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Modeblogger Hanami – Wie sehen Deutsche Modeblogs und die Modeblogger-Szene in fünf Jahren aus?

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Wer von euch kennt den Kirschblüten-Reflex? Natürlich keiner, diese medizinisch harmlose „Reaktion“ oder „Befindlichkeit“ habe ich mir eben erst ausgedacht, um das zu bezeichnen, was mich Frühjahrs zum Zeitpunkt der Kirschblüte befällt: Wissenschaftliche Neugier!
Weil ich aber nun mal nicht das richtige Studium gewählt habe, muss ich diesen Drang in so einer Art unwissenschaftlicher Forensik und Motivforschung ausleben. Dagegen gibt es nämlich leider noch nichts …
Wer möchte nicht in die nähere oder fernere Zukunft schauen können? Ich auf jeden Fall. Fünf Jahre reichen mir für das Modeblog-Futurama aus, zu dem ich keine Fantasien habe und daher auch nichts an Prophezeiungen abzuhandeln habe. Also frage ich Blogger und Bloggerinnen und bin sehr gespannt darauf, was da kommt.

Den ersten Teil der Antworten oder Visionen lest ihr ab hier ganz unkommentiert. Darunter könnt ihr konkrete Pläne ganz genau so finden, wie Wünsche und Fantasiereisen der Mode- und Lifestyle-Blog Autoren. Am Ende werden wir sehen, ob sich aus all den Beiträgen der Blogger ein Trend ableiten lässt, wie sich die Branche und einzelne exponierte oder auch spezialisierte Blogs darin, entwickeln könnten. Auf jeden Fall schulden wir euch und den Kollegen noch den Teil zwei, da wir den Bericht zugunsten der Statements und der Lesefreundlichkeit gesplittet haben.

Gefragt haben wir in alphabetischer Ordnung der Blogger-Namen: Jakob Adler, Monochrome für Muse.net, Claire Beermann, C’est Clairette und Clairette en VOGUE, Anne-Katrin Bieber, Les Attitudes und That’s so me, Kathrin Bierling, Modepilot, Asmona Logan, Beautydelicious und Greendelicious, Siems Luckwaldt, Nahtlos!, Roland Schweins, Style Ranking, Katja Schweitzberger, LesMads, Susan Fengler von Sue Loves NYC, Kathrin Wittich, Kathrynsky und That’s so me und zuletzt auch noch Horst!

Jakob Adler und Anna Frost, Monochrome für Muse Net
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Muse Net; Bild: Screenshot

In fünf Jahren wird der aktuelle Trend der Professionalisierung von Modeblogs und der Blogger selber weitgehend abgeschlossen sein. Dabei werden sich drei Gruppen herauskristallisieren (Überschneidungen nicht ausgeschlossen):

Blogger nutzen ihr Wissen und ihre Erfahrung um auf Agenturseite das Thema Blogger Relations zu vertreten. Ihr eigener Blog rückt dabei eher in den Hintergrund und dient zum Beispiel als Portfolio oder wandelt sich wieder zu einem „klassischen“ Blog in Form eines digitalen Tagebuchs. Diese Entwicklung konnte man in den letzten Monaten bereits an mehreren Stellen beobachten. Dabei muss es nicht immer der Weg in eine bestehende Agentur sein, auch die Zahl der Start-Ups mit (Fashion-)Blogger-Know-How wird weiter zunehmen. Allerdings kommt es in den nächsten vier bis fünf Jahren auch zu ersten Konsolidierungen; einige Agenturen werden wieder verschwinden, andere sich zusammenschließen und wieder andere von größeren Agenturen übernommen.

