Interview

Nachgefragt bei … Max Kuehne von Paperlux – Teil I

Papierkunst, Kunstpapier – Ich kann mich nicht entscheiden, mit welcher der beiden Umschreibungen ich die Arbeiten von Paperlux anführen könnte: Eins oder zwei, zwei oder eins? Ich lasse sie ganz einfach beide stehen! Die kunstgewordenen Entwürfe von Paperlux sind geprägt von Detailverliebtheit, Feinheiten und äußerster Präzision. Die Hamburger Produktions- und Designagentur mit angrenzender Werkstatt im Schanzenviertel zählt zu einer der renommiertesten Adressen für hochwertige Papierprodukte und macht ihren Job verflixt gut. Egal ob Alexander McQueen, Montblanc oder Hermès – sie alle gehören zum Kundenstamm des jungen Unternehmens, letztere haben Paperlux bereits mit dem Titel ‚Atelier Artisan’ geehrt. 2009 von Max Kuehne gegründet, sprudelt es seitdem an Ästhetik, Inspiration und jede Menge Konzepten. Ich übertreibe also keinesfalls mit meiner Einleitung und möchte an dieser Stelle das Wort an Max weiterreichen, der als Creative Director gemeinsam mit seiner Frau Soraya – sie ist als leitender Managing Director für das aufstrebende Unternehmen verantwortlich – und fast einem Dutzend Teammitarbeitern immer neue Ideen zu Papier bringt. Los geht’s…

Das muss ich vorab einfach fragen: Handschriftliche Botschaften oder E-Mail-Verkehr?
Meinst du für wichtige Kommunikation oder Herzensangelegenheiten? Egal, immer eher handschriftlich! Wir legen auf solche Feinheiten großen Wert: Jeder der bei uns anfängt, bekommt sein eigenes Set mit Compliment-Cards. Die eigene Schrift hat eine ganz besondere Qualität und ist nicht ansatzweise mit der tagtäglichen E-Mail zu vergleichen. Die nutze ich aus rein organisatorischen Gründen, sonst eher selten.

Welche Rolle spielen soziale Netzwerke für euer Unternehmen?
In der heutigen Zeit muss man diese Bereiche unbedingt miteinbinden. Ich finde sie vor allem interessant und spannend, um neue Leute kennenzulernen: Die unterschiedlichen Plattformen sind bestens dafür geeignet, um Freunde zu finden. Na klar, auch, um sie zu behalten und sie nach langer Zeit wiederzufinden. Ich mag es einfach, online interagieren zu können und habe dabei mittlerweile die richtige Balance gefunden.

Was meinst du damit?
Ich kann nicht unentwegt online unterwegs sein, glücklicherweise betreut meine Frau viele dieser Bereiche und kennt sich auch bestens damit aus. Gerade für unser Unternehmen ist dieser Aspekt sehr wichtig, der Bekanntheitsgrad steigert sich online enorm. Ich für meinen Teil bevorzuge jedoch immer die direkte Interaktion, das klassische Augengespräch. Beim Umgang mit Kunden bin ich ziemlich old school und vertraue auf den direkten Austausch. Wie der Geschäftsbereich jedoch bei unserem Papierhandtaschen-Label in Zukunft aussehen mag, wird sich noch zeigen…

Passendes Stichwort: Erzähle mir mehr davon!
Die Handtaschenidee ist aus einer Aktion für einen Kunden entstanden, der sie jedoch nur für ein bestimmtes Projekt haben wollte. Es war damals vielmehr ein Entwurf, den wir ihm vorgestellt haben. Wir als Team von Paperlux haben uns jedoch anschließend gedacht: „Papierhandtaschen? Definitiv eine ausbauwürdige Idee!“ Unsere Mädels waren sofort davon begeistert, dass sie prinzipiell jeden Abend eine neue Handtasche tragen könnten. Dann haben wir auch schon losgelegt, ein Team bestehend aus zwei Verantwortlichen zusammengestellt und erste Budgets festgemacht. Mittlerweile gibt es das ursprüngliche Modell in sechs Farben und zwei verschiedenen Größen.

Klingt nach einem ziemlichen Erfolg?!
Das ist ein Bereich, an den wir uns erst einmal herantasten mussten. Zu Beginn hatten wir keinerlei Ahnung, was für Faktoren bei solchen Produkten berücksichtigt werden müssen: Wie geht man mit dem Einzelhandel und Einkäufern um? Wir verkaufen momentan überwiegend online und haben uns an keinen Store gebunden, mit dem wir fest zusammenarbeiten. Ich finde die Entwicklung solcher Ideen unglaublich spannend, fühlt sich wie ein echtes Abenteuer an.

