Allgemein

Peter’s Cutting – Pariser Frühstück à la Claus

claus estermann paris
Claus Estermann; Bild mit freundlicher Genehmigung von Claus Estermann

Zugegeben, das Frühstück gehört nicht zu den Hauptmahlzeiten der Franzosen. Ein Milchkaffee und ein Croissant oder ein Tartine, nur mit etwas Marmelade bestrichen, sind der klassische Tagesstart, und da man, im Gegensatz zu uns, immer ein richtiges Mittagessen einnimmt, auch vom Stellenwert der Mahlzeiten eher ein Stiefkind.
Als ich vor ein paar Jahren hörte, dass sich ein Deutscher mit einem Laden selbstständig macht, der sich in Paris komplett dem Thema „Frühstück“ widmet, dachte ich zunächst, na dann viel Spaß, das wird ein harter Weg oder in etwa so, als wenn man den Eskimos Kühlschränke verkaufen möchte …
Wer so ein Wagnis, aber auch eine solche Herausforderung annimmt, muss eine spannende Persönlichkeit sein und Visionen haben. Die Vision von Claus Estermann, so heißt der Namensgeber des schönen Geschäftes „Claus – L’épicerie du petit-déjeuner“, was so viel bedeutet wie Frühstücks-Tante-Emma-Laden, ist ein Mann, der neugierig macht und sehr ausgeglichen, angekommen und glücklich wirkt.
SONY DSC
„Claus – L’épicerie du petit-déjeuner“; 14 rue Jean-Jacques Rousseau in Paris; Bild mit freundlicher Genehmigung von Claus Estermann

Sein Laden, der nur zwei Straßen weit von einem der schönsten Orte in Paris liegt, dem „Palais Royal“, ist auf der Rue Jean Jacques Rousseau. Sie liegt im ersten Arrondissement und ist noch nicht ganz im Marais – ein Stadtteil von Paris, der zwar sehr schön ist, aber immer kommerzieller wird. Das „Claus – L’épicerie du petit-déjeuner“ liegt auf dem Rive Droite, ein Viertel von Paris, wo es noch viel zu entdecken gibt. Die Galerie Véro Dodat. mit ihrem Gemisch aus der exorbitant guten Designgalerie von Pierre Passebon, aber auch der Schuhmacher, der sich auch mit den feinsten Schuhen zum Reparieren auskennt oder allerlei wunderliche Spezialläden, sind dort angesiedelt. Am Ende der Galerie ein richtiger Kultladen: die erste Boutique von Schuhkönig Christian Louboutin. Als er sich dort Anfang der 90er Jahre ansiedelte, ahnte er nicht im geringsten, dass dort einmal die halbe Frauenwelt hinpilgern wird.

Sonst ist alles sehr ursprünglich in der Rue Jean Jacques Rousseau geblieben und vielleicht war es auch genau das, was für Claus Estermann den Reiz ausmachte, als er sich den von ihm wunderbar gestalteten Laden anschaute.
Die „Épicerie Claus“ verströmt einen ungeheuren Charme, nicht nur weil sie perfekt im Service und in der Auswahl der Produkte ist, sondern weil sie eine sehr reizvolle Mischung ausstrahlt. Man das Gefühl, dass die Professionalität der Gastronomie auf ein, anders als in anderen Läden, liebevolles und lässiges Design trifft.
claus estermann paris (3)claus estermann paris (6)
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Claus Estermann

In Frankreich hat es zwar ein bisschen gedauert, bis Nachhaltigkeit und Ökologie stärker ins Bewusstsein rückten, nun ist es aber in der jetzigen Generation ein wichtiges Thema und so trifft Claus mit seinen frischen Produkten und seinen aus kleinen Manufakturen stammenden Lebensmitteln genau den Nagel auf den Kopf. Das Erdgeschoss „Rez de Chaussée “ ist nämlich nicht nur der Präsentation der leckeren Muffins, Kuchen, Brote und Co. gewidmet, sondern offeriert auch leckere Marmeladen aus dem Elsass, die von einem kleinen Familienbetrieb nach Paris geliefert werden, die Palette der Öle und des Honigs von Daniel de la Falaise (wir porträtierten ihn vor Kurzem) sind von deliziöser Qualität. Müslis der leckersten Art, ausgefallene Säfte aus Claus eigener Herstellung runden das Sortiment „à emporter“, also zum Mitnehmen, ab.
Ein gemütlicher kleiner Platz lädt auf einen schnellen Kaffee ein, von dem man Claus oder seinem wie Freunde wirkenden Personal zuschauen kann, wie sie die Auswahl der im obersten Stockwerk wartenden Gäste zusammenzaubern.
claus estermann paris (4)
„Claus – L’épicerie du petit-déjeuner“; Bild mit freundlicher Genehmigung von Claus Estermann

Der ganze Laden ist hell, aber mit sehr traditionellen Möbeln aus Frankreich versehen, zu denen die Bauhausleuchten einen reizvollen und trendigen Bruch ergeben, ebenso wie der Block, auf dem alles angerichtet wird. Die unter Glas-Clochen präsentierten Köstlichkeiten machen sofort Appetit.