Blogger werden zu Stars, auch über ihre Blogs hinaus. Die Entwicklung von Bloggern zu Starlets, die bereits in anderen Ländern zu beobachten ist, ist auch in Deutschland immer stärker. So ist in fünf Jahren auf den roten Teppichen neben der deutschen C-Prominenz auch vermehrt Blogger-Prominenz zu sehen. Ein Weg dorthin ist die zunehmende TV-Präsenz der Blogger, sei es mit eigenen Sendungen oder als Feature. Während das klassische Fernsehen bis 2018 weiterhin an Relevanz verliert, ist es letztlich nicht entscheidend, über welchen Kanal die Zuschauer erreicht werden; hochwertige und innovative Videoproduktionen sind nach wie vor ein wichtiges Sprungbrett in Richtung Red Carpet und „Wetten Dass..?!“-Sofa. Video, in Beratersprache auch gerne Bewegtbild genannt, bleibt einer der größten Onlinetrends der nächsten Jahre. Mit zunehmender Bekanntheit rücken die Blogs selber in den Hintergrund, es geht stärker um die Person; der vielstrapazierte Begriff des It-Girls ist hier vermutlich der treffendste.

Persönliche Modetagebüchern wandeln sich zu vollwertigen Online-Magazinen. Der Markt für journalistisch gute und gleichzeitig persönlich-subjektive Inhalte ist auch in Deutschland groß; nicht nur im Bereich der Mode. Die Versuche der Verlage waren bisher langfristig nicht erfolgreich; ein Hauptgrund sind traditionelle Strukturen, die nicht mehr den Anforderungen des Marktes entsprechen. Auch hier zeigt der Blick in die USA, dass Unternehmen (ob bereits länger am Markt oder Start-Up), die Mut beweisen, Neues zu wagen, erfolgreich sein können. Ein Weg zum Erfolg ist dabei die Antwort auf die Frage, mit welchen Bezahlmodellen sich die neuen Digitalverlage finanzieren können. Innovationskraft und Risikobereitschaft sind dabei die Grundlage für den Erfolg, halbherzige Ansätze auf Grundlage alter Geschäftsmodelle werden es schwierig haben.

Welchen Weg man einschlägt, ist dabei von der eigenen Persönlichkeit abhängig. Es gibt kein Richtig oder Falsch, entscheidend ist, was man selber will und was das Publikum sehen möchte. Letztlich bleibt es schwierig, bei einem schnellen Medium wie dem Internet langfristige Prognosen abzugeben; das meiste bleibt ungewiss. Eines dürfte aber sicher sein: auch 2018 werden junge Menschen ihre frisch gekauften Outfits fotografieren und online stellen; ganz egal, was Andere machen und sagen.

Anne-Kathrin Bieber, Les Attitudes und That’s so me
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Les Attitude; Bild: Screenshot

Um in die Zukunft zu schauen, sollte man vielleicht erst einmal einen Blick in die Vergangenheit werfen. Vor fünf Jahren waren Modeblogs ein Novum, einige wenige bestanden vielleicht schon vor dieser Zeit, ein Großteil der heute bekannten Blogger begann jedoch ungefähr im Jahr 2008. Damals war es faszinierend in fremde Kleiderschränke zu blicken und Selbstporträts von Outfitbloggern vor dem Spiegel wurden gleichermaßen belächelt wie geliebt. Das Design der Blogs war oftmals sehr experimentierfreudig, ungleich große Bilder waren an der Tagesordnung und die Sprache lapidar bis fehlerhaft. Heute, fünf Jahre später sind solche Fehler ein NO GO. Die persönlichen Blogs mit den selbst gezeichneten Headerbildern verschwinden und werden eingetauscht gegen minimalistische Magazindesigns. Professionalisierung ist das Zauberwort. Die Mode-Blogosphäre ist erwachsen geworden und mit dem Älterungsprozess ist die Individualität geschwunden. Ich denke wir müssen uns zukünftig neu positionieren und uns neu erfinden, um langfristig zu bestehen.

Unternehmen haben nach dem anfänglichen Hype zum Glück verstanden, dass es sorgfältig zu prüfen gilt, welche Blogs gute Kooperationspartner sind und so wird es neuen, jungen Bloggern zukünftig erschwert ein Bein in die Blogosphäre zu setzen. In fünf Jahren wird es nicht mehr ausreichen, über eine beachtliche Zahl von Facebook-Fans zu verfügen. Ein professionelles Auftreten des Bloggers ist ebenso wichtig, wie ein professioneller Blog. Meiner Meinung nach werden Blogger in fünf Jahren keine Goodie-Einheimser und Starlettes mehr sein. Die bestehenden Self-made-Celebs wie Bryan Boy und Chiara Ferragni werden über kurz oder lang andere Berufungen dem Bloggen vorziehen und deshalb zukünftig aussterben. Und ohne große Vorbilder, keine Nachahmer. Ich denke, dass die Anzahl an Modeblogs früher oder später rückläufig sein wird.

