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Peter’s Cutting – L’Officine Universelle Buly 1803

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Bild: L’Officine Universelle Buly 1803

Seit ein paar Tagen gibt es in der Rue Bonaparte im Pariser Stadtteil Saint Germain einen Laden, der sofort neugierig macht. Eigentlich passt er gar nicht in die Straße, weil überwiegend Kunstgalerien und vor allem bedeutende Antiquitätenhändler in diesem „Carré Rive Gauche“ genannten Bereich angesiedelt sind. Schmale Schaufenster und die Fassade einer der bedeutendsten Galerien für Möbel von Ruhlmann Jean-Michel Frank Möbel hat man erhalten, das Innere jedoch wirkt wie eine barocke Apotheke, die im Empire restauriert wurde. L’Officine Universelle Buly 1803 heißt dieser Kosmetikladen, der naturreine Produkte der dekorativsten Art verkauft …
L Officine Universelle Buly 1803 paris
Bild: L’Officine Universelle Buly 1803

Die Ausstrahlung des Ladens ist geheimnisvoll, ein bisschen mystisch und dennoch modern. Genau diese Ausstrahlung hat auch die Person, die diesen Laden erschaffen hat. Ramdane Touhami ist ein Tausendsassa, der zusammen mit Victoire de Taillac, einer der Begründerinnen von Colette, es nicht lassen kann, immer wieder neue Projekte der verschiedensten Bereiche aufzubauen: Neben des Relaunches und des Redesigns der ältesten Kerzenmanufaktur der Welt, Cire Trudon, die es bereits seit 1643 gibt, hat er zum Beispiel auch Schuhkollektionen für Tod’s und Hogan entworfen, in Nordafrika die angesagtesten Restaurants und Clubs eröffnet und Modekollektionen angeschoben. In Shanghai und New York gibt er ein Avantgarde Magazin heraus, das „Corpus“ heißt …

Irgendwie scheint sich der quirlige Mann nicht kanalisieren zu können. Kunst, Mode, Eklektizismus und Avantgarde verbindet Touhami scheinbar spielerisch in seinen Konzepten.

Nie werd ich meine erste Begegnung mit Ramdane Touhami vergessen: Ramdane stand am Anfang des Relaunches für Cire Trudon und hatte ein kleines Büro in der Rue du Temple. Dieses Büro glich einer Mischung aus Ikonen des Stuhldesigns der zwanziger und dreißiger Jahren und einem bunten Sammelsurium aus Schildpattbrillen, Spielzeughaufen und allerlei Flohmarktfunden von Hunderten Kerzenhaltern und Glasglocken, die er für die Cire Trudon Boutique, die er in der Rue du Seine eröffnen wollte, brauchte. Keiner kannte damals diese Firma und Ramdane durchstöberte alte Rezeptbücher, rekonstruierte die Düfte, die Napoleon oder die Kaiserin Eugenie geliebt hatten, und erschuf zusammen mit einer Illustratorin das Packaging und die Illustrationen für Cire Trudon.
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Bild: L’Officine Universelle Buly 1803

Ramdane Touhami kann sich in die Historie von Manufakturen hineindenken, fügt seine eigene Fantasie hinzu und entwickelt nicht ein herzloses CI, sondern verleiht mit ungeheurer Flamboyants verspielt-romantische, emotionale Welten, die wie eine Seelenerweckung der Marke wirken. Er ist rasant schnell und hat eine wahnsinnige Auffassungsgabe und weiß genau, was er will! Genau das ist sein Erfolgsrezept. Noch heute muss ich amüsiert daran denken, dass er damals etwas aufgeregt war, weil er in der ersten Saison erst wenige Kunden, unter anderem Bergdorf Goodman in New York, hatte. Ramdane zeigte uns stolz, dass er in dem berühmten Weihnachtsjournal, das der legendäre Departmentstore in jedem Jahr herausgibt, eine ganze Seite hat und das er seine Kerzen nur an absolut hochwertige Partner geben möchte. Er fragte mich nach Referenzen und genau in dem Katalog waren auf sechs Seiten mein damals neu entwickeltes Drachenporzellan abgebildet, womit sich das mit den Referenzen dann auch erledigt hatte …
Irgendwie waren wir trotz völlig unterschiedlicher Charaktere sofort auf einer Wellenlänge und verfolgen bis heute gegenseitig unsere Aktivitäten.
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Bild: L’Officine Universelle Buly 1803

Buly ist eine besondere Herzensangelegenheit von Ramdane Touhami und als er vor ca. einem Jahr die Geschichte des Hauses entdeckte, war er sofort fasziniert. Das Unternehmen, welche als „Parfums Bully“ um die Zeit von 1787 gegründet wurde, war besonders bekannt für seine aromatisierten Essig-Sorten (Essig spielte in der Zeit eine große Rolle) und für seine speziellen Seifen und Pomaden. Nach einer kurzen Blütezeit in der napoleonischen Zeit geriet es in Vergessenheit und die Rezeptbücher und allerlei Archivalien landeten in französischen Museen und Archiven.
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Bild: L’Officine Universelle Buly 1803

Victoire de Taillac und Ramdane Touhami waren fasziniert und gerieten immer tiefer in die Welt, die auch aus Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ stammen könnte. Die Erfahrungen aus der Cire Trudon Zeit brachten sie mit, entwickelten sich aber weiter, um im Spirit der damaligen Zeit gerecht zu werden.
Jedes Produkt wurde liebevoll rekonstruiert oder neu erschaffen und die Verpackungen mit Akribie und Fantasie kreiert. Handwerker gefunden, die den Fliesenfußboden genau nach ihren Vorstellungen anfertigen konnten. Kunstschnitzer wurden beauftragt, um eine Art Pariser Version einer florentinischen Apotheke zu gestalten.
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Bild: L’Officine Universelle Buly 1803

In der Rue Bonaparte Nummer 6 kann man jetzt das Ergebnis in Augenschein nehmen. Was so aussieht, als wäre es schon immer da, wurde erst vor kurzer Zeit erschaffen. Die Seifen und Salben verströmen im Laden nicht nur ihre verführerischen Naturdüfte, sondern sind auch absolut naturrein und auch für die empfindlichste Haut verträglich.
Die spannende Persönlichkeit von Ramdane Touhami wird sicherlich nicht ruhen und uns bald mit weiteren tollen Ideen zu überraschen, denn wie bei jedem Kreativen sprudelt es vor Ideen und ich freu mich schon auf seinen nächsten Coup. Buly ist auf jeden Fall schon jetzt einer der Hotspots von Paris …

Geöffnet ist Buly jeden Tag von 10 Uhr bis 19 Uhr und demnächst kann man auch auf der Website www.buly1803.com die Palette der L’Officine Universelle Buly entdecken.

  • Siegmar
    7. April 2014 at 12:46

    ganz wunderbarer Bericht, die Einrichtung erinnert absolut an eine der schönen, alten Apotheken in Florenz.

  • J
    7. April 2014 at 14:30

    Wie immer : cool !

  • Daisydora
    7. April 2014 at 15:05

    Ein superschöner Bericht … danke, Peter! Ich liebe den Laden und alles in der Art …solche Innovatoren wie Ramdane Touhami braucht die Welt 🙂

  • Markus Brunner
    7. April 2014 at 16:27

    sensationell, da muss ich hin, toll toll toll

  • Horst
    7. April 2014 at 18:00

    Sehr schön und die Verpackungen sind doch wohl super! 😀