Wie spannend, herzlichen Glückwunsch!
Vielen Dank. Ich bin mehr als froh, dass wir in unserem Team genügend kritische Tester haben, die mit den Modellen auch feiern gehen. So können wir sichergehen, dass nicht nur die Idee, sondern auch die Umsetzung stimmt. Die Papierhandtasche ist ja eines unserer ersten eigenen Produkte, das wir aus der Taufe heben. Sonst entwickeln wir überwiegend gemeinsame Ideen mit Kunden, die wir anschließend für sie umsetzen.

Eure bislang größte Taschenorder?
Das war ein Auftrag aus Saudi-Arabien. Auf einen Schlag wurden vierzig Taschen geordert, ein tolles Gefühl. Momentan arbeiten wir uns schrittweise an das Thema heran. Große Expertisen? Eher eine neue Herausforderung, auf die wir uns einlassen!

Ich bin mehr als gespannt und werde die Modelle weiterhin im Auge behalten. Apropos, kannst du bei euren bisherigen Auftragsarbeiten ein Highlight ausmachen?
Ein einzelnes Highlight lässt sich nur schwierig zusammenfassen, wobei: Das Cover des Magazins „novum World of Graphic Design“ war ein absoluter Erfolg. Egal ob Entwicklung, Testdruck oder die generelle Zusammenarbeit im Team – es war einfach eine unglaublich inspirierende Zeit für mich. Der Nervenkitzel, wenn beim Druck ein einziger Fehler auftritt? Nicht in Worte zu fassen! In solchen Momenten hat man den Impuls alles in die Tonne zu kloppen und doch, wir haben zusammengehalten und unsere anfänglichen Ideen mehr als erfolgreich umgesetzt.

Das berühmte „novum“-Cover!
Da sagst du was: Die Cover-Gestaltung vereint perfekt unsere Leidenschaft für Druck und Grafik. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg mit vielen Herausforderungen, die ich schon fast wieder verdrängt habe. Als das Heft dann endlich draußen war, hallte ein Echo aus der ganzen Welt in unsere kleine Agentur. Wir haben uns riesig über das positive Feedback gefreut und ständig kamen weitere Anfragen, ob es noch weiteren Nachschub gäbe. Heute haben wir nur noch zwanzig, vielleicht dreißig Ausgaben in unserem Lager – die hüten wir natürlich wie unseren Augapfel. (lacht)

Wie lange plant ihr Projekte wie z.B. die Goldene Kamera im Voraus?
Für die Goldene Kamera (A. d. Red: Deutscher Film- und Fernsehpreis) benötigen wir beinahe ein ganzes Kalenderjahr. Nach der Preisverleihung ist vor der Preisverleihung, alleine die organisatorische Planung nimmt immens viel Zeit in Anspruch.

Soeben habe ich in einem deiner Telefonate den Namen Marissa Mayer aufgeschnappt! DIE Marissa, Yahoo-Vorstandsvorsitzende und laut „Fortune“-Magazin eine der mächtigsten Frauen der Welt?
Richtig gehört! Wir haben in der Vergangenheit bereits mit ihr zusammengearbeitet und sind von ihr für drei Tage nach New York eingeladen worden. Vor Ort haben wir unsere Kartons mit Entwürfen und Ideen abgeliefert und haben uns wieder einmal gedacht: „Wow, unsere Arbeit ist ein echtes Abenteuer!“ Egal welcher Kunde, uns ist ein persönliches Vertrauensverhältnis enorm wichtig.

Nicht schlecht!
Wenn ich an unseren Flug zurückdenke, könnte ich mich immer noch totlachen: Mit acht riesigen Kartons sind Soraya und ich durch den Flughafen gestapft. Und dies waren nur die Drucksachen für die Pre-Wedding Party. Tatsächlich war dies für uns eine der aufwendigsten Hochzeitsausstattungen die wir je gemacht haben.