Kathrin Bierling, Modepilot
Modepilot Horstson
Modepilot: Bild: Screenshot

Deine Frage ist spannend und ich habe leider keine Ahnung, wie Modeblogs in fünf Jahren aussehen könnten. Es wird die Modeblogs der Industrie geben, die die Masse mit irgendwelchen Keyword-basierten Artikeln, Gewinnspielen und Horoskopen erreichen. Und, viel spannender, es wird die sehr persönlichen Modeblogs geben (wie heute auch), die eine sehr gut zu definierende Zielgruppe haben. Wie Letztere ihr höchstes Gut, nämlich die Glaubwürdigkeit, aufrecht erhalten können und dennoch Geld verdienen, wird sich zeigen. Doch es wird sehr stark über die Person, die hinter dem Blog steht, gehen. Und diese Person muss bereit sein, ihr Leben mit dem Rest der Welt teilen zu wollen.

Wir bei Modepilot, die wir uns ja gern im Hintergrund aufhalten, denken gerade darüber nach, wie wir diesen Spagat schaffen sollen. Euch geht es da vermutlich ähnlich, oder? Wie seht Ihr das?

Siems Luckwaldt, Nahtlos!
Bildschirmfoto 2013-05-15 um 15.48.12
Nahtlos! Bild: Screenshot

Ich tue mich mit dem schlauen Blick in die Kristallkugel immer etwas schwer. Vor allem wenn es um „irgendwas mit Internet” geht. Hätte ich denn 1998 geahnt, als ich bei Axel Springer noch im Hausarchiv und per Rohrpost (!) recherchierte, das ich mal googlen würde? Eben. Von Blogs, Facebook und 140-Zeichen-Gezwitscher ganz zu Schweigen. Wie die Blogosphäre in fünf Jahren aussieht – das ist ungefähr so griffig wie die Frage, wann ich endlich mein Apartment auf dem Mars beziehen kann. Da ich aber zu Pflichtbewusstsein und Hilfsbereitschaft erzogen wurde, versuche ich mich mal an zwei kurzen Visionen. Eine Düstere – stellt euch so eine retro-futuristische Set-Deko à la „Blade Runner” vor – und eine Poppig-Fröhliche, gegen die selbst Hello Kitty ein Trauerkloß ist. Here we go:

Früher war’s besser. Irgendwie.
Die erste üble Nachricht: Es gibt noch (!) mehr (!!) Mode- und Beautyblogs nach Schema F. Scheinbar fällt dem web-publizierenden Nachwuchs außer Tagesoutfits, SALE-Aufrufen und Fotos von den eigenen lackierten Krallen zu schießen nicht viel ein. Und der Industrie gefällt’s. Es bannert und pop-upt und prt quer durch die ehemals persönlichen Fashion-Tagebücher, als gäb’s kein Morgen. Und sollte (vor fünf Jahren, also heute) wirklich irgendein Lifestyle-Hippie geglaubt haben, da wachse eine neue kritische Schar von Consumer-Reportern mit Service-Auftrag und thematischem Esprit heran, dann wäre es jetzt (also dann) höchste Zeit für’s Ashram. Das Perfideste: Die UserInnen fühlen sich bestens bespaßt, verstanden und dauerverführt. Sie shoppen sich die Maus wund, sodass die maroden sweatshops in Bangladesch kaum mit dem Paillettieren (if that’s a word) hinterherkommen. Fatalistisches Fazit: Wer den „Tatort” spannend und Mario Barth witzig findet, der ist eben auch im WWW schon zu „Jenseits von Eden”. Falls den Song noch jemand kennt. Und gute Nacht.

