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Peter’s Cuttings – Vichy Wahn

Es ist ein absoluter Klassiker und ich gebe zu, ich liebe es, das Vichy Karo.
Assoziationen wie Bettwäsche, Bauernbluse oder Küchenhandtuch mögen dem einen oder anderen in den Sinn kommen. Eigentlich ein ländlicher Bauernstoff, nach dem französischen Kurort Vichy benannt, taucht er im 18.Jahrhundert parallel in Frankreich, Deutschland und Spanien auf und ist eigentlich immer als Wäschestoff benutzt worden. Lange führte er ein eher ärmliches Dasein und wurde außer für Bauern- oder Arbeitshemden gar nicht so in der Mode berücksichtigt.

Nach dem Krieg in den Fünfzigerjahren und mit dem Aufkommen des Jeunesse Stils, gab es aber eine französische Schauspielerin, deren Lieblings-Muster das Vichy Karo war: Brigitte Bardot. Sie lancierte weite Baumwollröcke, aus Stoffen mit dem fröhlichen Karo oder Caprihosen … neben Bienenkorb-Frisur und ansehnlicher Oberweite wurden die Stoffquadrate zu einem ihrer Markenzeichen.
Jungs wie Alain Delon oder Gunther Sachs trugen blau- oder rotkarierte Hemden zur weißen Jeans in Saint Tropez und la Bardot ihren berühmten, roséfarbenen Karo-Bikini mit Volants, als Saint Tropez noch ein kleines Fischerdorf war.

Unsterblich machte dann Michelangelo Antonionis Film „Blow up“ die Kombi Karohemd und weißer Denim, den David Hemmings den ganzen Film über trägt. Ein Vichy Karohemd gehörte zur Grundausstattung eines jeden Mod’s seit den frühen Sechzigerjahren. Vichy Karohemden und Blusen sprechen die gleiche Sprache, wie weiße Blusen oder Hemden. Sie rufen: Schaut, ich bin unschuldig und rein und strahlen trotzdem einen gewissen Sexappeal aus.
Gleichzeitig mit diesem Saint Tropez-Stil feierte das Karo im Interieur-Bereich eine Verwandlung und ein Comeback. Weg vom Chalet oder der Almhütte – hinein in die Metropolen wie London oder New York. Interieur-Designer wie David Hicks bezogen Club-Sofas oder Louis XV. Canapés damit und kombinierten sie zu Plexiglas-Möbeln. Francois Catroux kombiniert den Mädchenzimmer-Stoff mit Pop Art Gemälden oder Vasarely-Grafiken.
Auf die Spitze trieb es die bis heute immer jünger werdende Dauer-Milliardärin Gloria Vanderbilt. Ihr Appartement an der Fifth Avenue glich Ende der Sechzigerjahre einer karierten Holly-Hobby-Hölle. Karos allover, gemischt mit Luneville-Keramik, Kohlkopf-Terrinen, Quilts und provenzalischen Madonnen-Bildern. Vichy Karos in amerikanisierter Society Lady Adaption, nur etwa Lichtjahre von ihrer bäuerlichen Herkunft entfernt.

Vichy Karos haben etwas niedliches, aber auch etwas von Arbeitskleidung und sie sind natürlich aus dem seit den Siebzigerjahren eingeführten Segment der Sportswear überhaupt nicht weg zu denken.
Ralph Lauren hat ständig welche in der Kollektion, vornehmlich in roter und marine Variante. Paul Smith kombiniert es gerne zu klassischen Business-Anzügen. Chanel hat in seiner Croisière Kollektion im letzten Jahr Frau Bardot und ihren rosa Bikini wieder auferstehen lassen. Das vornehme Dekorationsstoff-Haus Pierre Frey führt ständig etwa sechzig Farben in seiner Vichy-Stoffkollektion. In jedem Bereich hat es sich fest etabliert, und sei es als Geschenkband oder als Kinderzimmer Tapeten-Bordüre. Von billig bis teuer, das Karo ist in jedem Preissegment vertreten und gesellschaftsfähig in jeder sozialen Schicht und Altersgruppe.
Vichy’s machen unseren Alltag, unsere Umgebung und unsere Garderobe kariert und fröhlich. Sie kommen nie aus der Mode, können sich ihrer Umgebung anpassen, mal unschuldig mal erotisch sein, und sie sind ein ewiger Klassiker.
Diesen Sommer soll es angeblich wieder ein Comeback der kessen Karos geben. Aber wieso eigentlich ein Comeback? Sie waren doch nie weg.
Forever Young, die kleinen Quadrate – lasst sie hinein in eure Kleiderschränke und Wohnungen. Ihr werdet es nicht bereuen.

  • petra fischer
    9. Januar 2012 at 11:04

    @peter :da bin ich dabei;))

  • Ulrike Teterycz
    9. Januar 2012 at 11:11

    Wir freuen uns schon sehr auf die Herren-und Damenhemden von B.D. Baggies aus Baumwolle in Vichy Karo, diesen Sommer in unserem kleinen Laden in Seeshaupt am Starnberger See.

  • blomquist
    9. Januar 2012 at 11:24

    Oh ja-
    ein hellblaues Vichy Karohemd könnte ich auch mal wieder gebrauchen.

  • siegmarberlin
    9. Januar 2012 at 13:51

    ich liebe den Film “ blow up “ und seit jahren immer ein hellblaues Vichy Karohemd sowie weißer jeans im Schrank. sehr schöner Artikel, danke Peter

  • 069
    9. Januar 2012 at 15:40

    Gefällt mir ausgesprochen gut!

  • Daisydora
    9. Januar 2012 at 16:36

    Schöner Bericht und ich mache auch mit 🙂

  • Horstson » Blog Archiv » Wir lieben Griechenland und seine Farben …
    9. Februar 2012 at 14:25

    […] praktisch immer in Mode sind, hat unser Couture-Sonderkorrespondent Peter ja schon vor einiger Zeit hier verkündet. Zum Beweis zeige ich euch die schicken Basil Pleated Buffalo Check Shorts (links) […]