Interieur

Salone del Mobile Milano – Hermès Maison in La Pelota

(Boîte Mille Jeux; Bild: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017)

Der diesjährige Salone del Mobile in Mailand war eine der innovativsten und meist besuchten Messen der letzten Jahre. Außer auf dem riesigen Messegelände in Rho, wo alle internationalen Möbelhersteller und in diesem Jahr mit der Euroluce auch alles, was im Bereich Licht und Leuchten global eine Rolle spielt, vertreten sind, gibt es überall in der Stadt spektakuläre Präsentationen. Meist finde diese an sonst nicht zugänglichen Locations statt. Sie werden während des Salone del Mobile angemietet und manchmal ist es fast interessanter als die Objekte, Zugang zu längst geschlossenen Kinos, der Wohnung Leonardo da Vincis oder auch in die Palazzi von Mailänder Adelsfamilien, die wohnen, als wäre die Zeit in einem Visconti-Film stehen geblieben, zu bekommen.

Diligence; Bild: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Besonders viele Aussteller fühlen sich in den Designdistrikt Brera gezogen, der nicht nur einer der schönsten großbürgerlichen Wohnquartiere Mailands ist, sondern auch mit seinen vielen Galerien und besonderen Läden und Showrooms in den letzten Jahrzehnten zum Mittelpunkte des Salone del Mobile geworden ist. Die Straßen, Wohnungen und auch fast alle Geschäfte in Brera stehen für eine Woche voll im Zeichen von Interieur und Design. Neben solchen Institutionen, wie den Dimore Studios oder auch dem Conceptstore Corso Como machen alle Platz für Präsentationen von Neuheiten, Designretrospektiven oder auch Hommagen an einzelne Designer. Der deutsche Konstantin Grcic wurde in diesem Jahr genau so geehrt, wie das 35-jährige Jubiläum der Memphis-Gruppe, die 1982 die Designszene revolutionierten, im Vordergrund stand.

Tie Set; Bilder: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Eine der schönsten Locations ist in der Via Tortona. Sie liegt etwas versteckt im Hinterhof der ehemaligen Ballsporthalle „La Pelota“, in der in reinstem Dreißiger-Jahre-Stil das früher auch in Italien populäre Baseball gespielt wurde. Heute ist die weitläufige Halle eine Modeagentur, die für Events vermietet wird.
Dort präsentierte Hermès seine neue Maison Kollektion aus verschiedenen Elementen, wie Möbel, Stoffe, Tapeten und Wohnaccessoires, nebst seiner neuen Porzellanlinie, die den Titel „Tie Set“ trägt.

Porte buches; Bild: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Die Hermès Maison Kollektion will keine kommerzielle Möbelkollektion aus einem Guss sein; vielmehr stellt sie individuelle Stücke her, die man eher als Masterpieces bezeichnen kann. Die Möbel, wie der gerade vorgestellte Reisesekretär, in denen man Carrés verstauen kann, sind als Beispiele gedacht, die dann individuell auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt und angefertigt werden. Alle bisher erschienenen Serien werden weiter gefertigt und so ist die neue Kollektion ein Add-on von Designerstücken, die in der Art der einzelnen Metiers den Geist von Hermès atmen, aber von den verschiedensten Designern in den Ateliers umgesetzt werden.
Den Kern dieser Stücke bilden immer die Materialien und die Wurzeln von Hermès. Die Präsentation in Mailand bildete als Hommage ein aus Ziegeln einer über dreihundert Jahre bestehenden Manufaktur einer toskanischen Familie gebauter Stall, der auf leichte, lichtdurchflutete Weise an die Pferdeställe erinnerte, denen Hermès 1837 seine ersten Kunden verdankte. Ausgangspunkt der Designs ist ledernes Zaumzeug, das als Auftakt an der Wand hing und nach wie vor in den Ateliers gefertigt wird.