Wow!
Die gute Nachricht: Es gibt gar nicht mehr so viele Mode- und Beautyblogs nach Schema F. Die Chips der Digicams verweigerten sich in einem konzertierten Hightech-Aufstand, auch nur ein neues „Mädchen vor Mauer in H&M”-Bild zu speichern. Nagellack gilt als unnatürlich – und statt Ausverkauf geht man Gauloises rauchend Samstags zum swappen, sharen und „im real life”-Treffen zu Freunden oder nachhaltig einkaufenden Boutiquen. [Autor zieht kurz am Bong] Die Content-Gier von Modemarken und Agenturen haben die neuen, total intellektuellen Fashion-Blogger einfach mal ins Leere laufen lassen. Nach der Devise: „Ihr braucht uns mehr als wir euch, denn Mama nimmt keine Miete.” [pffffffff …] Der Hype um mehr/cooler/günstiger ist einem Nachdenken über das, was es über das Kulturgut Mode und dessen Kreateure noch zu berichten gäbe, gewichen. Verlage zahlen Bloggern schmale aber regelmäßige Gehälter, denn in den Redaktionen „sitzen” nur noch Server. Und die schreiben auch in fünf Jahren noch extrem mies. Das Beste: Die Erinnerung an Anna dello Russo ist nur noch ein überbräunter Schleier auf unserer Netzhaut. A new day.

Susan Fengler, Sue Loves NYC
sue loves NYC horstson
Sue Loves NYC; Bild: Screenshot

Hoffentlich bleibt in der Blogosphäre eine gewisse Vielfalt erhalten – für mich gibt es nämlich nicht „den einen, einzig wahren Mode-Blog“. Entscheiden werden die Leser, sie werden sich aus den verschiedensten Blogs schon den für sie interessantesten Mix heraussuchen. Qualität wird sich hoffentlich durchsetzen – egal ob bei tollen Styling-Ideen, Fotografie oder im geschriebenen Text.

So, liebe LeserInnen, nun seid aber ihr gefragt. Wo seht ihr „uns“ in fünf Jahren und welche der Blogger-Visionen wären eure persönlichen Favoriten?

Und vielen Dank an alle Kollegen (auch an die, deren Kommentare/Beiträge noch im zweiten Teil unserer kleinen Umfrage kommen) für die Offenheit, Kreativität und Mühe!

Daisy

Um eure Leserkommentare werden sich erst mal Horst und meine lieben Schreiberkollegen kümmern, ich mache jetzt kurz Ferien!

  • bernd
    19. Mai 2013 at 23:55

    Ein sehr interessanter Artikel. Er zielt genau auch eine Frage, die ich mir seit langem stelle.
    Meiner Meinung nach wird es in einigen Jahren nur noch wenige Blogs geben. Aus verschiedenen Gründen, wie z.B.:
    -die Leute haben keine Lust mehr.
    -die Leute werden älter und interessieren sich für andere
    Dinge, entwickeln sich weiter.
    -die Zielgruppe wird nicht mehr angesprochen.
    -die Zielgruppe verliert das Interesse usw.

    ————————————–
    Blogs haben sich in der zweiten Mitte der 2000 Jahre durchgesetzt. Zuvor hatten wir eine starke Bewegung unabhängiger Zeitschriften und Fanzines. Diese Bewegung
    gibt es seit einigen Jahren nicht mehr so stark. Ein Grund
    dafür sind Blogs und die relativ einfache Möglichkeit ihrer Handhabung.
    Aktive Leute haben erkannt, dass es einfacher ist, einen
    Blog zu machen, als ein Magazin, sowohl inhaltlich, wie
    auch finanziell.
    Ich habe sehr früh angefangen, Magazine zu sammeln, von
    denen es nur ein, bzw. zwei Ausgaben gibt, bzw. geben wird.
    Leider war und ist das bei unabhängigen Magazinen oft der Fall.
    Magazinarbeit bedeutet redaktionelle Arbeit, Textkorrektur,
    Übersetzung, Organisation von Shootings, Shooting, Rückabwicklung des Shootings, Retusche, Finanzierung, Druck, Auslieferung, Verkauf usw.
    Dazwischen noch viele kleine Schritte. Private Magazinmacher geraten schnell unter die Räder, die Verantwortung ist enorm, und man erhält dennoch keinen Platz bei den Modeschauen.
    Wenige unabhängige Magazine gibt es nach zehn Jahren noch.
    Magazinarbeit bedeutet Risiko. Persönlich und finanziell.

