Vor drei Jahren habe ich mal gelesen, dass junge Männer schon mehrheitlich die Brüste und den Körper von Keira Knightley präferieren… das war das Erste, das mir nach der Meldung einfiel.
Horstson ist ja ein Männerblog. Daher kommen wir das Jahr über ohne weibliche Models aus. Aber bei den Männern sieht es nicht wesentlich besser aus, also machen wir mit diesem Thema eine Ausnahme: Ihr wisst es sicher schon: Nadja Auermann hat endlich offen ausgesprochen, was ohnehin seit mindestens fünf Jahren augenfällig ist: Das Modebusiness hat auch bei seinen Modeschauen und in der Werbung ein schweres Kinderarbeits- und Ethikproblem. Es geht um höchstens fünfzig Kilo auf ein Gardemaß von einsachtzig gerechnet, das ist ein Körper, mit dem man in Größe vierunddreißig vom Zehnmeterbrett hineinspringen könnte, so locker sitzt die. Und Mädchen und Jungs, die ihre Schule abbrechen, um nach Paris zu gehen. Das ist leider kein schlechter Witz.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie entsetzt die Cracks und ich waren, als zum ersten Mal superdünne und nicht mehr gesunde Models wie Vlada Roslyakova in Magazinen und Shows zu sehen waren, von denen Designer und Editors In Chief aber ganz verzückt waren. Heute sieht Vlada mit zirka fünf Kilo mehr schon gesünder aus und zählt mit ihrer immer noch zerbrechlichen Figur wie Kollegin Heather Marks nicht mehr zu den dünnsten Models. Natürlich wussten alle schon damals, was da in der Branche begann, völlig falsch zu laufen. Durch eine wahre Schwemme an superdünnen Mädchen und Jungs aus Russland und anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks gab es mit einem Schlag zirka viermal mehr Models, die in Paris, New York und sonst wo auf der Welt derselben Zahl an Jobs nachjagten. Und das wie immer – für die Modelagenturen kostenlos. Müssten die Agenturen und deren Kunden die Bewerbungstouren auch nur mit einer Aufwandsentschädigung für die Models bezahlen, dann hätten wir schnell wieder normalere Verhältnisse am Markt und bessere Models in Editorials und den Anzeigenkampagnen für Designer.
Natürlich bekommt man erst mal einen Schock, wenn da bei Nadja Auermann von einem pädophilen Schönheitsideal auf den Laufstegen die Rede ist, aber nach der Schrecksekunde weichen die Zweifel der Erkenntnis, dass da viel Wahres dran ist. Wenn wir Minderjährige, oder welche, die so aussehen, als Sexobjekte promoten, dann kann das nicht folgenlos bleiben. Nadja Auermann sagt: «Da rennen jetzt viele Models über den Laufsteg, bei denen ich denke: Aha, kleines Mädchen muss die sexy Frau spielen‘.» Wenn Knabenhaftigkeit oder Mädchen-haftigkeit in Mode sei, werde es mehr Übergriffe geben, meint Auermann. Natürlich kann diese Aussage den direkten Zusammenhang zwischen dem Auslöser und der Tat nicht beweisen, aber nützlich ist es ganz sicher nicht, dass wir bis auf wenige Highlights aus der teuren Modelgarde in Runway Shows fast nur noch Minderjährige – mit den für Frauen absurden Maßen von sehr schlaksigen Zwölfjährigen – sehen. Und die Jungs sind so dünn, dass man beim Anblick der hohlwangigen Köpfe schon nicht mehr von definierten Gesichtern sprechen kann. Über die Beine schweigen wir besser. Die Folge der Schwemme: Immer weniger der Models die von Casting zu Casting rennen, bekommen überhaupt Jobs, mit denen sich auch Geld verdienen lässt. Und wir reden hier noch nicht von Wohlstand oder Reichtümern.
