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Peter’s Cuttings – Walter Albini


Bild: G.Barbieri

Heute möchte ich an jemand fast vergessenen erinnern, der die italienische Mode – als sie laufen lernte und Italien begann eine ernstzunehmende Konkurrenz für Paris zu werden – stark beeinflusste. Dem Armani, Versace und Co zu verdanken haben, dass es heute so etwas wie die Mailänder Modewoche und eine starke italienische Modeszene gibt.
Walter Albini wurde 1941 in der Lombardei geboren und sollte für seine Eltern eigentlich etwas Ernsthaftes wie Kunstgeschichte studieren. Walter brach aber sein Studium ab und ging an das Istituto d’Arte, Disegno e Moda in Turin. Eine Modeschule, die 1957 nur für Mädchen geöffnet war, weil ein italienischer Mann zu der Zeit natürlich nichts mit solchen Themen am Hut hatte. Als einziger männlicher Student machte er 1960 seinen Abschluss als zertifizierter Modedesigner.

Vogue Italy; 1971

Neben zahlreichen Firmen, für die er Kollektionen entwarf, arbeitete er ab 1965 mit Karl Lagerfeld für das Modehaus Krizia zusammen, das bis in die Neunzigerjahre zu einer der stärksten italienischen Marken gehörte. Und, er machte auch schon seine eigene Kollektion. Typisch Italiener, verwendete er gerne Seidenstoffe von Corisia und von vielen anderen bekannten italienischen Webereien. Italiens Seidenindustrie rund um Como stand damals auf dem Höhepunkt und selbst alle Pariser Couturiers verwendeten italienische Stoffe. Es gab praktisch keine Konkurrenz, Fernost war noch kein Thema, die französische Seidenindustrie gab sich wenig modern und die Italiener experimentierten mehr mit Modernität und mit neuartigen Drucken.
Die „Alta Moda“ – so zu sagen das italienische Gegenstück zur Haute Couture – wurde von Roberto Capucci, Emilio Schubert und dem jungen Valentino Garavani repräsentiert. Im Konfektions- bereich machten Krizia und Genny von sich reden. Aber Italien stand durch seine Modernität im krassen Gegensatz zu Frankreich und man suchte neue Wege, wollte sich unterscheiden. War schon viel mehr auf „Prêt à Porter“ Kollektionen orientiert. Nino Cerruti gab die Anregung, nicht nur italienische Stoffe weltweit zu präsentieren, sondern auch gleich zu zeigen, was man daraus alles machen kann.

Walter Albinis Stil zeichnete sich durch viele konstante Elemente aus und war für eine moderne, spielerische Frau gedacht, die aber Klarheit und Graphik liebte. So waren seine graphischen, fließenden Silhouetten auf viele Einflüsse aufgebaut: Art Deco-Stil, Poirets Inspiration und Interpretation des Liberty-Stils, das Bauhaus, Dekonstruktivismus, sein Stilvorbild war Madame Chanel.
Seine Kollektionen folgten einer festen Linie und setzten sich aus fließenden Hosen, Martingale Jacken mit flachen Revers oder Hemdjacken – die der klassischen italienischen Männermode entnommen waren – zusammen. Sandalen, zweifarbige Schuhe, die ersten wasserfesten Boots und gestrickte Kappen als Accessoires. Bermuda-Shorts für Frauen und Shirt-Jacken im Sommer.

Eigentlich prägte er, später von Armani perfektioniert, den Männerlook: Hose, Hemd und Jackett. Zudem hat er das Printdesign wieder belebt, das seine Einflüsse in den Zwanzigerjahren hatte. Sternzeichen, Ballerinen, Scotch Terrier oder Madonnen wurden auf fließende Seiden-Ensembles gebannt oder in Prints verarbeitet.
Viele Einflüsse sind heute noch in dem von uns als italienischer Lässigkeit empfundenen Stil der italienischen Modeschöpfer erhalten. Viele wurden durch ihn angeregt. Albini ebnete mit den Weg dafür, dass Italien Paris immer ganz dicht auf den Fersen liegt.
1983 starb er – zu einer Zeit, als Mailand ganz weit vorn lag und sämtliche Trends aus seinem geliebten Heimatland kamen. Memphis wurde gegründet. Gianfranco Ferre, Versace, Armani, Byblos, alle schicken Marken kamen aus Italien und er war einer, der das möglich gemacht hat.
Leider gibt es nur ein Buch, das wirklich lohnenswert ist. Es ist 2010 erschienen, von Stefano Tonchi geschrieben und heißt „Walter Albini und seine Zeit“. Mit dem Peter-Prädikat: Unbedingt empfehlenswert!

Bilder: Vogue Italy; Albini; G.Barbieri; mikapoka

  • thomas
    26. März 2012 at 11:23

    Ein wirklich schoener Start in die Woche!

  • siegmarberlin
    26. März 2012 at 12:01

    @ Peter
    wie immer ein wunderbarer Bericht und ein toller Buchtip, der Name war mir gänlich unbekannt, Krizia u. Genny bei mir auch total vergessen, leider

  • Renate
    26. März 2012 at 13:11

    Lieber Peter, ganz wundervoll 🙂

  • Daisydora
    26. März 2012 at 18:47

    Seht schön – auch wenn ich nur noch das Auslaufen dieser Ära mitbekommen habe, finde ich es sehr interessant, hier lesen zu können, wie alles mit allem zusammenhängt … 🙂

  • Monsieur_Didier
    26. März 2012 at 20:26

    …ein toller Bericht, gerne mehr von dieser Art…
    vielen Dank…!

  • thomasH
    27. März 2012 at 17:26

    der mann kann schreiben! jeder artikel eine große freude!
    und das peter-prädikat ist vermutlich eins der begehrtesten prädikate der welt! glücklich ist, wer eins verliehen bekommt 🙂