    Der Blog bot da eine Alternative. Mit geringem Aufwand liess sich auf einmal ab 2005 ein grosses Publikum ansprechen.
    Es war und ist ein liberales System. Waren es vorher noch Personen, die sich in ein Thema einarbeiteten und Sachkenntnis hatten, war es nun auf einmal jedem möglich, im „Fashionbereich“ zu arbeiten.
    Jeder galt fortan als Fachmann, bzw. Fachfrau ohne jede Form von Hintergrundwissen oder persönlichem Risiko. Ein Blog verzeiht vieles und dank der vielen guten Bilder aus dem Internet kann man den Blog auch gut bestücken. In gedruckter Form wäre dies nicht möglich, da vorher die ganzen Bildrechte geklärt werden müssten.
    In Blogs setzt man sich darüber hinweg. Bildrechte werden ausser Acht gelassen.
    Es wird (leider auch bei Horstson) der Name des Fotografen, bzw. die Quelle darunter geschrieben. Leider reicht das, auch im Internet, nicht aus.
    Der Grossteil der Fotos wird illegal verwendet.
    Im Magazin ist das nicht möglich. Es werden Bilder gemacht, Bildrechte eingeholt und Vertäge mit Models, Agenturen und auch Fotografen gemacht.
    Das nimmt, auch bei einem unabhängigen Magazin viel Zeit in Anspruch.

    Weiter geht es mit den Texten. Im Blog gibt es wilde Blüten in der Rechtschreibung. Auch in diesem Blog hatte ich das schon bemängelt.
    Im Magazin, wie auch im Buch, gibt es das in dieser Form nicht. Wer 10 000 Euro oder mehr investiert, möchte, dass das Ergebnis so gut, wie eben möglich, fehlerfrei ist.

    Der Blog ist und war für ein interessiertes Laienpublikum eine gute Möglichkeit, sich zu äussern. Durch die bunten Bilder, die das Internet bereit hält, lässt sich der Blog aufhübschen
    und suggeriert Basiswissen und Kenntnis.
    Manches Mal findet man etwas, was andere noch nicht gefunden haben, was den Blog aufwertet.
    Generell ist der Blog eine gute Möglichkeit, ohne jede Form von Riskio in der Öffentlichkeit mitzumischen.
    Für viele ist der Blog sicher eine Alternative zu einem „richtigen“ Job im Modebereich oder bei einer Zeitschrift ohne die langjährige Vorarbeit und das Lernen.

    Der Blog ist ein Kind des Internets und wird es bleiben. Es gab vor Jahren in der FAZ einen interessanten Artikel darüber, dass Blogs die Moderedakteure abgelöst hätten. Ich musste damals lachen.
    Mit welchen Wissen sollte ein jugendlicher Blogger eine gestandene Redakteurin von der Statur einer Suzy Menkes von ihrem Platz verdrängen?
    Heute spielt diese Frage keine Rolle mehr. Das hat sich relativiert, die Blogger sind meist wieder einige Reihen nach hinten gerutscht und die anderen wieder vor.

    Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie das Verhältnis aussieht zwischen Blog und Magazin.
    Lange dachte ich, ein Blog ist ein „Magazin light“, oder ein
    „instant Magazin“.

    Heute sehe ich das anders. Ein Blog ist ein Rauschen, man klickt am morgen kurz rein und schreibt mal mit. Man schaut, was die anderen machen usw.

    Ein Magazin aber ist ein Objekt. Man kauft es, man hebt es auf, vielleicht sammelt man Magazine. Oft nach Jahren holt man es nochmal hervor, um ein Bild zu sehen oder einen Artikel zu lesen. Das kann ein Blog nicht. Ein Blog hat keinen sinnlichen Faktor. Die Bilder, die wir im Kopf haben, stammen aus Magazinen, nicht von Blogs.

