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Style Nite oder Marketingmaschine? – Michael Michalsky FW11

Als euer Lieblingsblogger Horst mich darüber informierte, dass mir die Ehre zukommt, nach dem offiziellen Highlight der Mercedes Benz Fashion Week Berlin, der Hugo by Hugo Boss Show, nun auch noch das wahre Highlight, die Style Nite des Königs von Berlin beschreiben zu dürfen, war ich einen Moment lang zu Tränen gerührt. Ganz daisylike habe ich mich aber schnell gefangen und erst mal überlegt, ob meine bescheidenen Marketingfachkenntnisse überhaupt noch dafür ausreichen, der Marketingmaschine Michael Michalsky einigermaßen gerecht zu werden. Nun denn, ich versuche es einfach!
Während es für andere Kollektionsberichte reicht, die Kollektion mehrmals anzuschauen und die Angaben des Designers zu Stoffen, Schnitten, Silhouetten und den Inspirationsquellen zu lesen, muss man als Schreiber bei Michalsky richtig ran. Nicht weniger als sieben Premium Partner und zweiundzwanzig Partner, erstere Bluechips und letztere klingende Marken- oder Firmennamen, weist die Website der Style Nite aus. Woher weiß man als Michalsky Kunde, wer da was aus welchem Grund beigesteuert hat? Ist aber ohnehin nicht so wichtig, so lange am Rande des Events der Extraklasse (O-Ton) auch noch Mode gezeigt wird.

Konnte man bei der ersten und zweiten Style Nite jeweils noch zwei weitere Kollektionen (Kaviar Gauche und Lala Berlin, bzw. das britische Kultlabel Maharashi und die Show Couture der Friedrichstadtpalast Revue Yma) sehen, gab es diesmal Michalsky pur plus TRON:LEGACY. Michalsky hatte laut Eigenaussage um den Dreh rum, als er an der Urban Nomads Kollektion zu arbeiten begann, den alten Tron Film gesehen und blitzschnell die Verbindung zu Tron:Legacy hergestellt und ebenso schnell mit den Leuten von Disney über diese Synergie verhandelt. Manchmal scheint der Erfolg von Designern weniger von den Entwürfen als der Schnelligkeit der Synapsensprünge zu Marketingsynergien abzuhängen. Und Michalsky zählt zu den Schnellsten.

Ich kann das, was sich in Tron geradezu anbot, Michalskys Urbane Nomaden zu begleiten, beim besten Willen nicht in den Klamotten entdecken, aber bitte… Irgendeine Musik, Frisuren und Licht beziehungsweise Bühnenshow braucht man ja ohnehin. Die Männerkollektion, um die es neben der für Daisy etwas gelungeneren Frauenlinie ging, ist schlichter denn schlicht. Helles Grau, etwas Beige und Lila sind neben einem Hauch von Glitzer und Weiß die Farben, ohne die sich der urbane Nomade den kommenden Winter gar nicht vorstellen kann, oder? Aber wo genau bleibt der urbane Nomade im Design? Daisy ist kein blindes Huhn, hat ihn aber dennoch nicht gefunden. Michalsky mag ja sehr ergiebig für die chronisch überarbeitete Berliner Fachpresse sein und knuffig sowieso, aber etwas weniger Fabulierkunst zugunsten der Arbeit an der Männerkollektion hätte es dann schon sein dürfen. Mangels Video der kompletten Show kann ich nichts Abschließendes über die gesamte Männerkollektion sagen, nur zu den auf der Website zum Download bereitgehaltenen Männeroutfits. Und die findet Daisy äußerst unspektakulär, in wirklich jeder erdenklichen Hinsicht. Auch wenn ich Michael Michalsky zugutehalten muss, dass Berlin einfach immer noch nicht der Ort ist, an dem man eine erfolgreiche internationale Designerkarriere starten und ein Label wirtschaftlich erfolgreich führen kann. Praktisch alle Designer dieser Stadt haben ihren Markt in Berlin und – wenn es ganz gut läuft – in einigen weiteren deutschen Städten. Mir fallen nur Carl Tillessen und Daniela Biesenbach und ihr Label Firma als Beispiele für junges Design Made in Berlin, mit internationaler Distribution, seit mehr als zehn Jahren, ein. Bei Michalsky zeigen schon die Showroom-Dates, dass zur Zeit nichts Internationales geplant ist.

