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Peter’s Cuttings – Model-Ikone Pat Cleveland

Spätestens heute ist auch dem Letzten klar, dass man weder durch Castingshows ein berühmter Gesangsstar noch ein famoses Model wird – eigentlich geschieht das meistens durch Zufall oder weil man über eine besondere Begabung verfügt.
Einer der jahrzehntelang erfolgreichsten Frauen ist es ähnlich passiert, allerdings über viele Umwege und sie verdankt es eigentlich einer Begegnung in der New Yorker U-Bahn. Die Rede ist von der umwerfenden Pat Cleveland.
Sie war nicht nur das erste „farbige“ Mädchen auf einem Vogue-Cover, sondern auch eine beeindruckende und intelligente Persönlichkeit und das ist sie noch, obwohl sie nicht mehr „läuft“, wie das früher so schön hieß …

Pat Cleveland wurde am 23. Juni 1952 in New York geboren. Der Vater war Saxofonist, die Mutter Malerin, beide wurden in Amerika geboren und hatten einen bunten Cocktail von Vorfahren im Blut. Afroamerikanische Wurzeln ebenfalls, wie irische und schwedische Vorfahren und Pat war das, was man „coloured“ nennt. Ihr fliegendes Haar sollte später neben ihrem zauberhaften Aussehen und ihrer Figur zu ihrem Kapital werden. Vielleicht ist es genau diese Mischung gewesen, die sie so zu einem attraktiven und zauberhaften Typ machte.

Die Eltern ließen sich bald scheiden und Pat wuchs bei ihrer Mutter auf und studierte Modedesign an der New York High School for Fashion Design.
Als sie eines Tages mit ihrer Freundin auf dem Weg zur Schule in New York in der Subway fuhr, fiel sie sofort Carrie Donovan (wir berichteten schon über sie) auf, die Fashion Editor bei Vogue war. Donovan war so angetan, dass sie die Mädchen verfolgte und die schon dachten, dass Carrie irgendetwas Merkwürdiges im Schilde führte. Die Exzentrikerin war begeistert und Pat erzählte ihr von ihren Entwürfen und Carrie Donovan bestellte sie in die Vogue-Redaktion ein.
Der erste Bericht in Vogue lancierte sie dann als aufkommendes neues Design-Talent und ihr Aussehen spielte zunächst gar keine Rolle. Allerdings gefiel den Leuten des Magazins „Ebony“- Magazins das Foto in dem Bericht der Vogue so gut, dass sie ab da für alle Fashion-Strecken des Ebony genommen wurde und eine Tournee durch die USA mit Modenschauen für sie machte. Modedesign adé und das Modelleben begann.

Heute würde uns Pat Cleveland kaum noch als afroamerikanisches Model auffallen, denn sie entsprach total dem Stil der späten 60er Jahre. Groß, schlaksig und ihr besonderes Markenzeichen – wie sie es selbst nannte – „Magic Carpet“ naturgekraustes Haar, lagen voll im Trend und sie war nur ein wenig dunkel.
Während der Ebony Tournee hatte sie aber auch das Schlüsselerlebnis, das sie später von Amerika weg bringen sollte, weil sie nie darüber hinweg kam und das Land dafür verachtete, obwohl sie mit Diana Vreeland, Andy Warhol und Irving Penn immer bessere Jobs und Projekte machte: Das Ebony Team wurde vom Ku-Klux-Klan überfallen und, wie sie später sagte, nicht nur bedroht, sondern sie wollten sie töten – nur weil sie eine andere Hautfarbe hatten. Mit Amerika kam sie fortan nicht mehr zurecht, obwohl sie dort geboren war.

