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Nachgefragt bei … Jérôme Lambert – Teil II des Interviews mit dem Montblanc-CEO

Bild: Montblanc

Luxus, Qualität und Teamgedanken – Was kann man sich unter der Arbeit eines CEOs vorstellen? Für Horstson war ich in London unterwegs und durfte keinen Geringeren als Jérôme Lambert zum Gespräch treffen (hier der erste Teil des Interviews). Der überaus sympathische Franzose leitet mit großem Erfolg das Hamburger Traditionshaus Montblanc, „Chapeau, Hut ab!“. Grund genug, um näher nachzuhaken:

Kunst, Kultur und Werte: Wie definieren Sie bei Montblanc den Begriff Luxus?
Ich würde sagen, dass es sich bei Luxus in erster Linie um Qualität handelt – unseren Anspruch an Qualität. Wenn wir beispielsweise die exklusive, neue Meisterstück Sfumato Collection näher betrachten, sehen und fühlen wir, dass ausschließlich bestes Leder verarbeitet wird. Die Oberfläche wird dabei in vier Schritten handgefärbt und erhält seine einzigartigen Farbverläufe. Dieser Prozess bedarf ungeheurer Präzision und Fingerspitzengefühl, wir arbeiten dafür mit den besten Spezialisten dieses Handwerks zusammen. Man darf nicht vergessen, dass jedes unserer Produkte etwas ganz Besonderes ist und höchste Handwerkskunst verkörpert.

Ein nicht zu verachtendes Merkmal…
Wenn wir uns im Team zusammensetzen und neue Produkte erarbeiten, wollen wir damit in erster Linie ein Lächeln auf das Gesicht unserer Kunden zaubern. Wie lässt sich dieser Anspruch, vielmehr diese Faszination am besten erklären? Versuche ich es so: Es ist dieses unbeschreibliche und überraschende Gefühl, etwas komplett Neues zu entdecken, das mit höchstem Qualitätsanspruch gefertigt wurde.

Sie haben gerade einzelne Arbeitsschritte angesprochen, greifen wir dieses Thema näher auf!
Bei uns ist das Rohmaterial das alles Entscheidende: Verfügt man über kein gutes Leder, kann man nicht erwarten, dass ein gutes Produkt entsteht – im Gegenteil. Dies ist vergleichbar mit dem Reitsport.

Inwiefern?
Sie können der beste Reiter der Welt sein, ohne das passende Pferd hilft Ihnen das im Parcours nichts. Das erledigt sich dann ganz schnell von selber, denken Sie nicht? (lacht)
Man benötigt also eine sehr gute Grundlage, ähnlich wie bei der Auswahl des Leders bei Montblanc. Wir sind bekannt für unsere Ansprüche und achten ganz genau darauf, was eingesetzt und verwendet wird. Haben wir das passende Leder gefunden, beraten wir uns darüber, wie wir es am besten verarbeiten. Dieser Schritt ist enorm wichtig und ist exemplarisch bei der Meisterstück Sfumato Collection erkennbar.

Was kann man sich unter diesen Fertigungsschritten vorstellen?
Es bedarf einer einzigartigen Technik, die das Leder bewusst einbindet und unterstreicht. Deshalb wird es schrittweise gefärbt – den Wenigsten ist bekannt, das Leder zu Beginn der Verarbeitung keine definierbare Farbe hat. Die Arbeitsweise erinnert dann an die von Leonardo Da Vinci. Er war bekannt für die Sfumato-Technik, wir haben sie auf unser Leder übertragen: Schrittweise „übermalen“ wir es viermal in unserer Manufaktur. So entsteht eine ganz besondere Tiefe, ein regelmäßiger Farbverlauf.

Klingt spannend!
Dadurch, dass unsere Produkte derart per Hand bemalt und gefertigt werden, ist jedes einzelne von ihnen gewissermaßen ein Unikat. Es gibt bei uns kein Muster, keine maschinellen Fertigungsschritte, die diese Arbeitsschritte leisten.

Ich bin vollkommen fasziniert: Glauben Sie, dass sich der Luxusbegriff in unserer schnelllebigen Zeit verändert hat?
Jede Marke hat eine andere Auffassung von Luxus,. Montblanc besteht seit mehr als hundert Jahren und hat mit Schreibgeräten höchste Standards gesetzt. Daran knüpfen wir mit unseren weiteren Produkten an.
So wie es unter Millionen von Füllfederhaltern den einen, echten Montblanc gibt, solle es auch für Lederwaren und Uhren sein.