Für das gemütliche Frühstück oder den etwas späteren Brunch reserviert man sich am besten Plätze und kann dann von einer Karte auswählen, die Claus‘ Markenzeichen – eine alte Spielkarten Farbe, wie wir sie vom Skat kennen – zeigt. Es hat nicht lange gedauert und man hat das Gefühl, dass es heute ganz normal in Frankreich geworden ist, das man dort durch den Einsatz von Estermann lecker frühstückt. Das Publikum ist international, eher chic und urban und man fühlt sich wunderbar aufgehoben und die frischen Produkte lassen einen immer wieder an diesen Ort kommen.

Claus Estermann hat es nicht nur geschafft einen Ort zu schaffen, der wie eine Oase in der Großstadt ist, die fashionable, aber nicht bemüht-trendy ist und wo man sich gesund und bewusst ernährt, aber ganz ohne belehrenden Zeigefinger. Das Besondere daran ist aber, dass man deutlich spürt, dass ein Mensch sich ein kleines, persönlich geprägtes Universum geschaffen hat und das ist auch der Grund, warum ich immer wieder gern zu ihm gehe.
claus estermann paris (5)claus estermann paris (2)
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Claus Estermann

Eigentlich war der Weg von Claus nämlich ganz anders, wie bei den meisten Jungs, die in den elterlichen Betrieb hineingeboren werden, vorprogrammiert. Seit Generationen Hoteliers in Bayern, folgte die Hotelfachschule in Lausanne (daher die Professionalität), bis er merkte, dass eigentlich die Mode seine Passion war. Durch einen Freund zog es ihn nach Paris zu der bedeutendsten Agentur für Avantgardemode kam – Totem. Raf Simons, Véronique Branquinho, Bernhard Willhelm und Jeremy Scott wurden durch sie bekannt – um nur einige zu nennen.
Nachdem er bei Saint Laurent und Givenchy mehr Verantwortung hatte, wechselte er schließlich als Pressechef zu Azzaro. Eine beeindruckende Karriere, die ihn aber genau dorthin brachte, wo man immer steht, wenn man Individualist ist: Estermann machte sich selbstständig, und (s)eine Welt zu kreieren, die abseits von allen verheißungsvollen Karrieren steht.
Denn „Work-Life-Balance“, wie es heute so schön heißt, kann man sich nur selbst erschaffen, dafür gibt es keine Stellenbeschreibung. Früher hieß das Zufriedenheit.

Den guten Geschmack und das Topniveau merkt man im „L’épicerie du petit-déjeuner“ von Claus Estermann an jeder Ecke und deshalb sollte bei jedem Paris Besuch mindestens ein Stopp bei ihm fällig sein – das Schöne ist, dass man ja gleich den Aufenthalt verlängern kann, indem man seine Sachen auch für Zuhause kauft.

„Claus – L’épicerie du petit-déjeuner“ ist ein perfekter Platz, den ihr lieben werdet …

„Claus – L’épicerie du petit-déjeuner“; 14 rue Jean-Jacques Rousseau; 75001 Paris

  • Daisydora
    14. Oktober 2013 at 11:52

    🙂 🙂

    Danke, lieber Peter! Ich kannte den Laden noch nicht, obwohl er wie für mich gemacht ist. Ein tolles Konzept und ein wunderbarer Laden und Monsieur Claus ist auch ganz mein Fall …

  • monsieur_didier
    14. Oktober 2013 at 12:44

    …ein wunderbarer Artikel…
    ich verstehe „die Franzosen“ nicht, dass sie eine so wunderbare Mahlzeit wie das Frühstück so spartanisch gestalten…
    Frühstück und Abendessen (Abendbrot und auch Dinner) sind die beiden wichtigen Mahlzeiten für mich, das Mittagessen halte ich eher bescheiden, wobei dies oft der Arbeit geschuldet ist, aber auch ansonsten, Frühstück und Abendessen finde ich persönlich wichtiger, weil man da meistens entspannter ist und diese auch genießen kann (wenn man rechtzeitig dafür aufsteht [für das Frühstück] ) 😉

    und, das Lächeln von Claus Estermann ist Waffenscheinpflichtig…
    ich käme, würde ich in Paris leben, wohl in die Versuchung, dort jeden Tag zu frühstücken und/oder einen Kaffee einzunehmen… 🙂

