Untitled, 1992-1993, one of a set of ten woodcuts, 58.8 x 79 cm (23 x 30 ¾ in), Schellmann 270 © Judd Foundation Archive
„After all, the work isn’t the point; the piece is.“ (Donald Judd)
Dass man sich, neben dem ganzen Mode-, Reise- und Interieurwahnsinn, auch noch für Kunst interessiert, ist in Blogger- und Redakteurskreisen beinahe obligatorisch. Irgendwo trifft man immer irgendwen, der von den neuesten Ausstellungen in London, Paris oder New York berichtet. Ich schließe mich solchen Gesprächen gerne an, lausche andächtig und ertappe mich beim oberflächlichen Fachsimpel-Talk. Nur in den seltensten Fällen komme ich dabei auf einen gemeinsamen Geschmacksnenner mit meinem Gegenüber und verliere mich lieber in aufgeschnappten Anekdoten über Künstler XYZ.
Donald Judd: Prints, Ground Floor, 101 Spring Street, NY; Image © Judd Foundation; Photo credit: Sol Hashemi / Judd Foundation Archive; Licensed by VAGA
So zum Beispiel vorgekommen bei meiner Liebe zu den Arbeiten von Jorinde Voigt. Wie oft habe ich gehört: „Das Zahlengewusel? Damit kann ich ehrlich gesagt nichts anfangen!“ Der Ausspruch ist natürlich völlig legitim und doch, in solchen Momenten bin ich immer traurig. Traurig, dass ich die- oder denjenigen nicht mit in die Vergangenheit beamen kann, in der ich stundenlang als geldsuchenden Museumsaufsicht vor den Arbeiten der vielversprechenden Künstlerin ausgeharrt habe. Spätestens beim genaueren Betrachten findet man einen Zugang, ganz gleich welcher Künstler/in vor einem hängt. Das soll nicht heißen, dass man wie frau dadurch automatisch Gefallen an der ausgestellten Kunst findet. Nein, dass würde ich mir niemals anmaßen zu behaupten, dennoch: Man kann sich, nach einer solchen Betrachtung, viel besser in die Arbeiten hineinversetzen.
So ist es mir auch immer wieder bei den Arbeiten von Donald Judd passiert, der US-amerikanische Maler, Bildhauer und Architekt hat mein (Kunst-)Herz keinesfalls im Sturm erobert. Vielmehr hat er sich jegliche Sympathiepunkte erschlichen, denn von der jeweiligen Ausstellungsbeschreibung und Vita des Künstlers habe ich zwar vor Ehrfurcht gestaunt, nicht aber den „Kneif-Mich-Mal-Deine-Arbeiten-Möchte-Ich-Daheim-Hängen-Oder-Stehen-Haben“-Moment verspürt. Erst nach mehrmaligen Betrachten der farbig-geometrischen Holzschnitte, habe ich mich doch noch verliebt. Zweimal daran vorbeigelaufen und sogar noch ein drittes Mal an den Metallmöbeln vorbeigelatscht: Irgendwann kam dann der Moment, und ich wünschte mir insgeheim doch noch eine seiner Arbeiten neben meinen Traumfavoriten von Voigt, Rothko (man muss ja träumen düfen) und Gursky an meiner Zimmerwand.