Weshalb es mir so wichtig ist, das in einem Kollektionsbericht festzustellen? Aus zwei Gründen, die jeder richtige Designer kennt: Wenn man die benötigte Größenordnung für ein Label nicht erreicht, bekommt man als Kunde der Stoffproduzenten nicht die besten Stoffe, die diese allen Interessenten von Armani bis Zegna auf der Première Vision in Paris (8. Bis 10 Februar 2011, für die Saison SS12) vorstellen. Und wenn man die neuen Stoffe in den besten Farben und innovativen Optiken nicht ordern kann, weil man einen zu geringen Bedarf hat oder die benötigten Metragen nicht einschätzen oder vorfinanzieren kann, dann kommt dabei am Ende in fast allen Fällen etwas ganz anderes als internationale Prét à Porter wie die der Großen heraus. Über diese und weitere logistische Hürden der Branche sind schon Fashion-Press-Lieblinge wie Helmut Lang, Isaak Mizrahi und andere Kollegen zumindest einmal gestolpert. Es ist heutzutage fast ausgeschlossen, ein internationales Label ohne Textilkonzern im Rücken in die schwarzen Zahlen zu bringen. Ausnahmen wie Dries Van Noten, der noch sein eigener Herr ist und 94 Prozent seines Umsatzes mit Mode macht, konterkarieren die Gesetzmäßigkeiten dieser logistisch so schwierigen Branche nur für den eigenen Einzelfall.

Wenn man all das bedenkt, muss man Michalsky & Co. schon wieder allen Respekt zollen. Schön fand ich den einen oder anderen Entwurf der Frauenkollektion, die auch durch die professionellere Präsentation der Models, angeführt durch Highlight Toni Garrn, besser, heller und länger glänzen konnte. Ganz schön geglitzert haben aber auch zwei Sakkos beziehungsweise eine Hose, die der Urbane Nomade nächstens im fahlen Lichtschein der Großstadtlaternen Berlins präsentieren kann … In diesem Sinne, mehr Michalsky Bling-Bling für Berlin!

Bilder: MICHAEL MICHALSKY

  • Horst
    24. Januar 2011 at 11:08

    ich hätte schwören können das prada ähnliche kasacks in der sommerkollektion hat… 😉
    die frauenkollektion hat mir auch besser gefallen als die männer und die modelauswahl fand ich da auch besser!

  • siegmarberlin
    24. Januar 2011 at 14:03

    @ Carl
    ich finde auch, nicht ganz so weit aus dem Fenster und weniger bling bling würde im besser zu Gesicht stehen.

    @ daisydora
    die meisten Sachen der Männerkollektion sind langweilig, wirklich Gutes ist nicht dabei, er tanzt mir auch auf zu vielen Hochzeiten, er hat ja fast einen ähnlichen Status wie unser Udo Walz “ der eigentlich nur in Berlin bekannte, weltberühmte Hairstylist “ Seine Catwalk-Bar ist grausig und wirkt aufgesetzt gestylt. Seine Marketing-Fähigkeiten stehen ausser Frage, als Kreativkopf bei Adidas mit Yamamoto “ Y3″ zu bringen, da war ich schon restlos begeistert.

  • Butchbaby
    24. Januar 2011 at 14:24

    er ist halt kein designer sondern ein …

  • siegmarberlin
    24. Januar 2011 at 14:46

    @ Julia

    so wie ich mich erinnere war er der Kreativ-Direktor von Adidas bis 2006, das dann natürkich alle Marken beinhaltet

  • Daisydora
    24. Januar 2011 at 15:19

    … immer diese Zeitverschiebung … 🙂

    @Rob

    Genau das frage ich mich auch …. dass die Style Nite nicht richtig funktioniert, sollte er ja schon bemerkt haben, als die beiden Berliner Designerinnen, die ja auch nur Lokalgrößen waren, nicht weiter mitgemacht haben … Viel zu groß und hoch aufgehängt 🙂

    @Carl

    Du machst Witze, oder? Sechs Stunden?? Ich glaube, wir sind uns hier einig darin, dass zu viel Drumherum und Marketinggedöns auf zu wenig Modesubstanz trifft … 🙂

    @siegmarberlin

    D’accord! Da trägt man besser Strenesse, Lezard oder Marc O‘ Polo, das ist modischer und da haut das mit den Schnitten und der Verarbeitung auch besser hin …