  • Siegmar
    14. Oktober 2013 at 13:05

    ich liebe solche Artikel, über diese wunderbaren Läden, in denen ich mich den ganzen Tag aufhalten und einkaufen kann.
    frühstück zelebriere ich mittlerweile, habe ich auch erst lernen müssen, es ist aber ein Genuss morgens tatsächlich sich Zeit zu nehmen. Dafür stehe ich mittlerweile gerne früher auf.
    Ein Tip für Berliner ist die “ Markthalle 9″ in Kreuzberg, grosse Klasse, dafür lohnt sich sogar die weite Anfahrt.

  • Siegmar
    14. Oktober 2013 at 16:45

    das wollte ich noch erwähnen, toll zu sehen, das bei seiner beeindruckenden Karriere er seinen eigenen Weg geht und ich denke mit Erfolg und in dem Zusammenhang mag ich das Wort “ Zufriedenheit “ wesentlich lieber als dieses “ Work-Life-Balance“ das sind so Schlagwörter die für alles benutzt werden und habe ich oft in meiner Reha gehört, solche kruden Sätze wie Du mußt deine „Life-Work-Balance“ in Ordnung bringen, du musst dir Freiräume schaffen etc. besser wäre es gewesen, einer der Ärzte od. Therapeuten hätten schlicht gesagt “ Sehe zu das du Zufrieden bist “ 😉

  • Kat
    14. Oktober 2013 at 16:51

    Kantte ich nicht, für den nächsten paris Besuch notiert

  • monsieur_didier
    14. Oktober 2013 at 17:42

    …bei dem Begriff ” Work-Life-Balance” muss ich immer schon gedanklich mit den Augen rollen, die Begriffe sind alle so modern und so unglaublich fürchterlich…
    wie schön klingt dagegen für mich „Zufriedenheit“…
    ich bin kein Verfechter der Ansicht, dass man nur die „Landeseigene“ Sprache sprechen soll, aber irgendwie wirkt diese Amerikanisierung immer so professionell und business-mäßig…
    bei meinem Arbeitgeber wird das ganze auf die Spitze getrieben, dort werden deutsche und amerikanische Begriffe munter zusammengesetzt und durcheinandergewürfelt…

    aber diese Nörgelei meinerseits wird dem zauberhaften, absolut neugierig machenden Frühstücksrestaurant oben gar nicht gerecht…
    sollte ich nach Paris kommen (ich war da NOCH NIE…) steht ein Besuch auf jeden Fall auf meiner Liste…!

  • Horst
    14. Oktober 2013 at 18:46

    … da sind wir wieder beim Thema Leserreise 🙂

    Das Claus gefällt mir schon wegen des aufgeräumten Logos!

  • herr meier
    15. Oktober 2013 at 07:59

    Das ist doch mal ein echter Insider. Wenn ich demnächst mal nach Parus komme, was sicherlich bald mal passiert, dann werde ich auf alle Fälle bei Claus vorbeischauen. Es ist immer wieder anregend was für Entdeckungen ihr macht!

  • Barbara Markert
    16. Oktober 2013 at 15:26

    Sorry, dass ich hier als Pariserin nun die Einzige bin, die nicht in die allgemeine Jubelstimmung einstimmt.
    Der Kaffee von Claus ist leider noch verbesserungswürdig, ich erwartete mehr selbstgemachte Produkte und manchmal reden Claus‘ Freunde bzw. Mitarbeiter auch lieber als zu bedienen.
    Und: Frühstücken kann man inzwischen recht gut in Paris. Mein Tipp für einen wahnsinnig guten Kaffe, Cappucino etc.:
    Frenchie to go, nicht so weit weg von Claus. Louboutin ist zwar nicht gegenüber, aber dafür steht die ganze Hip Crowd von Paris um einen herum. Leider wie immer, wenn was gut ist in Paris, muss man Schlange stehen.

  • peter
    16. Oktober 2013 at 16:47

    @ Barbara Markert
    Danke für den Tipp!!Wir sind natürlich nicht so nah dran wie du geben uns aber Mühe unsere Paris Erfahrungen weiter zu geben…. vielleicht lesen wir ja mal was inspirierendes bei euch über diesen tollen Ort! Tausend dank für die super Anregung!