Baron Münchhausens Ururenkelin oder nur die nervigste Tratschtante, auch modisch gesehen?

„Sag meiner Mutter nicht, dass ich in der Werbung arbeite, sie glaubt, ich bin Pianist in einem Bordell.“
So lautet der deutsche Titel eines ehemaligen Bestsellers der Werbebranche, für den die allermeisten von euch wahrscheinlich zu jung sind. Der für François Mitterand zweimal („die ruhige Kraft“, 1981 und „Generation Mitterrand“, 1988) überaus erfolgreich wahlkämpfende, französische Starwerber und PR-Spezialist Jacques Séguéla hatte darin auf überaus selbstreflektive Weise sich, die Akteure, die Methoden und Wirkungsmechanismen der Werbebranche und ihrer Kunden, zur damaligen Zeit der Siebziger- und Achtzigerjahre, beschrieben und das Selbstbild der eitlen Branche schon mit seinem provokanten Buchtitel konterkariert.
Das Berufsbild der Werber genießt zwar bis heute eines der geringsten Sozialprestige beziehungsweise Ansehen bei der normalen Bevölkerung, aber es gibt ja zum Glück immer neue Feindbilder und äußerst seltsame Berufe, die einem noch wesentlich suspekter sein können und – wenn es nach mir geht auch – sollten.

Bei mir ganz weit vorne in der ersten Reihe: So genannte Societyreporter, Adelskenner und Tratschtanten wie die Kolumnistin Natascha Sagorski, die in ihrem Print Sprint bei taff auf Prosieben, alles verwurstet, dass sie ohnehin nicht aus absolut verlässlicher Quelle wissen kann. Da sie an solche Quellen, das heißt an Interviews mit Katie, Brad, Angelina, Victoria, Lindsay und Co. gar nicht herankommt, weil Tratschen nichts mit Journalismus auf dem Hut hat und die Materialbeschaffung für derartige Yellow-Press-Beiträge den Grundsätzen geringstmöglichen Einsatzes von Mitteln zu folgen scheint.
Das Geschäft mit zusammen getackerten Prominews ist eher so eine Art Trockenschwimmtraining auf Vertragsdauer, man wird das irgendwie, ich habe keine Ahnung, wie man sich dafür qualifiziert oder vielleicht mittels anderer Attribute, Glück und Dienstleistungen an Entscheidern in das Geschäft hineinrutscht. Gemunkelt wird viel, wir wissen es nicht und würden so etwas bösartiges nie behaupten. Wenn man es in das Allerheiligste eines TV-Senders geschafft hat und drinnen ist, rafft man dann alles an Schnipseln zusammen, das es an elektronischen und gedruckten Fakes und aus der Luft gegriffenen Erfindungen und unbewiesenen Gerüchten über Prominente gibt, weil man von der Weiterverwertung solcher Meldungen, die eigentlich gar keine sind, lebt oder sich dann einfach mehr leisten kann, so man nebenbei auch noch einen richtigen Beruf erlernt hat und dem auch tätig nachgeht.
Was für eine seltsame und irgendwie erbärmlich anmutende Beschäftigung für Erwachsene. Aber damit können und wollen wir eure kostbare Zeit nicht weiter beanspruchen, auch deshalb, weil es an Komik kaum zu überbieten ist, dass eine Frau, die sich ständig über die Looks von Promis mokiert und dabei nicht auf das böse Sch-Wort verzichten kann, selbst wie eine angehende Vorstadt-Friseurmeisterin in den frühen Achtzigerjahren rumläuft. Heute sehen Friseusen klarerweise schon ganz anders aus.

Alles an ihr ist für mich ein einziger Stil-Supergau. Die hochglänzenden, braune-Beine vortäuschende Nylonstrumpfhosen, die antoupierte Tussifrisur, selbstredend vollbracht an billig blond gefärbten Haaren, in die, man kann es zumindest nicht ausschließen, auch noch Extensions eingearbeitet wurden oder an denen ein dunkler Haaransatz sichtbar wird … quietschbunte Plastikketten wie aus dem kleine-Mädchen Prinzessinen-Bausatz von Barbie zu pinkfarbenen Cardigans mit Schulterpolstern und aufgekrempelten Ärmeln. Au weia und so weiter … Auch ein absoluter Tiefpunkt: Das weiße, an den falschen Stellen Falten schlagende Kleid mit den Beine verkürzenden Querstreifen in Rot und Schwarz. Sowas nannte man in den Achtzigerjahren mal Kofferkleid, weil diesen unverwüstlichen Acrylteufeln auch die Strapazen enger Koffer nichts anhaben konnten.
Ach ja, bevor ich das vergesse: Frau Sagorski schreibt Bücher und eine wöchentliche Kolumne in der Life & Style. Dort geht es dann um „Schuhe, Taschen, Männer“, die sie, wenn ich mich da nicht irre, auch als eine Art Accessoire erkannt zu haben glaubt, so ein PR-Beitrag zum gleichnamigen Buch, dem zweiten nach „Krasse Abstürze“ … ihr seht schon, eine begnadete Poetin der Muttersprache ist sie also auch noch, sNatascha. Ein drittes Buch ist übrigens schon in Arbeit und auch mit einem Roman wurde gedroht.
Aber, und das ist das Daisy-Fazit: Selbst das Tratschen über Tratschtanten macht (mir) keinen Spaß. Es fühlt sich an, wie ein deutscher Film mit deutschen Untertiteln. Mich würde nur interessieren, wie sich die Mutter von Natascha Sagorski fühlt, wenn sie in der Kleinstadt nach dem beruflichen Erfolg der Tochter gefragt wird. Sie weiß ja leider, wovon das Töchterchen lebt und hatte vielleicht wie viele Eltern mal den Traum, dass das Kind was gescheites lernt …. man will als Mutter ja um den wohlgeratenen, Prosecco liebenden Nachwuchs beneidet werden.
Sollten Sie sich modisch verbessern wollen oder sowas total ausgefallenes wie Stil anstreben, liebe Frau Sagorski, greifen wir Ihnen als serviceorientierter Blog gerne unter die Arme und sagen es auch bestimmt nirgends anders weiter, als hier auf horstson …

Bilder: Screenshots der Website von Natascha Sagorski, Peter Atkins Fotoblog und GQ