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Mode als Typografie – Hedi Slimanes Code für Saint Laurent

Saint Laurent Homme
Foto: Wallpaper; P.Zak

Wenn man sich anschaut, was aus der Frühjahrskollektion von Hedi Slimane für Saint Laurent Homme tatsächlich im hauseigenen Onlineshop oder auch bei Mr.Porter verkauft wird, kommt man eigentlich ganz schnell auf die Philosophie und das gut kalkulierte System, das hinter seinen Kollektionen steckt.
Während andere Modedesigner eher von ihrer Einstellung mit Malern verglichen werden können, ist Hedi Slimane klarer Typograf.
Seine Kollektionen entsprechen, lässt man das ganze Schauen-Dekor und die Accessoires zur Seite, eher modernem, klassischen Industriedesign eines Dieter Rams für Braun, als modernistischem „Ich will die Mode neu erfinden“ Grundsätzen.
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Zehn Teile von ihm und mit dem Helikopter im Dschungel der Großstadt abgeworfen, würden zum Überleben mit einer durchaus zweckmäßigen und stylishen Grundgarderobe reichen. Dabei kommen mir die Visionen Ende der 60er Jahre vor der Mondlandung in den Sinn, als man sich die Zukunft in puren Anzügen und Kleidern vorstellte, die grafisch aufgebaut das Leben in einer fast „laborhaft“ anmutenden Welt ermöglichten.

Bei aller Aufregung, ob es nun Saint Laurent ist oder nicht, vielleicht ist es die Form von Mode, die nach der Welle des Purismus der 90er Jahre den Charakter der Zukunft der Bekleidung im 21. Jahrhundert symbolisiert.
Bei allem Überangebot von Kollektionen und schier unübersehbarer Masse von textilen Einzelteilen, handelt es sich vielleicht im gehobenen Bereich um einen ein Lösungsvorschlag von Slimane. Stringenz und einer Art Baukasten, um mit wenigen Teilen (natürlich nur hypothetisch), ohne sich Gedanken über Trends und Saisons zu machen, durch das „fashionable“ Leben zu kommen.
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Augenfällig: keines der Kleidungsstücke basiert nicht auf einem Jahrhundert Klassiker. Farben: Schwarz-weiß.
Ob Jeans, Sweatshirt, Anzug, Tuxedo oder bei den Schuhen Chelsea oder Loafer – alles Basics, die ein wenig gerockt wurden. Auch da entsteht gleich die Assoziation zu Saint Laurent, denn eigentlich ist es, natürlich in heutiger Form, sein geliebter Beatnik-Look und er ist eben nicht bürgerlich – ganz gemäß dem Saint Laurent Zitat „Je déteste les bourgeois“. Womit der Bogen zum Begründer des Hauses gespannt wäre …

Ich finde den Gedanken, Mode als Typografie zu sehen, sehr reizvoll und eigentlich entspricht es auch dem heutigen Wert, alles unter ein Cooperate-Design zu stellen. Die Kleidungsstücke sprechen genau die gleiche Sprache wie das Verpackungsmaterial, das Logo oder die Bügel des Hauses. Es ist wie eine Codierung. Andere Modehäuser, die zwar in anderer Form auf eine wesentlich verspieltere Weise mit diesen Codes ihres Hauses arbeiten, haben immerhin seit Jahrzehnten, weil sie sich strikt dran gehalten haben, größte Erfolge – siehe zum Beispiel das Haus Chanel.
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Die Typografie hat Slimane eindeutig gewählt. Mich fasziniert Slimanes Essenz schon in diesem Sommer, die sich in der nächsten Saison sicher fortsetzen wird.
Nun bin ich auf die kreativen Spielarten gefasst, denn auch klare Typografen haben irgendetwas Verschnörkeltes und Verspieltes in ihren Haushalten versteckt.

Bilder: Mr.Porter

  • Siegmar
    26. April 2013 at 11:47

    jetzt werde ich wieder zu einem Slimane-Fan, da gefällt mir alles.

  • peter
    26. April 2013 at 11:59

    @siegmar
    mir gefällt der typografische Ansatz! Und die Codes! Slimane war schon immer genial!!

  • thomash
    26. April 2013 at 12:13

    @peter. du aber auch, so wie du die entwürfe decodierst. mal wieder ein sahnestück aus deiner feder!

  • Anne
    26. April 2013 at 12:32

    Schön verpackter..mit zackiger Feder geschriebener Text! Ein Vergnügen zu lesen! …und Slimane?…da wurde bereits alles gesagt! LG nach HH

  • Horst
    26. April 2013 at 13:15

    Du solltest Texte für SL schreiben, es erklärt zu 100% die Kollektion bzw. ändert (m)eine eher negative Sichtweise. Merci!

  • Junikäfer
    26. April 2013 at 14:28

    Wie schön, hier endlich auch einmal etwas Positives über Saint Laurent by Hedi Slimane zu hören. Durchweg zutreffend!

  • Paul
    26. April 2013 at 15:05

    Teilweise sehr schöne Sachen (insbesondere die hier ausgewählten Stücke)!
    Die Preise sind jedenfalls so, dass ich schonmal anfange zu sparen 🙂

  • Monsieur_Didier
    26. April 2013 at 20:47

    …die Tasche gefällt mir, sehr sogar…
    ansonsten……………………………………

    Peter, toll geschrieben und erklärt…
    mehr von solchen Artikeln…
    aber das gilt ja für all Deine Artikel…
    mehr, also MEHR bitte…!!!

  • Paul
    27. April 2013 at 11:41

    Sehr passend dazu auch der heutige Kommentar von Markus Ebner im FAZ Magazin 🙂

  • Eveline
    27. April 2013 at 21:49

    Schöner Artikel und sehr gut beobachtet. Ich glaube, ich werde mir die letzte Kollektion jetzt noch einmal anschauen müssen. Peter, deine Artikel sind immer wieder großartig!

  • Horstson » Blog Archiv » Obsession Magazine x Daft Punk
    27. April 2013 at 22:45

    […] wir seit jeher große Fans von Daft Punk waren und seit Neuestem wieder mindestens genauso große Saint Laurents Fans sind, habe ich mich vorhin sehr gefreut, […]

  • loewenherzblut
    27. April 2013 at 23:26

    Wahrlich ein schöner Text, der eine semiotische Analyse wagt. Ich finde jedoch, dass sich Herr Slimane mit diesem vermuteten ästhetischen Überbau zu starre Grenzen setzen könnte. Somit wäre dröge Langeweile vorprogrammiert. Nun gut, ich gönne ihm noch eine Chance. Vom Hocker reißt mich das hier aufgesetzt subtil Anmutende jedoch nicht.