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Peter’s Cuttings – Verrückt nach Schottenkaros


3 verschiedene Tartans. Bild: Ellywa

Ich gebe es ja zu, dass ich sie schon als Kind geliebt habe: es gibt ein ganz frühes Bild von mir auf dem ich ein Schotten-Mäntelchen anhabe und dazu Kniestrümpfe mit Rauten. Die Schottenkaros, mit Fachausdruck Tartans genannt, sind bis heute mein geheime Liebe geblieben.
Für einige ist es eine komische Vorstellung, dass Männer mit Röcken herumlaufen, aber es sind ja auch keine Röcke, sondern Kilt’s und die stehem manchem kernigen Schotten mehr als gut.
Vor allem aber kommt es ja darauf an, was man dazu kombiniert. Von den Tartans, die so eine Art Familien- oder in dem Fall Clan-Erkennungsmerkmal sind, gibt es über 2.500 verschiedene Musterungen. Wobei es fast jeden Tartan noch in einer alten historischen und einer modernen Variante gibt. Black Watch, Royal Stewart und MacPherson sind die bekanntesten – aber die Variationen finden kein Ende. Die englische Königsfamilie hat ebenso ihren Balmoral Tartan wie alte schottische Adelsgeschlechter.

Tartan Weberei in Lochcarron, Schottland; Foto: Karora

Seit mehr als 800 Jahren weben die Schotten ihre charakteristischen Karos und die Wolle und die Tweeds sind weltberühmt und längst unzählige Male um die Welt gegangen und in vielen Modewellen auch in den großen Modehäusern und Kollektionen aufgetaucht. Ralph Lauren hat immer welche in seinen Kollektionen, genauso wie Tommy Hilfiger oder Saint Laurent. Paul Smith und Vivienne Westwood haben keine Kollektion, in der es keines gibt. Aber auch in der Damenmode tauchen sie immer wieder auf – von klasssisch bis avantgardistisch: Chanel tut es ebenso gerne, wie Hermès. Karos sind einfach Trumpf.

Kilts gibt es auch modern. Hier von 21st Century Kilts

Außer der eher formellen, an eine Uniform erinnernde Variante, hat es in den letzten Jahren in Schottland eine Bewegung gegeben, den Kilt wieder populär zu machen und jung und mit Sportswear zu kombinieren. Mit kernigen Wollsocken, offenen Boots und groben Pullis genauso wie mit Sweatshirt oder T-Shirt. Und man wundert sich, wenn man nach Edinburgh oder Glasgow kommt, es haben viele, viele Jungs einen Kilt an – auch im Alltag. Schliesslich gibt es nichts bequemeres. Um die Frage gleich vorweg zu nehmen, ich hab sie schon mit meinem englischen Onkel als Kind geklärt: man hat nichts unter dem Kilt drunter und beim Militär wurde dieses früher überprüft, indem man die Rekruten morgens über einen Spiegel laufen ließ.
Im 20.Jahrhundert gab es in der Männermode mehrere große Wellen der Tartans. In den zwanziger Jahren machte der Herzog von Windsor die flotten Schottenstoffe europaweit populär und seine berühmte Aktentasche, die Hermès aus seinem eingelieferten Stoff fertigte, ist noch heute eines meine heiß begehrten Objekte der Begierde. Ein Schottenhemd sollte in jedem gut sortierten Männer-Kleiderschrank sein und ein Sakko in Tartan auch – man muss ja nicht gleich Dudelsack und Clan-Messer dazu kombinieren.

Vivienne Westwood; Fall/Winter 2012/2013

Tendenziell sieht man im Moment die ersten leisen Anflüge eines Comebacks des Karos und ehrlich gesagt hoffe ich auf eine große Karo-Welle. Marc Jacobs verehrt ja der Schotten liebsten Stück auch und trägt es ständig. Es ist an der Zeit und die Britin Vivienne Westwood, eh prädestiniert durch ihre Herkunft, hat in ihrer diesjährigen Männerkollektion auch schon gut vorgelegt. Sie geht sogar so weit, auch den klassischen Kilt-Schuh, natürlich in modernisierter und etwas überdrehter Westwood-Art, in die Kollektion zu nehmen. Die Sakkos und die Hosen sind eher eng geschnitten und teilweise in Patchwork. Die Karos sind ultra-klassische Stewarts und Black Watches. Shopper und Messenger Bags werden ebenso mit Schotten versehen, wie Pullis mit V- oder Rundhals-Ausschnitt.

Vivienne Westwood; Fall/Winter 2012/2013

Natürlich sollte man einen Kilt nur authentisch tragen, von Traditionsfirmen wie Kinloch Andersen und dann nach Maß. In Edinburgh gibt es diverse Webereien, die hunderte von Stoffbunches bereit halten, aus denen man seinen Lieblings-Tartan auswählen kann und die Schneider dann den Kilt anfertigen. Wichtig ist der Sitz und die Passform, denn ein rutschender oder nicht sitzender Kilt kann schnell zum Quälgeist werden. Am besten ist es sicherlich, wenn man in Schottland geboren ist und damit aufgewachsen ist, dann wirken Kilts authentisch und nicht wie ein Karnevalskostüm oder ein bayerischer Janker in Norddeutschland. Für Mitteleuropäer gibt es ja aber auch die Variante als Smoking mit schwarzem Samt Tuxedo Jacket und karierter Hose – eine schöne Abwechslung zum einerlei der schwarzen Abendanzüge.
Karos sind nicht nur was für Mutige, sondern eigentlich die klassische und stilvolle Variante für Männer, die egal ob kerniges Holzfällerhemd oder Sakko, nicht kleinkariert erscheinen wollen.

Freiheit: Hier von 21st Century Kilts

Für die Schotten ist das Tragen ihrer Tartans aber auch so eine Art von Freiheits- und Unabhängigkeits-Beweis – wer ist nicht gerne Unabhängig?! Deswegen bin ich vielleicht auch ein bisschen verrückt nach Karos und ich hoffe, dass es ganz viele auch werden. Denn wer will schließlich nicht seine Freiheit zeigen?

  • thomasH
    22. Oktober 2012 at 10:28

    ja ja ja ja ja!! 🙂

  • Monsieur_Didier
    22. Oktober 2012 at 10:35

    …zwei Anmerkungen zu diesem wundervollen Artikel:
    …ich würde zu gerne das Bild von Dir in diesem Schotten-Mäntelchen mit den Rauten-Kniestrümpfen sehen…

    und mir fällt dabei ein, dass Vivienne Westwood für ihren Mann Andreas Kronthaler ein eigenes Schottenkaro produzieren ließ. Kann es eine größere Liebeserklärung geben?

    …wohl kaum, ich wäre auch extrem erfreut…

    …herzlichste Grüße nach Hamburg 😉

  • Katja
    22. Oktober 2012 at 11:36

    Mit einem Schottenrock kann ich mich bei Männern nicht anfreunden! Schottenkaro trage ich auch gerne 🙂

  • thomas
    22. Oktober 2012 at 14:49

    Einn Prinz Harry kann ich mir auch sehr gut in einem Kilt vorstellen 😉
    Schöner Artikel!

  • Monsieur_Didier
    22. Oktober 2012 at 15:13

    …ach na ja, ich muss gestehen, Prince Harry würde mir ohne Kilt besser gefallen 😉

  • Volker
    23. Oktober 2012 at 08:18

    Kilts müssen es nun wirklich nicht sein, Harry hin oder her. Hoffe das sich gleichzeitig mit den Karos der klassische britische Stil durchsetzt.