Ihr bester Freund, der Illustrator Antonio Lopez (auch ihn kennt ihr aus unseren Berichten), brachte sie auf die Idee, in Mailand und Paris zu modeln und so ging sie mit ihm 1970 nach Paris. In Paris wurde sie sofort von der Clique um Karl Lagerfeld, Antonio und Saint Laurent adoptiert und durch ihre positive Art engagierten sie Valentino, Saint Laurent, Dior etc. für die Schauen vom Fleck weg.
Im Sommer des selben Jahres fuhren alle nach St. Tropez (in diesem Urlaub machte Helmut Newton die berühmten Bilder von Karl Lagerfeld im Badeanzug mit der Cola Flasche) und Cleveland genoss die tolerantere Einstellung der Europäer. Ihr Stil wurde, ermutigt durch ihre Freunde, immer flamboyanter – so ging sie mittags zum Lunch im String Tanga, behängt mit großen Strassketten, Armreifen und High Heels. Mit Mick Jagger flirtete sie aufs Heftigste und man sagte ihnen eine Affäre nach. Nach und nach wurde sie zu einem der berühmtesten Models der Welt und entwickelte ihren ganz eigenen Stil.
Cleveland inszenierte auf dem Laufsteg den Look mit ihrer ganzen Person – sie tanzte wild oder gab überzogene Gesten auf die Kleider. In vielen Modenschauen, in denen sie bis in die späten 80er Jahre lief, ist es noch zu sehen. Ende der Siebziger verhalf sie, die jedes der Outfits die sie trug zum Renner machte, Thierry Mugler oder auch Montana zum Durchbruch und Kenzō Takada engagierte sie ebenso, wie die Klassiker und etablierten Häuser.

Ins Gedächtnis der meisten Menschen hat sie sich aber als Muse und, zusammen mit Angelica Huston und Karen Bjornson, als sogenannte „Halstonette“ des amerikanischen Jetset Designers Halston gegraben. Halstons Stil ist ohne die drei Models undenkbar und sie verkörperte ihn perfekt. 1974 zeigte die amerikanische Vogue das erste afroamerikanische Model auf dem Cover – für Cleveland das Signal, wieder Jobs in ihrem Geburtsland anzunehmen. Später heiratete sie und bekam zwei Kinder. Weiterhin lief sie aber immer noch Schauen für ihre Freunde, wie Oscar de la Renta, Saint Laurent und natürlich für alle Karl Lagerfeld Projekte wie Chloé, Lagerfeld oder Chanel. Schließlich brachte sie auch noch Patrick Kelly nach Paris.
Ihr Witz, ihr Humor und ihre individuelle Art der Präsentation machten Mode und Kollektionen zu einem unvergesslichen Erlebnis und man wartete förmlich auf ihre Auftritte. Pat Cleveland prägte das Modellbusiness über zwei Jahrzehnte mit und schrieb schließlich das Buch mit dem bezeichnenden Titel „The Ugly Business of Beautiful Women“.

Pat Cleveland; Bild via RoyalDish

Pat Cleveland gehört zu den Persönlichkeiten, die mich zur Mode brachten und die weit über dem standen, was heute ein Model repräsentiert: eigene Persönlichkeit, Stil, Exzentrik und seinen eigenen Weg gehen – das sie wunderhübsch war, stand bei ihr eigentlich gar nicht so im Vordergrund wie ihre Allüre und ihr Auftritt. Sie gehört für mich zu den Phänomen, die Mode unvergesslich und zu dem macht, was sie ist – eine der schönsten Dinge der Welt, auch dank Pat Cleveland.

Heutzutage würde sie wahrscheinlich aufgrund ihrer Individualität in jeder Model-Castinghow in der ersten Runde rausfliegen und das wäre auch gut so – da würde sie vermutlich auch gar nicht mitmachen, denn Jahrhundert-Talente werden in solchen Sendungen ja nicht entdeckt …

  • Volker
    27. Mai 2013 at 10:20

    Es freut mich mal wieder was über Pat Cleveland zu lesen.

  • Siegmar
    27. Mai 2013 at 11:12

    wunderschöner Artikel über eine wunderschöne Frau und eine sicherlich tolle Zeit in Saint Tropez

  • Markus Brunner
    27. Mai 2013 at 11:53

    großartig peter, pat fand ich auch schon immer sensationell….

    „so ging sie mittags zum Lunch im String Tanga, behängt mit großen Strassketten, Armreifen und High Heels“……i love