    Für Firmen sind Blogs natürlich toll, weil sie enorme Werbung haben und die kostenlos. Daher werden Blogs natürlich auch hofiert.

    Meine Einschätzung ist, in fünf Jahren wird es noch einige Blogs geben. Ob sie noch relevant sind und gelesen werden, steht auch einem anderen Blatt. Es wird einige Veteranen geben, die sich noch tapfer durchkämpfen werden. In 20 Jahren findet man das dann romantisch und es wird dazu Interviews geben. Es wird eine Sache aus einer anderen Zeit sein.

    Grosse Karrieren sehe ich bei den wenigsten Bloggern. Dafür fehlt dann doch zu viel an Wissen und an Hintergrund. Ich schätze, die wenigsten werden nennenswertes erreichen, bzw. relevant sein, oder werden, dafür sind die meisten Blogs auch zu konform und zu wenig innovativ.

    Auch im Magazin, bzw. Buchbereich sehe ich kaum jemand von den Bloggern. Die Magzinszene ist ein Metier in dem man sich kennt und in den man anderen nicht so gerne rein lässt.
    Wie gesagt, der Blog ist ein Kind des Internets. Ich denke, die wenigsten werden, wenn sie denn die Anstrengung auch sich nehmen wollen, der Spagat schaffen in den Bereich Print, denn selbst ein hohes Blogniveau ist eher ein unteres Printniveau.

    Wie gesagt, ich denke, es wird nicht viel bleiben. Einige Tapfere werden gegen das Vergessen anschreiben und
    auch einen gewissen soliden Status beibehalten. Es wird sicher einige treue Leser geben und das ist auch gut so.
    Der Blog wird sicher auch in fünf Jahren Menschen die Möglichkeit geben, ein Publikum für sich zu gewinnen, das sie sonst nie hätten. Und der Blog wird sicher auch in Zukunft Menschen die schöne Illusion geben, dass sie etwas mit Mode zu tun haben.

    Und das ist doch schon recht viel und eine schöne Perspektive
    für viele!

  • Katja
    20. Mai 2013 at 12:02

    Ich lese nur noch wenige Blogs und kaufe mir wieder Zeitschriften wie die Couch.

  • Sandra
    20. Mai 2013 at 14:51

    Glaubwürdigkeit vs. Bloggen als Business – es bleibt spannend, ob und wie sich dieser Widerspruch auflösen lässt. Ganz kurz blitzte bei mir gedanklich sogar schon die Variante auf, dass Blogleser für das Lesen von Blogs zahlen müssen. Wir werden sehen!

    Fakt ist: Mit der Professionalisierung ging eine Kommerzialisierung einher. Aber irgendwann wird es uns vermutlich wieder nach dem Undergroundigen, Unabhängigen, Unperfekten dürsten. Nach einem Medium, das noch keine Massenware geworden ist.

  • bernd
    20. Mai 2013 at 16:04

    @ sandra

    Wenn man für das lesen von Blogs zahlen muss, dann muss aber mehr redaktionelle Arbeit hinter den Blogs stecken. Denn warum sollte man für persönliche Meinungen und Fotos aus dem netz zahlen?
    Geht ein Blog aber in eine unabhängige Richtung, ist also ein gutegemachtes „Journal“, mit redaktionellem Anspruch, gepflegter Rechtschreibung, eingenen Fotostrecken usw. dann steht eine Bezahlung nichts im Wege.
    Beim momentanen Einheitsbrei, selbst unter den guten bis sehr guten Blogs, sehe ich dahin aber wenig Chancen.

  • Volker
    20. Mai 2013 at 18:08

    Interessanter Artikel, einige von den damaligen Blog Innovatoren bloggen heute nicht nicht mehr, viele Blogger von heute werden in 5 Jahren auch auf dem Boden der Tatsachen gelandet sein.

