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Hotel Ritz Paris – Geritzt und alles richtig gemacht

(Bild: Hotel Ritz)

In den vergangen Jahren sind in zwei Metropolen Europas, London und Paris, eine neue Kategorie von Hotels aus dem Boden geschossen. Viele Absteigen haben sich im Laufe der Zeit durch Einrichtungen und Schaffung von Spa-Bereichen, WLAN, Flat-screen TV’s und anderen modernen Bedienungseinrichtungen, beleuchteten Nachtischen, einem im Zimmer integrierten Bad und anderen oft nur sehr unnützen oder unpraktischen Neuerungen, ihren Etablissements zu 5 Sternchen empor geschlichen. Man will gar nicht wissen, nach was für Kriterien Sterne vergeben werden – und das ist auch besser so, den da schlackern einem die Ohren.
Somit sahen sich die echten Grandhotels und 5-Sterne-Häuser geradezu gezwungen sich neu zu definieren – und wurden so zu sogenannten „Palace Hotels“, die einen wahren 5-Sterne-Service und mehr zu bieten haben.
Ritz Paris Thomas Kuball
Bild: Thomas Kuball

Hotelriesen wie Shangri-La, Mandarine Oriental, Peninsuala zogen auch in die Metropole an der Seine, zum Teil an Locations, wo einem die Spucke wegbleibt. Gebäude wurden zu diesem Zweck über Jahre entkernt und quasi von Grund auf neu errichtet.
Die Grand Hotels der großen Zeit, wie das Plaza Athénée an der Avenue Montaigne, das Bristol der Oetker-Gruppe auf der Faubourg, das Crillon am Place de la Concorde oder das Royal Monceau haben sich im Laufe der vergangen Jahre ebenso komplett gewandelt und erneuert. Häuser wurden, bzw. sind für Jahre geschlossen, 100 von Millionen wurden verplant und verbaut, Interieurs mit ganz großen Namen verpflichtet – leider nicht immer mit – zumindest für mein Empfinden – nachvollziehbaren Ergebnissen. Von Sitz-Amöben im 3-Sterne-Restaurant von Alain Ducasse im Plaza Aténée, in denen sich gelangweilte Chinesen rumlümmeln und im 300€-Menü rumstochern; über in einer Dauerschleife laufende Werbeverkaufsveranstalltung auf Flatscreens in der doch so gemütlichen Bar des Bristol; bis hin zu unübersichtlichen Schalttafeln im Mandarin Oriental um Licht, Multimedia und anderen Schnickschnack, zu bedienen, wie (ganz schlimm und besonders in Erinnerung, weil ohne Aus-Knopf!) Wechselrahmen mit Angeboten für diverses Hotel-Entertainment. Da kommt es schon mal dazu, dass man zu unsteter Stunde den Portier auf sein Zimmer bitten muss, nur um einem das Licht für die Nachtruhe zu löschen.
Bar Hemingway © Vincent Leroux
Bar Hemingway © Vincent Leroux

Eine neue Klientel hat sich in Europa ausgeweitet – China und andere asiatische Nationen haben Amerikaner und Russen abgelöst. Scheinbar werden somit in Europa auch die Schlaf- und Wohfühlbedürfnisse inzwischen auf andere Völker und andere Sitten zugeschnitten.
Um so schöner zu wissen, dass das Original, der Ursprung aller Grandhotels, das Haus, das schon seit seiner Eröffnung durch César Ritz am 1. Juni 1898 sich diesem Trend widersetzt und seinem Stil die Treue hält, so wie es schon in seiner fast 120-jährigen Geschichte beinahe allem Stand hält – so einem preußische General, der im Verlauf des 1. Weltkrieges den Place Vendôme bombardieren ließ, da er keinen Tisch zum Abendessen zugewiesen bekam; zur gleichen Zeit die Verwandlung in ein Hospital; ebenso uninteressante langweilige neureiche Amerikaner, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts Paris belagerten, um hier mit königlichen Hoheiten Tür an Tür schlafen, teilweise das ganze Jahr über oder gar länger, um vom Glanz des Adels was zu erheischen, da sie selbst ja in der Regel nur bis zum Geldadel aufsteigen konnten; Hermann Göring und das Dritte Reich während der Besatzung von Paris, Zechgelagen von Hemingway in der nach ihm benannten Bar des Hauses; auch den Verkauf des Hauses der Familie Ritz in den späten 70er Jahren; den tragischen Unfall von Prinzessin Diana und Dodi Al-Fayet, dessen Anfang an der hinteren Drehtür zur Rue Cambon, quasi dem Hinterausgang des Ritz, seinen Lauf nahm; selbst alle Finanzkrisen der 2000er Jahre und auch noch den Brand im Dachstuhl vor einigen Monaten ein paar Tage vor der geplanten Eröffnung Ende 2015.
Suite Coco Chanel (1)
Suite Coco Chanel; Bild: Hotel Ritz