Erzähle mir mehr von euren Projekten!
Dann hatten wir noch so ein spannendes Rugby-Projekt in London: Ohne jegliche Vorahnung sind wir nach Großbritannien eingeladen worden und haben uns in Twickenham im Stadion mit 70.000 Menschen wiedergefunden. Das war eine echte Premiere für mich! Rugby ist ja kein wirkliches Thema in Deutschland und die erste Auseinandersetzung mit diesem Sport war für uns sehr roh und martialisch. Je mehr man sich jedoch mit diesem Sport beschäftigt umso mehr habe ich lernen dürfen, über Zusammenhalt, Teamgeist und vor allem Leidenschaft. Zwei Augenblicke haben dies, auch noch im Nachhinein, getoppt. Das erste war ein Interview mit Herbert Hainer, der seinen Schreibtisch und seine Lieblingsobjekte vorgestellt hat – unsere erste Rugby Box war eines davon und natürlich das Folgeprojekt anlässlich des Rugby-Worldcup 2011. Den die All Blacks das erste Mal gewonnen haben.

Klingt alles andere als hervorsehbar…
Der klassische Weg des Studiums mit anschließender Anstellung war nie mein Ziel. Irgendjemand der vor mir sitzt und ja, nein oder vielleicht sagt? Absolut nicht mein Ding! Ich folge lieber meinem eigenen Weg und habe im Laufe der Zeit viel lernen und erlernen dürfen: Ich gehöre zu den Menschen, die mit den eigenen Händen Erfahrungen sammeln müssen. Diejenigen, die Dinge beobachten, sammeln und weiterverarbeiten.

Hast du hierfür besondere Ratschläge?
Am Ende des Tages sind wir doch alle auf der Suche nach unserer wahren Berufung oder nicht? Aktuell bin ich mehr als zufrieden, dieser Tätigkeit nachgehen zu können. Wer weiß, vielleicht verspüre ich in zwanzig Jahren den Impuls, etwas komplett anderes zu machen? Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns mit unserem Beruf nicht auf Lebenszeit festlegen müssen – das ist nur ein weiterer Entwicklungsschritt.

Bingo – ich teile durchweg deine Meinung! Nur stecke ich mitten im Studium und ertappe mich immer wieder bei dem Gedanken, dass ich auf der Stelle trete.
Einfach machen. Was soll schon schieflaufen? Verwirkliche deine Ideen und Träume! Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, wie ich am besten mit neuen Situationen und Herausforderungen umzugehen habe: Wie groß muss mein Fallschirm sein, damit ich mich selber retten kann?

Guter Vergleich!
Unsere Arbeit im Paperlux-Team beruht auf äußerster Genauigkeit und Präzision: Wir können so gut wie immer unsere eigenen Ideen umsetzen, vielleicht ist gerade deshalb die Resonanz unserer Kunden so positiv. Alles, was wir anpacken, lebt vom Herzblut jedes Einzelnen. Wir präsentieren Entwürfe, die so durchdacht sind, dass potentielle Kunden oftmals denken, dass es sich bereits um eine fertige Produktlinie handelt. Ganz wichtig ist uns auch, dass Ideenentwicklung und Umsetzung ganz nah bei einander liegen, praktisch untrennbar sind. Unsere Werkstatt ist direkt mit unserem Büro verbunden, das ist ganz essentiell für uns.

Teil II des umfangreichen Interviews folgt in Kürze!

  • Monsieur_Didier
    10. November 2015 at 20:03

    …schlichtweg sympathisch und neugierig „auf mehr“ machendes Interview…
    ich bin gespannt auf den zweiten Teil…!!!

  • Siegmar
    11. November 2015 at 15:05

    schönes Interview

  • Ingeburg Albers
    14. November 2015 at 11:05

    Paperlux ist lux and luxury. Paperlux beweist,
    daß Haptik und „Creative Excellence“ emotionale
    Erlebnisse erzeugen. Ich teile diese Philosophie und Leidenschaft. Nun, sind wir mal ehrlich. Es gibt
    wohl niemanden, der nicht über die Maßen neidisch
    war auf das „NOVUM-Cover“. Freuen wir uns auf mehr.

  • Die Woche auf Horstson – 46/2015 | Horstson
    15. November 2015 at 14:05

    […] 2) „Nachgefragt bei … Max Kuehne von Paperlux“ stattete Julian einen Besuch ab. Teil I des Interviews gab’s am Dienstag. 3) Dries Van Noten schuf Kostüme für die Oper „Hagoromo“ in New York. Am Mittwoch […]

  • Nachgefragt bei … Max Kuehne von Paperlux – Teil II | Horstson
    16. November 2015 at 13:57

    […] möchte an dieser Stelle wieder das Wort an Max weiterreichen (Teil I des Interviews gibt’s hier zum Nachlesen), der als Creative Director gemeinsam mit seiner Frau Soraya – sie ist als […]