  • Rückblick | fashionattitude
    20. Mai 2013 at 18:42

    […] wird Daumen runter für: Meinen linken Backenzahn. AUA Gelesen: Einen interessanten Artikel auf Horston zum Thema “Wie sehen Blogs in 5 Jahren aus” Gehört: Eines Tages – Samy Deluxe […]

  • Siegmar
    21. Mai 2013 at 13:46

    Bernd
    danke für deinen sehr aufschlussreichen und wichtigen Beitrag, ich she es grundsätzlich genauso wie Du. Ich weiß nicht ob ich bereit wäre, für einen Blog zu zahlen, besonders dann nicht wenn dan unerträglich viel Werbung noch mit einher geht. Die Zahl der Blogs die ich täglich lese sind maximal 3. Wichtig ist mir ebenfalls das ich kommentieren kann, vermisse ich bei einigen Blogs.

  • Martin
    21. Mai 2013 at 14:16

    Ich muss gestehen, dass es keinen Sinn macht sich diese Frage zu stellen oder den Kopf darüber zu zerbrechen. Egal was in der Zukunft kommt…selbst wenn ein Blog nicht erfolgreich ist…so what… Viele von uns machen ihren Blog aus Spaß und dann ist es mir piefegal was in 2,3,4,5 oder was weis ich wie vielen Jahren ist…wer Modeblogs mag wird sie weiterhin lesen, wer nicht tut es bisher so oder so nicht…und wenn nur meine Oma ihn liest ist mir das auch recht, solange sie ihn mag ist mir das genug wert!

  • Horstson » Blog Archiv » Alles Ohne Glaskugel und Orakel – Modeblogger Hanami, Teil II
    28. Mai 2013 at 10:17

    […] nur ein Aufhänger für die Inhalte, die wir von den Kollegen erbeten und bekommen haben. Ihr kennt das ja schon von Teil I: Wie sehen Deutsche Modeblogs und die Modeblogger-Szene in fü… …. so lautete die Frage. Den ersten Schwung der Ideen dazu hatten wir euch unlängst […]

  • Dani
    31. Mai 2013 at 16:11

    „Die UserInnen fühlen sich bestens bespaßt, verstanden und dauerverführt. Sie shoppen sich die Maus wund, sodass die maroden sweatshops in Bangladesch kaum mit dem Paillettieren (if that’s a word) hinterherkommen.“

    Alles, aber bitte nicht das. Das ist meine größte Hoffnung und unser Blog wird alles daran setzen, dass sich diese Einstellung ändert.

    Herzliche Grüße
    Dani

  • Daisydora
    3. Juni 2013 at 11:03

    @alle

    Auch hier nochmals Dankeschön an alle Kollegen für die interessanten Beiträge und an euch, die Leser für das Lesen und Mitdiskutieren.

    Danke, Daisy 🙂

    PS: Ich selbst glaube an professionell von Blogredaktionen unter Beteiligung von Lesern gemachte Online-Magazine, deren Ianhalte man nicht bezahlen muss, da sich diese Magazine wie alle Medien durch gekennzeichnete Werbung tragen werden. Und an Netzwerke aus solchen Blogs, die von echten Redaktionen geführt werden.

    Für Einzelblogger wird es glaube ich schiweriger durchzuhalten und ohne Bezahlung mit Schwung zu schreiben, da jeder zusätzliche Schreiber auf einem Blog nicht nur für die nötigen Inhalte sondern auch für andere Blickwinkel sorgt …. Im Prinzip sind wir da ja in den Augen der Leser auch nichts anderes als Magazine, für die auch mehrere Redakteure bzw. Autoren schreiben. Sollte das wirklich so kommen, finde ich es aber schade, da unter diesen (denk- und textlastigen Blogs einige sehr gute sind).

    Styletagebucher und Schnulliblogs werden aber glaube ich weiter exploxionsartig entstehen, nur wird die Werbe- und PR-Branche irgendwann doch dazu übergehen, diese „Modebloggerinnen“ zu ignorieren, weil sie keine Marktrelevanz haben …..

  • Knipse fürs Blogland | Wortkonfetti
    27. Februar 2014 at 16:24

    […] den Stand der Dinge in der Mode-Blogosphäre gesprochen habe (zu Letzterem empfehle ich übrigens diesen Beitrag). Eine schöne Überraschung war es auch, dass ich Barbara wiedergesehen habe. Die beiden mussten […]