Unlängst habe ich eine halbe Folge der Model-WG gesehen. Die letzte, soweit ich weiß. Da wurde wieder gezeigt, wie sich Models darum reißen, ein Editorial oder ein Cover für irgendeines der völlig bedeutungslosen Hochglanzmagazine zu machen, die jedes Jahr am Markt aufleuchten und oft ebenso schnell wieder verglühen. Dafür gibt es normalerweise überhaupt kein Geld. Warum schreibe ich das hier rein: Weil das der einzige Grund dafür ist, dass man in der Modeindustrie so junge Mädchen und Jungs bevorzugt, Stay Hungry – lautet das inoffizielle Motto für die Heerschaaren der Models, die von fast allen nur angelogen werden. Man hat in seine Karriere zu investieren. Also läuft man kostenlos für Designer und muckt auch nicht auf, wenn das nächste Magazin Frischfleisch für sich reklamiert. Wer einmal nur wenige Tage Gelegenheit zur Innenansicht der Branche hatte, kann gar nicht anders denken, als Nadja Auermann. Für mich kommt noch ein weiterer Grund dazu: Nie waren schlechtere – beziehungsweise für die jeweiligen Kollektionen – ungeeignetere Models auf den Laufstegen zu sehen. Und das Modebusiness lief schon mal viel besser. Natürlich liegt das auch daran, dass es schon zu viele Designerlabels gibt und die Modehandelsketten das beste Marketing aufbieten. Aber am Ende sollte man seiner Marke ein Gesicht geben, das die Kunden lieben. Und das kann in aller Regel nicht das einer hungrigen und völlig überforderten Fünfzehnjährigen oder Siebzehnjährigen sein, die in Klamotten über den Laufsteg stakst, die sie freiwillig nie tragen würde.
Daisy’s Fazit: Der ganze Modezirkus braucht eine Rückbesinnung auf Werte, die er früher ganz selbstverständlich hochgehalten hat. Zu denen aus meiner Sicht auch wieder zählen sollte, dass Models nur dann geeignet für die Marke sind, wenn sie das, was sie auf dem Laufsteg vorführen, auch selbst gerne tragen würden …. Aber ich frage wohl lieber euch, was ihr zu Nadja Auermanns direktem Angriff auf die Unsitten einer aus der Balance geratenen Branche sagt….
Fotos: Nadja Auermann, Peter Lindbergh, Vlada Roslyakova und Heather Marks, Women Model Management, Matvey Lykov, Jethro Cave, Models.com; Vogue Paris December 2010/January 2011: Cadeaux
Rene Schaller
12. Februar 2011 at 18:19Zum eine finde ich natürlich, dass das schon alles richtig ist und die Umstände durchaus nicht gut zu heißen sind. Aber gleichzeitig finde ich auch, dass dieses Thema immer dann rausgekrammt wird, wenn jemand mal wieder seine Karriere pushen möchte. Was macht Nadja eigentlich momentan?
Und dann finde ich auch die Wahl der Bilder nicht gut. Die Strecke aus der französischen Vogue macht in der Zeitschrift Sinn, herausgelöst aber kann man sie einfach instrumentalisieren. Stattdessen hätten ein paar mehr dieser verhungerten Jungs Sinn gemacht. Und auch zu schauen wo dieser Trend seinen Ursprung hat.
Wenn ich ganz ehrlich bin, ist mir der Post etwas zu populistisch.
Rene Schaller
12. Februar 2011 at 18:21Im Interview bei Style.com äussert sich Carine Roitfeld übrigens auch zu der Strecke.
http://www.style.com/stylefile/2011/02/the-future-of-fashion-part-seven-carine-roitfeld/
Daisydora
12. Februar 2011 at 19:04@Rene Schaller
Nadja Auermann ist bei dnamodels in New York und muss ihre Karriere nicht pushen; den dort ist man nur, wenn man als Model einen Markt hat. Momentan stillt Nadja Auermann ihr drittes Kind, vermute ich wenigstens.
Die Wahl der Bilder schlägt den Bogen von ehemals zu jungen und mageren Models hin zum bewusstem Spiel mit kleinen Mädchen als Objekte, wie sie nur die Fantasien von Pädophilen bedienen. Das finde ich ehrlich gesagt noch schlimmer, denn da dominieren ja wirklich die Lust am Skandal und das Spiel mit dem Stereotyp. Wenn du, wie ich, Teil der Branche bist, dann weisst du, dass Nadja Auermann recht hat … Zwar gibt es Lippenbekenntnisse und man rüscht seine Show mit älteren und bekannten Models auf, wie Lagerfeld das tat, aber seine Models wiegen oft keine fünfzig Kilo… und schau dir an, wie jung die Mädchen der Haute Couture Show für die aktuelle Kollektion waren… da liefen die Kleider mit den Mädchen ……
Welchen Sinn die Strecke in der Vogue machen soll, verstehe ich ehrlich gesagt nicht…
Natürlich hätte ich drastische Beispiele für junge und zu magere Models bringen können, aber jeder kennt diese Bilder und ich wollte diese halben Kinder nicht auch noch dafür missbrauchen, dass sie auf Horstson als Negativbeispiele herhalten müssen. Vlada und Heather sehen heute viel besser aus und man versteht auch so, dass diese Mädchen mit zehn Prozent weniger Körpergewicht krank waren ….