Vasen; Bild: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Alle Teile, bis auf wenige Ausnahmen, sind mobiles Interieur, können leicht bewegt werden und sind transportabel. Funktionalität, Ästhetik und sichtbare Qualität der Materialien stehen im Vordergrund bei jedem Stück. Daraus entstehen interessante Objekte, die unsere Wohnwelten, egal, ob im kleinsten Apartment oder im großen Landhaus perfekt ergänzen. Egal, ob es eine Garderobe ist, die aus Leder und direkt weiterentwickelt aus dem Zaumzeug ist, oder Vasen, die in der Kristallmanufaktur Saint Louis entwickelt wurden und mit Brick-Bridle-Leder ummantelt wurden. Es gibt überall Zitate, die klar die Sprache der Hermès-Philosophie sprechen. Überraschende Ideen, wie ein ewiger Kalender, achteckige Boxen, ein Wallnusstablett mit einem Lederhalfter oder „Picotin“ und „Diligence“ ein Beistelltisch mit einem Korb, der gleichzeitig zwei Funktionen vereinigt und ein Barwagen, der Mobil zwei große silberne Tabletts offeriert, alles ist perfekt multifunktional benutzbar und die Verwendung der Fantasie des Besitzers überlassen. Der Schreibtisch „Attelage“ aus heller Eiche kombiniert mit natürlichem Stierkalbleder erinnert an eine Equipage, die mit nordisch modernem Design modifiziert wurde und so zu einem hochmodernen puren Möbelstück wird.

Boite octo bzw. Boite rondes; Bilder: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Die Art de Vivre-Objekte sind kleine Helfer des Alltags in allerfeinster handwerklicher Ausführung und edelsten Materialien. Wobei als roter Faden meist mit hellem leichten Holz, sommerlichen Korb, dem sogenannten „Ozier“, und naturgegerbtem, hellem Leder gespielt und kombiniert wird.
Ob Schreibtischaccessoires, kleine Ablagen, oder allerlei Verwahrboxen für Briefe, Spiele oder Karten, wurden kleine Trouvaillen geschaffen, die das Wohnen und Arbeiten auf luxuriöse Weise angenehmer machen und zum Sammeln einladen – es sind Schätze der Wohnkultur. Die Bezugs-, Gardinen- und Dekostoffe von Hermès entsprechen wie immer eher klaren und grafischen Grundsätzen. Moderne Interpretationen von Carré-Themen stehen dabei ebenso im Vordergrund, wie grafische Vergrößerungen von Stoffstrukturen und Mustern. Dazu wird die Range von den Hermès-Plaids und -Decken erweitert, durch Entwürfe, die in feinstem Vikunja und handgewobenen Kaschmir ausgeführt sind.

Picotin (links), Plaid „Album de colportage“ (rechts); Bilder: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Hauptaugenmerk galt diesmal in Milano dem vielteiligen neuen Porzellanservice „Tie Set“, das in vielfachen Variationen zum kombinieren einlädt und die Mikromuster der weltberühmten Hermès-Krawatten aufnimmt. Klar von der Form, Stapelware und natürlich Spülmaschinen geeignet, passt es in seiner fröhlichen, jedoch klaren Musterung zu jedem modernen und traditionellen Wohnstil und zu alles regionalen Esskulturen. Gleich, ob Asien oder Europa – das „Tie Set“ wandert vom Kragen auf internationale Tische.

Groom attelé (links), Portemanteau (rechts); Bilder: Maud Remy-Lonvis, Studio des fleurs © Hermès Paris 2017

Bei einer Rallye durch Brera konnte man dann auch die Hermès-Tapeten und erstmals auch die Kinderzimmertapeten entdecken. Denn Eisdielen, Trattorien und Bars waren damit für den Salone des Mobile von innen und außen tapeziert. Unter dem Motto Hermès on the wall, war Italiens Modestadt plötzlich fest in Pariser Hand.

Mehr Eindrücke von einer vor Wohninnovationen nur so strotzenden Messe gibt’s demnächst hier bei Horstson. Mein Notizbuch ist stramm gefüllt von einer spannenden Woche Mailand …

  • thomas
    19. April 2017 at 20:45

    So wundervoll kann das nur einer beschreiben

  • Veronika
    20. April 2017 at 10:11

    Als wäre man dabei gewesen…. <3