Donald Judd: Prints, Bed 32 with Untitled, 1992-1993, set of ten woodcuts, 58.8 x 79 cm (23 x 30 ¾ in), Schellmann 270, Ground Floor, 101 Spring Street, NY; Image © Judd Foundation; Photo credit: Sol Hashemi / Judd Foundation Archive; Licensed by VAGA
Jetzt erfahre ich zwischen Tür und Angel, dass COS aktuell gemeinsame Sache mit einer von Flavin Judd kuratierten Ausstellung macht. Mein Lieblingslabel unterstützt die „Donald Judd: Prints“-Ausstellung in Donalds ehemaligen Wohnhaus und Atelier in der 101 Spring Street inmitten von SoHo, New York. „Merde oder lieber Shit!“, ich wünschte, dass ich bis zum 19. Dezember noch in den Big Apple fliegen könnte. Leider ist das wohl eher unrealistisch und deswegen sei der Tipp an alle aktuellen oder zukünftigen New Yorker gerichtet: Auf dafür, der Künstler (leider bereits 1994 verstorben) prägte über vier Jahrzehnte die Drucktechnik im Kunstbereich. In dieser Ausstellung in der Judd Foundation werden drei komplette Folgen von Holzschnitten gezeigt, die zwischen 1988 und 1993 entstanden sind. Es wird gemunkelt, dass er im Laufe seines künstlerischen Schaffens Hunderte von Aquatinta-, Siebedruckverfahren und Holzschnitten angefertigt hat. Ich kenne leider nur einen Bruchteil davon, hoffe aber inständig darauf, dass sich irgendwann einer von ihnen seinen Weg zu mir findet.
Donald Judd: Prints, Seat/Table/Shelf/Seat 59 with Untitled, 1990, set of seven woodcuts, 60 x 80 cm (23 ½ x 31 ½ in), Schellmann 199, Ground Floor, 101 Spring Street, NY; Image © Judd Foundation; Photo credit: Sol Hashemi / Judd Foundation Archive; Licensed by VAGA
Falls irgendjemand unter uns vor Ort vorbeischauen sollte: Schreibt mir bitte einmal, wie die Metallmöbel wirken. Ich bin unentschlossen, ob ich sie (ähnlich wie seine Holzdrucke) super ansprechend finde oder eben nicht…
Apropos, die Ausstellung im ehemaligen Wohnhaus und Atelier von Donald Judd (die übrigens nur wenige Schritte vom COS Store an der 129 Spring Street entfernt liegt) ist vom 2. Oktober bis zum 19. Dezember 2015 donnerstags, freitags und samstags von 13:00 – 17:30 Uhr geöffnet.
Hier noch ein kleines Schmankerl – Interview mit Flavin Judd, Sohn von Donald Judd und Kurator der Ausstellung:
Siegmar
22. Oktober 2015 at 16:05Würde ich mich auch zu gerne ansehen 🙂
Serven
22. Oktober 2015 at 22:04Du solltest beim Talk nicht auf Dilletanten hören. Nichts ist
schlimmer, als Kunst-Dilletanten.
Judd, einer meiner Lieblingskünstler. Ich habe eine grosse Auswahl an Büchern über ihn in meiner Bibliothek.
Sein druckgrafisches Werk allerdings ist im Verhältnis zu z.B.
Sol LeWitt allerdings bescheiden. Richtig Schwung nimmt es erst mit den Arbeiten ab den 80er Jahren auf.
Die Drucke sind wunderbar.
Es gab allerdings schon früh Mängel bei den Holzschnitten,
da sich die Farbe in so fern verändert hatte, dass ein grauer
Schleier über dem Druck lag. Die Restauratorin, die meine
Sammlung betreut, hat mir das mal erzählt, dass sie eine wunderbare, aber leider „verwelkte“ Judd Serie auf dem Tisch hatte. Es war nichts mehr zu machen.
Der schönste Katalog über Judd ist der folgende:
Judd, Donald,
Kunst + Design Art + Design Preisträger der Stankowski-Stiftung 1993, Ausstellung in Wiesbaden, Chemnitz, Karlsruhe und Oxford zwischen Dezember 1993 bis März 1995
Über ZVAB zu beziehen. Liegt bei ca. 200 Euro.
Ich habe ihn damals auf der Ausstellung gekauft im im Laufe der Jahre noch drei weitere, weil meiner schon so abgenutzt war vom vielen durchblättern.
Wir wollten uns damals alle so einrichten wie Judd in dem Katalog. Und die Ausstellung war auch unglaublich schön!
Im Museum in Wiesbaden gibt es einen Judd-Raum, der vermittelt einen guten Eindruck.
Kauf Die das Buch, dann bist du schon mal auf dem guten Weg und musst nicht mehr den Luftpumpen zuhören, wenn sie über Kunst reden. 🙂