Der Trend hat seinen Ursprung darin, dass es viel zu viele Models gibt. Dass die ganz jungen Models und auch die aktuelle Generation der Topmodels wirklich alles tut, für Geld. Wohl gemerkt für viel, viel weniger Geld als Kate Moss, Gisele Bundchen und Co.
itsallaboutchanel
12. Februar 2011 at 19:16Ich finde die Tatsache erschreckend, dass niemand (!), der in die Produktion dieser Voguefotos involviert war, die Handbremse gezogen hat!
Ich glaube auch, dass kein Mann auf solche kranken Hungerhaken steht. Männer (zumindest die Heterosexuellen) wollen ihr Erbgut weitergeben und das macht ziemlich wenig Sinn mit einer Frau, die auf Grund eines derartigen Untergewichts keinen Zyklus mehr hat.
blomquist
12. Februar 2011 at 19:22Welchen Sinn die aufgedonnerten kleinen Mädchen in der Vogue machten ist mir irgendwie unklar.
itsallaboutchanel
12. Februar 2011 at 19:35@bloomquist: Provokation in sehr gestörter Form
Daisydora
12. Februar 2011 at 19:52@itsallaboutchanel
Du triffst den Nagel auf den Kopf!
Die Verantwortliche lassen die eignene Kinder vom Chauffeur zur Schule fahren und tun so, als hinge nicht alles mit allem zusammen …
Ganz sicher stehen normale Männer nicht auf echte Hungerhaken, man kann aber schon nachweisen, dass ein Teil der sehr jungen und gebildeten Männer heute denkt, dass alles oberhalb von Größe 36 schon moppelig ist …
Und sicher @blomquist können jene Fachleute, die sich beruflich mit der Kindermissbrauchs-Prävention und der Behandlung von Pädophilen beschäftigen, über sowas wie diese Vogue Strecke nur den Kopf schütteln ….
Rene Schaller
13. Februar 2011 at 00:11Zum einen glaube ich nicht, dass durch die jungen und schmalbrüstigen Models wie Vlada oder Heather eine Generation pädophiler herangezogen wird. Aber klar, ändern sich auch die Schönheitsideale. Finden ‚junge Männer‘ nicht immer die Ikonen ihrer Zeit toll? Keira Knightley finden sicher genauso viele Männer sexy wie Scarlett Johannson. Und die beiden sind wie Äpfel und Birnen.
Ausserdem nimmt wohl kaum ein ‚junger Mann‘ eine Vogue-Strecke als …vorlage her, eher doch die Victorias Secret Show in HD.
Es geht in der Mode um Jugendkultur. Models werden für den Moment gecastet und verkörpern Zeitgeist, in der nächsten Saison kommt dann was neues. Die Illusionen von ewigen Ruhm und sprudelnden Geldquellen sollte mal überarbeitet werden. Vielleicht sind die Supermodels Schuld an der Misere und der vorherrschenden Ausbeutung? Ihre überbezahlten und unrealistischen Gehälter waren nicht weniger verwerflich als das, was Auermann jetzt andern vorwirft?
Wir können doch alle was tun, nämlich die entsprechenden Magazine und Marken einfach ignorieren und die Produkte nicht mehr kaufen. Momentan reden wir alle bisschen drüber und das Thema ist wirklich ergiebig. Aber spätestens morgen ist alles Schnee von gestern.
Daisydora
13. Februar 2011 at 09:39@Rene Schaller
Da liegst du leider gar nicht richtig, Rene. Ich habe mich schon mit Fachleuten unterhalten, die in Berlin diese Präventionsambulanz für Männer mit pädohilen Fantasien und Neigungen führen und deren Urteil ist da ganz eindeutig.
Das kommt ja nicht von ungefähr, dass heute mehr Männer diese Neigung auch ausleben. Gegeben hat es die natürlich immer schon. Die Hemmschwelle sinkt aber ganz automatisch, je indifferenter Eltern in Sachen Jugendschutz agieren und je mehr Reize der Alltag bereithält. Früher hat man sich über Lolitas noch aufgeregt, hat das Buch von Nabokov zum Beispiel verboten und heute scheint es ganz normal zu sein, dass Mädchen, die zwölf sind oder wenigstens so aussehen, geschminkt sind, sich für Jungs und somit auch für gefährdete Männer sexy herausputzen und ihre Sexualität leben…. auch auf den Runways?