Montblanc Sfumato Collection Event 3Montblanc Sfumato Collection Event 4
Bilder: Julian Gadatsch

Was bedeutet Ihnen persönlich Luxus?
Für mich ist es enorm wichtig, Entscheidungsfreiheit zu haben. Das bedeutet im metaphorischen Sinn, dass ich auf einen Bach stoße und mich dafür entscheiden kann, ihn zu überqueren oder eben nicht. Ich bin zu nichts gezwungen und kann meinen ganz persönlichen Ansprüchen folgen. Diese Möglichkeit der Entscheidung bedeutet Luxus für mich, das gilt natürlich auch bei materiellen Dingen, die mich umgeben.

Können Sie Ihre Arbeit als CEO von Montblanc in drei Worten zusammenfassen?
Das ist eine sehr gute Frage, da muss ich kurz überlegen: Vision, Mannschaft und Exzellenz.
Es ist unglaublich wichtig, im Team eine Vision zu teilen. Man muss sich seinen Träumen annähern um sie zu erreichen, gerade in der Berufswelt. Das Team ist für mich eine eingeschworene Mannschaft, man erreicht gesteckte Ziele immer nur gemeinsam. In dieser dichten Struktur mit ihren komplex vernetzten Aufgabenbereichen streben wirzusammen exzellente Ergebnisse an.

Stichwort Träume: Der stolzeste Moment Ihrer Karriere?
Kein Umsatz, kein Produkt, ein einziger Moment – Ich war zehn Jahre lang der CEO von Jaeger-LeCoultre, 2013 haben wir unser 180-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Dabei habe ich eine Rede gehalten und wollte meinen Mentor, einen Kollegen, der mich gefördert hat, erwähnen. Mit 33 Jahren habe ich angefangen als CEO zu arbeiten, das ist ein sehr junges Alter und es ist dabei ungemein wichtig, einen sehr guten Mentor an seiner Seite zu haben. Er ist älter gewesen als ich und ist leider, nach langer Krankheit, verstorben. Er war für mich Bruder und Vater gleichzeitig, er war mein wichtigster Ansprechpartner. Jeder, der bei unserem Jubiläum anwesend war, kannte ihn und er war für uns alle von großer Bedeutung.

Was ist bei Ihrer Rede passiert?
In dem Moment, als ich von ihm sprechen wollte, konnte ich es nicht. Ich war nicht in der Lage dazu, ich war absolut sprachlos. Jeder der mich kennt, weiß, dass das eigentlich keine meiner Charaktereigenschaften ist. Es wurde plötzlich still in der Menge und alle 1100 anwesenden Besucher haben applaudiert. Sie haben für ihn applaudiert, spontan haben wir so ein großes Symbol von Respekt geschaffen. Das ist für mich bis heute ein ganz besonderer Moment meiner Karriere.

Das klingt sehr, sehr berührend. Lassen Sie uns abschließend in die Zukunft schauen!
Sehr gerne: Wir arbeiten daran, immer wieder dieses Gefühl bei unseren Kunden entstehen zu lassen, etwas Neues und Einzigartiges zu entdecken. Nun haben wir mit der Meisterstück Sfumato Collection eine neue Lederlinie vorgestellt, bald präsentieren wir vollkommen neue Schreibgeräte und schließlich ziehen wir mit unserer Montblanc Boutique in Hamburg gegen Ende des Jahres am Neuen Wall um. Und es gibt noch so viele andere Ideen, ich bin gespannt, wo sie uns hinführen werden.

  • Die Woche auf Horstson – KW 18/2015 | Horstson
    3. Mai 2015 at 17:38

    […] Ich hoffe, ihr hattet alle einen tollen 1. Mai-Feiertag ohne fliegende Pflastersteine oder brennender Barrikaden. Leider neigt sich das lange Wochenende schon wieder dem Ende zu. Bevor ich nun aber zu melancholisch werde, empfehle ich euch schnell den sonntäglichen Wochenrückblick auf ausgewählte Artikel von eurem Lieblingsblog (Horstson) … 1) Die Gentleman Driver: Tour Optic 2000 Edition 2015 in Paris versetzte sogar unseren führerscheinlosen Peter in Begeisterung. 2) Schade irgendwie: Die Fleischbeschau hat bei Abercrombie & Fitch ein Ende! Das Ende der Sixpack-Verkäufer. 3) Vorsicht: Suchtgefahr! Jan ist schuld, dass seit einigen Tagen „Loud Places“ von Jamie XX im Horstson-Tower in Heavy-Rotation läuft. 4) Julian hatte Nachgefragt bei … Jérôme Lambert. Den ersten Teil des des Interviews mit dem Montblanc-CEO gab es am Montag. Und den zweiten Teil am Dienstag! […]