Ein Haus erstrahlt ganz neu in altem Glanz – dafür haben nicht nur 4 Jahre Umbauzeit, in der Ritz komplett geschlossen war, gesorgt, sondern auch 400 Millionen Euro (die Zahl in Nullen auszudrücken wirkt einfach zu protzig!), die zwischen Place Vendôme und Rue Cambon verbaut wurden, damit auch ein weiteres Kapitel seiner Geschichte seinen Lauf nehmen kann. Dafür werden 500 Mitarbeiter sorgen, sich um alle Wünsche der Gäste, seien sie auch noch so kurios, kümmern. Die 142 Zimmern, wo von es sich bei der Hälfte um Suiten handelt, wurden behutsam erneuert und ganz im Stil von Louis XV und Louis XVI belassen, wie das Glanzstück des Hauses, die Suite „Imperial“ mit 6 Meter Deckenhöhe und einem grandiosen Blick auf die Säule des Place Vendôme (diese wurde während der Umbauphase ebenfalls komplett restauriert, für 1,5 Millionen aus der Privatschatulle von Mohammed Al-Fayed) für die Kleinigkeit von 28.000€ – die Nacht, versteht sich.
Die Suite „Coco Chanel“ in der 2. Etage, ganz im Stil der 50er Jahre, bien-sûr tout en crème et noir! Ob Mademoiselle wirklich in genau diesen Wänden je geschlafen hat? Dazu mag das Ritz keine Stellung nehmen, zu häufig habe sie im Laufe ihres über 30 Jahre anhaltendem Ritz-Lebens die Zimmer gewechselt.
Die Zimmer in den Mansarden, der obersten haben zwar nicht den tollsten Blick, aber dafür trägt diese Etage diese Bezeichnung zurecht, denn hier hat der Name seinen Ursprung, wurde doch der Place Vendôme von Jules Hardouin-Mansart im späten 17. Jahrhundert entworfen. Außer man bucht die Suite „Mansart“ mit Dachterrasse, die dann allerdings nicht mehr in die Anfangspreislage von gut 1.000€ fällt – allerdings inklusive Frühstück, was bei Hotels dieser Kategorie leider nicht immer üblich ist.

Dies wird vielleicht ein Grund sein, warum es für viele von uns immer ein geträumter Wunsch bleiben wird, hier unser Haupt in eines dieser Kissen zu betten.
Aber das Ritz kann man ja auch günstiger erleben, in dem man sich zum Beispiel auf einen „thé à al française“ im Salon Proust, der nicht nur für den einen oder anderen kleine Skandal in diesem Haus im Laufe seines Lebens sorgte, sondern auch in der seinerzeit hier lebenden rumänischen Prinzessin Hélène Soutzo die Inspiration für die Mademoiselle de Saint-Loup aus „Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit“ fand. Hier wird einem für 55€ ein wahres Wunderwerk an Kreationen des Chef Pâtissier François Perret serviert.
Oder in der „Bar Hemingway“, um einen Cocktail aus der Feder von Colin Peter Field, des mehrmals preisgekrönten besten Barman der Welt zu schlürfen. Das ganze in einem so „cozy“ Ambiente, dass man hier den ganzen späteren Abend verweilen möchte und es daher leider nicht bei einem Drink bleibt – ebenso auch nicht bei den eingeplanten 30€.