    Oh ja, der Berliner Promibetrieb, der tut einem echten Kreativen/Designer glaube ich nicht gut. Was nun adidas angeht, wo er so wie du das sagst bis 2006 zugange war ….. da arbeiten ganze internationale Teams an den Trends. Ich will seine Leistungen nicht beschneiden, aber diese Legendenbildung geht mir auch zu weit. Michalsky hatte ja seine erste Männerkollektion MM schon unter den Fittichen und für das Geld von adidas designt und trotz nationaler und internationaler Messepräsenz im Markt versenkt …wie sollen diese Klamotten denn jemals international distribuiert werden, wenn kein adidas Messestand, etc. im Rücken den Namen Michalsky pusht? 🙂

    @Butchbaby

    ….Marketingmodemacher? 🙂

    @Julia

    Ja, genau …. das Designteam auffrischen und alle Energie und Geldmittel nur für die Kollektionserstellung einsetzen …. 🙂

    Ich will hier aber der Fairneß halber nochmals ausdrücklich festhalten, dass bis auf handverlesene Ausnahmen alle guten Designer der Erde mächtige Konzerne im Rücken haben … als Jungdesigner mit der eigenen Kollektion in die Puschen zu kommen, das kann auch bei bestem Talent und größtem Fleiß an den Sachzwängen der branche scheitern …

    @Horst

    Ja, die Damen sind wesentlich besser … zwar auch aus jedem Dorf ein Hund, aber da ist zumindest was drunter …. für mich hätte nur ein singender Jeff Bridges in Tron Klamotten den Abend gerettet .. hahaha 🙂

  • siegmarberlin
    24. Januar 2011 at 16:42

    @ daisydora

    ohne eine Legendenbildung zu unterstützen, die er auch nicht verdient hätte, ist es doch so, dass er als wirklich mal kreativer Kopf, Yamamoto mit ins Boot genommen hat und aus Y3 eine sehr erfolgreiche Marke gemacht. Meiner Ansicht, ist es für ihn besser im Streetwear-Bereich zu bleiben, da ist er glaubhaft.Seine Männer-Kollektion ist alles andere als urban, je mehr ich mir die Bilder ansehe, umso mehr habe ich das Gefühl bie P & C gelandet zu sein.

  • Butchbaby
    24. Januar 2011 at 19:07

    also ich meinte das so:
    wer nicht ausreichend kreativ ist, um sich auf tolle und neue mode zu konzentrieren, der muss halt ein riesen-spektakel drumrum inszenieren (lassen), damit von seiner eigenen einfachheit abgelenkt wird.

    mittlerweile ist die style night 6 stunden. nächstes jahr vielleicht schon ein ganzer tag?

    nur tut mir einen gefallen: LASST IHN NICHT REDEN!!!!!!

  • Daisydora
    24. Januar 2011 at 22:25

    @siegmarberlin

    Ich würde es auch mit Streetwear versuchen, wobei Michalsky ja nie selbst dedignt hat bei adidas … ich denke, dass er gut darin ist, Gesehenes zu verwerten, Eindrücke zu Neuem zu vedichten und so weiter … aber damit, was dabei rauskommt, kann man noch lange keine tolle Kollektion zusammenstoppeln …

    Und zur Ehrenrettung von P&C muss man sagen, dass es dort eine Reihe von professionell gemachten Labels gibt, und man den Laden besser angezogen verlassen kann, als die Casa Michalsky … 🙂

  • Daisydora
    24. Januar 2011 at 22:28

    @Carl

    Unglaublich!
    Aber in Berlin haben die Besucher ja Zeit ohne Ende … in Paris oder New York wäre der Skandal perfekt ….

    Ich sehe schon, in der Style Nite steppte der Bär stundenlang 🙂 und ich war wiedr nicht dabei..

  • Daisydora
    24. Januar 2011 at 22:34

    @Butchbaby

    Mir ist das auch schon seit immer zu viel Gedöns um zu wenig modische Aussage herum. MM als Zeremoniemeister …. und Berlin ist das wilde und unverbrauchte Modemekka-Mantrasprecher … damit kann man nur im internationalen Markt keinen Blumentof gewinnen.

    Wäre schon angemessen, mal so einen Style Nite Marathon hinzulegen, wie Peter Stein seinen Faust sich ins Endlose ausdehnen liess …… 🙂

  • Horstson » Blog Archiv » Heimliche Zwillinge: Jil Sander – Michael Michalsky
    26. Januar 2011 at 11:33

    […] Kasacks kommen nicht groß. Raf Simons präsentierte das Shirt vorletzte Woche in Mailand, Michalsky letzte Woche in Berlin. Sachen […]