtiger Traum. Es war das Fest der Feste und fortan orientierte sich ganz Paris daran und die Rothschilds versuchten mit Bällen à la Max Ernst oder Proust, mit Redé gleich zu ziehen. Jahrelang wurde von nichts anderem gesprochen und man würde sicherlich viel dafür gegeben haben, dabei sein zu dürfen.

Nun werdet ihr euch natürlich fragen, warum berichten die über so etwas, das schon Lichtjahre her ist? Ganz einfach: Jedes Wissen um solche Dinge, jedes Betrachten der Bilder, regt die Phantasie an und schärft ungemein das Stilempfinden und den Sinn für Qualität.
Nur das Wissen um die Vergangenheit kann Neues und Zukünftiges entstehen lassen und Träume die geträumt wurden, wie diese Bälle, in neue Träume verwandeln. Die Phantasie der Mode funktioniert, weil es Menschen gab und gibt, die das Unaussprechliche verwirklichen und die Grenzen des Machbaren immer wieder in Frage stellen.

Bilder: privat // tramezzinimag // Patrick Anson, 5th Earl of Lichfield; nobleyreal

  • Renate
    11. Januar 2012 at 15:11

    Jetzt eine Zeitmaschine 🙂

  • siegmarberlin
    11. Januar 2012 at 16:20

    um das Buch von Alexandre Serbriakoff zu besitzen würde ich einiges tun, was für ein wundervoller Bericht und was für glanzvolle Namen, Sowas ist heute leider nicht mehr möglich, finanziell mit Sicherheit aber solche glamourösen Gäste findest Du heute nicht mehr, oder es kommt die Unterschicht der Oberschicht ( Geißens und Co. ).

  • Horst
    12. Januar 2012 at 23:08

    ich wüßte auch nicht wen man da heutzutage einladen würde und falls du nochmal eine zeitreise machen solltest wie damals zum studio54 – nimm‘ mich mit zum bal oriental 🙂

  • Daisydora
    13. Januar 2012 at 17:48

    Ein schöner Bericht und der letzte Absatz zählt schon jetzt zu meinen Lieblingstexten auf Modeblogs …

  • Francois
    29. November 2012 at 23:19

    Alexis wohnte nur zur Miete im Hotel Lambert. Die Rothschilds kauften das Palais in den siebziger Jahren von der polnischen Adelsfamilie der das Anwesen bis dann gehörte und liessen ihn dann dort weiter wohnen. Zu den Nachbarn von Alexis gehörte damals auch Mona Bismarck. Die besten Stücke aus der Kunstsammlung wurden schon 1975 bei Sotheby’s in Monte Carlo versteigert, die Auktion 2001 waren nur noch die beaux reste. Die wichtigsten Stücke aus dem Nachlass von Alexis die aus der Sammlung von Arturo stammten sind heute als Schenkung in Versailles.
    Patricia Lopez starb erst kürzlich, ihr Nachlass wurde gerade in Paris bei Christie’s anonym verkauft.

  • Francois
    10. Oktober 2013 at 22:52

    Das Hotel Lambert ist leider diesen Sommer durch einen Brand stark beschädigt worden.