Die Supermodels oder Tomodels sind ganz sicher nicht schuld an der Misere. Die haben erstens nicht gehungert für die Karriere und haben nur das Geld bekommen, das ihnen als Teil der Wertschöfung aus ihrer Arbeit auch zusteht. Die richtig guten Leute à la Daria Werbowy, etc. sind nicht das Problem. Die Generation um Models wie Freya Beha Erichsen hat den Markt sehr zum Nachteil verändert. Mager zu sein und artifiziell auszusehen, trat an die Stelle des schön sein müssesns …
Was stimmt: Dass man Produkte und Magazine ingnorieren sollte, die zu dieser Gesinnungsgruppe gehören. Das fällt mir nicht schwer und ich würde auch keinem Kunden eines dieser Models emfehlen…gehe so weit, von diesen Models dringend abzuraten, weil die ohnehin nicht elegant sind. Ich weiss nicht, was Karl Lagerfeld fanatasiert, wenn er Freya Beha Erichsen in Haute Couture laufen sieht. Ich finde es grausam, wie unelegant die Models in seiner Show oft sind…. Es sind die Designer und die Verantwortlichen bei den Magazinen, die den Druck an die Modelagenturen weitergeben konnten,weil sie wussten, dass die auf viel zu vielen Models sitzen.
siegmarberlin
14. Februar 2011 at 11:52@daisydora
man kann Dir nur absolut zustimmen. Die Vogue-Strecke ist nicht akzeptabel und ich verstehe auch nicht, das niemand der Verantwortlichen sich weigerte das zu veröffentlichen. Ich muss mir auch nicht diese dürren Models angucken, da es unglaubwürdig ist, das diese je in Chanel etc. rumlaufen würden.
@ Rene Schaller
ich glaube auch nicht das ein Jugenlicher die Vogue als ….vorlage nimmt, aber es ist doch sehr zu befürchten, daß dies durchaus eine Vorlage für Pädophile sein kann.Gerade Ihr Bloger müsstet mehr dazubeitragen, dass die size zero( besonders dein Kollege dandydiary )
Hysterie endlich aufhört. Mit fällt auf das besonders schwule Männer size zero huldigen, weil das sehr androgyn wirkt?
Daisydora
14. Februar 2011 at 13:59@siegmarberlin
Danke für deinen Kommentar!
Es ist noch viel schlimmer: Solche Strecken werden von den besten Chefredakteurinnen der Welt, zu denen Carine Roitfeld ja zählt, zusammen mit Fotografen und in diesem Fall hier, mit dem Designer Tom Ford, der bei seiner Show allerdings mit gutem Beispiel vorangegangen ist, als bewusste Provokationen inszeniert. Ic frage mich manchmal auch, welcher Teufel diese Leute reitet. Denn die wissen selbstverständlich genau wie wir, welche Stereotype und Fantasien damit bedient werden. Aber möglicherweise flüchtet man in die Haltung: Pädophile haben andere Medien als die Französische Vogue….
So 1:1 lassen sich Ursachen und Wirkungen nicht nachweisen. Aber das was in den TV-Magazinen jeden Tag zum Modelthema kommt, Formate wie GNTM, die Model WG, etc. und all der Schrott, der auf Blogs kommt, die gar nichts dabei finden, Magersüchtige wie Alexa Chung mit ihren Bleistiftbeinen auch noch als Stilikonen zu feiern, schadet dem Körerbild und der Bildung eines gesunden Selbstbewusstseins, bezogen auf den eigenen Körper, bei Teeanagern sehr. Alles oberhalb von Größe 36 gilt als zu dick; Größe 40 als Übergröße. Das ist traurige Blogrealität. Drum gebe ich dir auch in diesem Punkt vollkommen recht. Ich wünsche mir auch, dass gerade Blogger und vor allem BloggerInnen endlich mal die tollen Hechte sind, als die sie sich so gerne feiern….
Die Missstände auf den Runways sind bei allen Designern annähernd gleich, unabhängig von der sexuellen Präferenz. Aber klar gibt es diese Fantasien, sonst wäre aus Freya Beha wohl kaum ein so vielbeschäftigtes Model geworden….
Trend Spots
23. Mai 2011 at 11:22Anklage gegen Ex -Topmodel Nadja Auermann wegen Steuerbetrug…
Topmodel Nadja Auermann wegen Steuerbetrug angeklagt. Dem Ex-Model wird zur Last gelegt, zwischen 1999 bis 2002 neben ihrem Wohnsitz in Monaca noch in einer Villa in Berlin gewohnt zu haben…….
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