Auch wenn im neuen Ritz hinter allen Wänden und Fassaden die neuste Technik des 21. Jahrhunderts eingezogen ist, die Drehtüren nicht mehr von Pagen bedient werden, sondern sich von nun an elektrisch bewegen und in den Zimmern und Suiten die Kimaanlage und Vorhänge auch per Touchscreen bedient werden, laut Aussage von Christian Boyens, Hoteldirektor deutschen Ursprungs und seit 2011, ganz leicht zu bedienen (Wehe ihm wenn nicht!), ist anderes ganz beim Alten geblieben, der unglaublich ruhige 1.650qm große Innenhof, die Schaukasten-Galerie im Übergang zur Rue Cambon, die Ritz-Kochschule, welche schon seit über 35 Jahren existiert, die Präsenz von Frank Klein, der das Zepter als Hoteldirektors bei Übernahme von Mohamed Al-Fayed Ende der 70er Jahre überreicht bekam und heute die Position „Président du Ritz“ bekleidet und auch die sympathischen Klingeln aus Porzellan in den Zimmern, um nach dem „Valet“ und der „Maid“ zu läuten, vielleicht nur um ein paar Handtücher auszuwechseln zu lassen – pfirsichfarbene versteht sich – denn die sind hier in den Bäder schon seit Zeiten von Madame Marie-Louise Ritz, der Gattin von César, selbstverständlich – die Farbe schmeichelt halt dem Teint…
Es bleiben hier eben die großen alten Zeiten immer erhalten.

Ritz Paris presents ‚Behind the door‘ by Zoe Cassavetes
Anmerkung
Der Beitrag wurde von Thomas Kuball verfasst, einem guten Freund und Stammleser – dem wir ganz herzlich danken!
Wir suchen übrigens noch weiterhin nach Gastautoren. Wenn auch Du mal Lust hast, einen Artikel auf Horstson zu veröffentlichen (mögliche Themenfelder: Mode, Politik, Kultur, Gesellschaft, Musik, Reise, Blog etc.), melde Dich einfach: horst@horstson.de

  • Siegmar
    14. Juni 2016 at 12:59

    Lieber Thomas, ein sehr schöner Artikel über das Traditionshaus schlechthin, im „Ritz“ würde ich gerne mal “ mein Haupt zur Ruhe betten „

  • René
    14. Juni 2016 at 13:13

    Sehr schön, bleibt aber ein Traum 😉 Preise ab 1000€ sind schon ne Hausnummer

  • thomas
    14. Juni 2016 at 14:22

    Meinst wir sollten alle mal zusammen schmeißen und und in Staffeln schlafen

  • thomas
    14. Juni 2016 at 14:25

    Réne, man muss doch nicht gleich die ganze Nacht bleiben – also auf in die Bar!
    Das Ritz wird nie ein Hotel sein, wo genächtigt wird, weil man gerade mal in Paris verweilt – Haute-Couture ist ja auch nicht für „jederfrau“ und wir freuen uns auch das Karl & Co sie schneidern lässt und kaufen uns dann gerne einen Schal, eine Brosche oder einen Duft

  • thomash
    14. Juni 2016 at 15:41

    da schreibt ein echter kenner und ami de la maison, das liest man gleich. und dazu so einladend, das es einen noch stärker als ohnehin zum place vendome zieht als sonst. ist der platz denn auch schon fertig?

  • OST
    14. Juni 2016 at 19:13

    Wir waren vor der Renovierung da und unser Highlight war, dass zum Frühstück tatsächlich „Relax“ von Frankie Goes To Hollywood lief.
    Fantastisch ist aber auch die Harfenspielerin zur Teatime und die Lichtschalter in Schlüsselform.
    Eine Nacht wird bestimmt in diesem Jahr noch drin sein.

  • PeterKempe
    14. Juni 2016 at 20:00

    Die Harfenspielerin war mein erstes Erlebnis im Ritz! Anfang der Achtziger und natürlich der lange Gang mit den Shopping Vitrinen und dem Ritz-Shop. Die Ascher in Knochenform sind natürlich immer noch bei mir, die ich damals gekauft habe…

  • thomas
    14. Juni 2016 at 21:40

    Na, dann man fix wieder hin da! Es wird belohnt wie du ja weißt

  • Chanel im Ritz – Beauty de luxe | Horstson
    19. August 2016 at 10:12

    […] am Place Vendôme in Paris, das wie kein anderes als das Synonym eines Luxushotels gilt, haben wir bereits berichtet. Neben gekrönten Häuptern und allem, was prominent war und Paris besuchte, hatte es […]

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